Der Preis muss stimmen
CDU-Politiker Mack und Kiesewetter diskutieren online mit den Ostalb-Bauern
- Ist die Landwirtschaft in Deutschland noch gewollt? Über diese provokante Frage haben sich jetzt Winfried Mack, Roderich Kiesewetter und Tim Bückner (alle CDU) aus Anlass des Kalten Markts mit den Ostalb-Bauern ausgetauscht. Und die stellten vor allem eins klar: Eine nachhaltige Landwirtschaft hat ihren Preis.
Pandemiebedingt traf man sich natürlich nicht in der Stadthalle, sondern virtuell. Gut 90 Landwirte und Interessierte nahmen an der WebKonferenz teil, die von dem Ellwanger CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Thomas Ahrendt moderiert wurde. Darunter OB Michael Dambacher. Er dankte für das Veranstaltungsformat, das den Landwirten trotz des ausgefallenen Kalten Markts Gelegenheit gebe, sich Gehör zu verschaffen.
Dambacher schnitt zwei aktuelle Ellwanger Themen an – die Gewerbegebietserweiterung und die Landesgartenschau 2026. Der Flächenverbrauch treffe die Landwirte „brutal“. Dennoch sei die Stadt auf deren Seite und wolle alle Betriebe unterstützen.
Den Ball nahm Geflügelmäster Josef Wohlfrom später in der Diskussion auf. Alles, was zubetoniert werde, sei für immer weg, mahnte er – darunter „wertvoller Ackerboden“. Wohlfrom fordert die Politik auf, der Industrie „Platz auf engem Raum“zu geben und die Bebauungspläne entsprechend umzuschreiben. Und: „Man muss in die Höhe bauen.“
Hubert Kucher, Schrezheimer Landwirt und Vorsitzender des Kreisbauernverbands Ostalb-Heidenheim, warb dafür, den Landwirten „ein gewisses Vertrauen“entgegenzubringen, dass sie die Sache schon richtig machen würden. Schließlich seien die jungen Landwirte gut ausgebildet. Aber Kucher zweifelt, ob sie im Land noch eine Zukunft haben.
Warum, erläuterte der Kreisbauernverbandsvorsitzende an mehreren Beispielen. Immer wieder werde bei der Tierhaltung in Deutschland etwas draufgesetzt, kritisiert er. Gleichzeitig gebe es in Supermärkten Lebensmittel aus anderen Ländern zu kaufen, die zu Standards produziert worden seien, die keiner kenne. „Das kann nicht sein.“Stichwort Käfighaltung. Die sei in Deutschland verboten, sagte Kucher. „Aber es ist nicht verboten, Eier aus Käfighaltung zu verkaufen. Das verstehe ich nicht.“
Der Wunsch des Kreisbauernverbandschef: Die Politik möge nicht jedem Umwelt- oder Tierschutzverband nachgeben, sondern auf Experten hören. Sonst seien am Ende nur noch „Blümchenwiesen“da und alles andere komme aus dem Ausland.
Aber: Wer glaubt, dass automatisch immer genügend Lebensmittel da sind, ist laut Kucher schlecht beraten. Er forderte gleiche Qualitätsstandards für alle. Und: „Die Landwirte müssen Geld verdienen. Dann können sie die Forderungen der Politik umsetzen.“
Parallel und rege wurde im „Chat“diskutiert. Da war zum Beispiel folgender Beitrag zu lesen: „Auflagen führen zu höheren Kosten – ganz einfach.“Ein Landwirt verwies darauf, dass in der Schweiz 73 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert werden. In Deutschland sei es genau anders herum. Deshalb sollten die Transportkosten auf die Waren umgelegt werden – ohne Subvention. „Das wäre für die lokale Erzeugung erfolgreicher.“
Ein anderer macht sich Gedanken wegen eines neuen Förderprogramms, das bei den Bauern, beim
Landtechnikhandel und bei den Banken gleichermaßen für Aufregung gesorgt habe. Der Landwirt erläuterte es an folgendem Beispiel: Ende Juni kostete ein 12,5 Kubikmeter fassendes Güllefass 75 000 Euro. Heute sind es schon 100000 Euro. Ergo: „Für wen ist das Förderprogramm? Auf jeden Fall nicht für die Bauern?“
Das größte Problem – neben der fehlenden Wirtschaftlichkeit – ist für einen Ostalb-Bauern die fehlende Wertschätzung. Ein anderer findet, jedes Kind sollte kochen und somit den Wert der Lebensmittel schätzen lernen. Ein Milchbauer meint: 60 Cent für den Liter sind „mindestens angebracht“.
Einer fragt sich: Wie können Landwirte „gerechte Preise“kommunizieren? Gemeint sind Preise, in denen die Kosten für die politischen Vorgaben etwa zur biologischen Vielfalt enthalten sind. Oder anders gefragt: Wie lässt sich die Geiz-ist-geil-Mentalität durchbrechen? „Eine Herkunftsbezeichnung wäre wünschenswert“, findet ein weiterer Landwirt. „Warum ist das nicht gewollt?“
Alois Brenner meldete sich in der Diskussion zur Wort. Er würde gerne wissen, wie die Landwirtschaft aus dem „Hamsterrad“herauskommen kann, dass sie immer mehr produzieren muss – inklusive mehr Verkehr und mehr Gülle. Andreas Pfeuffer brachte es auf den Punkt: Wenn Landwirtschaft nachhaltig gelingen soll, geht das nur über den Preis.
Und was sagen diejenigen, die die digitale Konferenz organisiert haben? Winfried Mack, Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Aalen-Ellwangen warnt: „Wir dürfen konventionelle Landwirte und Biobauern nicht gegeneinander ausspielen. Beide leisten einen wichtigen Beitrag zu sagt ein Ostalb-Landwirt unserer Lebensmittelgrundversorgung. Stattdessen müssen wir zusammen an einem Strang ziehen, um Herausforderungen wie die Erhaltung der Biodiversität gemeinsam zu bewältigen.“
Für Tim Bückner, Landtagskandidat im Wahlkreis Schwäbisch Gmünd, führt die Corona-Krise einmal mehr vor Augen, wie systemrelevant die Landwirte sind. „Um auch künftig eine sichere Grundversorgung zu garantieren, müssen wir unsere bäuerlichen Familienbetriebe besser unterstützen und dafür vor allem bürokratische Hürden abbauen.“
Bleibt die Eingangsfrage: Ist Landwirtschaft in Deutschland noch gewollt? CDU-Bundestagsabgeordneter Roderich Kiesewetter hatte sie in seinem Grußwort eigentlich schon beantwortet. Für ihn sind die Landwirte, indem sie Lebensmittel produzieren und die Landschaft formen, nämlich „ein fester Bestandteil unserer Identität“. Im ökologischen und herkömmlichen Landbau sieht Kiesewetter keine Konkurrenz, sondern zwei Säulen.
Kiesewetters Fazit der eineinhalbstündigen Konferenz lautet: „Unsere Landwirtinnen und Landwirte auf der Ostalb stecken unglaublich viel Herzblut in ihre Familienbetriebe. Sie sichern unsere Lebensmittelversorgung und halten unsere Traditionen im ländlichen Raum am Leben. Damit das auch in Zukunft so bleibt, brauchen wir erzeugergerechte Preise in der Lebensmittelbranche.“
„Auflagen führen zu höheren Kosten – ganz einfach“,
steht schon an. Der Kreisbauernverband hat anlässlich des Kalten Markts in Ellwangen für Donnerstag zu einem digitalen Pressegespräch geladen. Zur Sprache kommen soll unter anderem die aktuelle Situation auf dem Getreide-, Milch- und Fleischmarkt.