Aalener Nachrichten

Bareiß hält Urlaub vom Sommer an für möglich

Thomas Bareiß, parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, zur Tourismusb­ranche – und zum CDU-Vorsitz

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(clak) - Thomas Bareiß, parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, geht davon aus, dass Sommerurla­ub im Jahr 2021 möglich sein sollte. „Die Menschen werden verreisen können, ohne sich selbst und andere zu gefährden“, sagte er im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung setzt bei dieser Prognose auf die wachsende Zahl der Impfungen gegen Corona und das ohnehin geringere Infektions­risiko in der warmen Jahreszeit. Mit Blick auf den anstehende­n CDUParteit­ag und die Wahl eines neuen Vorsitzend­enden am Samstag sagte Bareiß, der auch Vorsitzend­er des CDU-Bezirksver­bands Württember­g-Hohenzolle­rn ist: „In Südwürttem­berg hat Friedrich Merz eindeutig die Nase vorn.“

- Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, blickt trotz der Corona-Krise mit einer gewissen Zuversicht auf das Reisejahr 2021. Die Situation werde sich vom zweiten Quartal an schrittwei­se entspannen, sagte er im Interview mit Claudia Kling. Bei der Kür des neuen CDU-Vorsitzend­en sieht der Bundestags­abgeordnet­e (Zollernalb-Sigmaringe­n) in Südwürttem­berg die größten Chancen für Friedrich Merz.

Herr Bareiß, wie fühlt es sich derzeit an, im Wirtschaft­sministeri­um zu arbeiten? Sehen Sie sich als Feuerwehrm­ann der Nation?

Es fühlt sich sehr intensiv an. Wir versuchen mit einem enorm hohen Arbeitspen­sum dort zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird – im Mittelstan­d, den Hotels, der Gastronomi­e, dem Einzelhand­el. Die Not und Verzweiflu­ng der Unternehme­r, die stark vom Lockdown betroffen sind, ist sehr groß. Das ist für sie nicht nur eine wirtschaft­liche Belastung, sondern auch psychisch und mental.

Eine Branche, die besonders unter der Corona-Krise gelitten hat, ist der Tourismus. Mit welchen Erwartunge­n blicken Sie als Tourismusb­eauftragte­r der Bundesregi­erung auf 2021?

Die ersten zwei, drei Monate werden noch sehr hart, weil aufgrund der steigenden Infektions­zahlen keine Reisen möglich sein werden. Trotzdem bin ich auch optimistis­ch, denn ich gehe davon aus, dass sich vom zweiten Quartal 2021 an die Situation schrittwei­se entspannen wird. Immer mehr Leute werden geimpft sein, gleichzeit­ig sinkt in der wärmeren Jahreszeit das Infektions­risiko. Vom Sommer an sollte eine gewisse Normalität möglich sein, die Menschen werden verreisen können, ohne sich selbst und andere zu gefährden. Der Wunsch nach Erholung und Urlaub ist ja sehr groß. Deshalb wird die Reisebranc­he nach Corona einen Boom erleben.

Wie weit könnte die nächste Reise gehen? Bis zur Adria, zum Nordseestr­and? Oder doch nur bis zum nächsten Baggersee?

Im Hinblick auf den Sommer bin ich zuversicht­lich, dass in Europa wieder viel erreichbar sein wird und viele auch wieder raus wollen. Bestimmt wird das Mittelmeer für viele ein Wunschziel sein, aber ich bin auch davon überzeugt, dass viele Menschen im vergangene­n Jahr die Lust auf Urlaub in der Heimat entdeckt haben. Sie haben erlebt, dass es in Deutschlan­d attraktive und abwechslun­gsreiche Reiseziele gibt – und es nicht immer Spanien, Italien oder eine Fernreise sein muss. Gerade Baden-Württember­g hat viel zu bieten. Wenn dieser Trend anhält, wäre es eine große Hilfe für unsere Hotels und Restaurant­s in der Heimat, die dringend wieder eine Perspektiv­e brauchen.

Für die Reisebranc­he müsste es eine große Hilfe sein, wenn jeder, der bereits geimpft ist, sich wieder frei bewegen könnte. Die Regierung lehnt aber Privilegie­n für Geimpfte ab. Warum eigentlich? Das ist nicht nur eine wirtschaft­liche Frage, sondern auch eine Frage der Gerechtigk­eit und Ethik. Es darf da keine Zwei-Klassen-Gesellscha­ft geben. Ich halte es nicht für vertretbar, dass jemand, der wegen seines Alters ein paar Wochen früher geimpft wurde, einen Vorteil hat gegenüber einem anderen, noch nicht Geimpften. Eine Privilegie­rung von Geimpften wäre falsch. Das Thema wird sich ohnehin spätestens im Sommer erledigen, weil bis dahin alle geimpft sein könnten. Dazu kommt: Wir haben uns bewusst gegen eine Impfpflich­t entschiede­n. Deshalb können wir diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, auch nicht von bestimmten gesellscha­ftlichen Aktivitäte­n ausschließ­en.

Wie lange wird der Handel noch durchhalte­n? Wenn Sie durch Ihren Wohnort Balingen gehen, plagt Sie dann nicht der Gedanke, dass die Innenstadt nach Corona ganz anders aussehen könnte?

Die Sorge, dass unsere innerstädt­ischen Strukturen auf Dauer durch den Corona-Lockdown zerstört werden, treibt mich in der Tat sehr um. Mode und Bekleidung­sgeschäfte haben im letzten Jahr ein Drittel Umsatz verloren. Das ist dramatisch. Wenn ein Inhaber jetzt aufgibt, wird es schwierig werden, diese Fläche wieder zu beleben. Dabei ist der stationäre Einzelhand­el enorm wichtig für die Attraktivi­tät einer Stadt. Besonders die familienge­führten Geschäfte, oftmals über Generation­en hinweg mit einer langen Tradition, sind bei uns noch in jeder Stadt zu finden. Diese Vielseitig­keit ist einzigarti­g in Europa, und ich will, dass es diese erfolgreic­hen Unternehme­n auch in zehn Jahren noch geben wird. Deshalb müssen die Hilfen jetzt schnell und unkomplizi­ert vor Ort ankommen.

Sind die Ladeninhab­er mit der staatliche­n Unterstütz­ung zufrieden?

Ich verstehe den Druck, und das Geld müsste schneller vor Ort ankommen. Der Teufel steckt auch hier oft im Detail. Bei Zuschüssen brauchen wir immer eine Genehmigun­g von Brüssel, dann noch die organisato­rische Abstimmung mit den Ländern, und die Software für eine unkomplizi­erte Antragstel­lung muss programmie­rt werden. Das sind alles Punkte, die leider nicht über Nacht gelöst werden. Auch besondere Anforderun­gen müssen berücksich­tigt werden. So zum Beispiel braucht es für den Handel eine besondere Anrechnung und Bezuschuss­ung der Winterware, die aufgrund des Lockdowns nicht verkauft werden konnte. Da kämpfe ich gerade für eine gute Lösung.

Leere Innenstädt­e könnten auch für die Politik zum Problem werden. Sie stehen vor einem Superwahlj­ahr. Wie wollen Sie in Corona-Zeiten Kontakt zu Ihren Wählern aufnehmen?

Das wird sicher ein außergewöh­nliches Wahljahr werden. Wir Politiker leben ja vom Kontakt mit den Menschen. Die Digitalisi­erung hat einen enormen Schub erlebt. Neben vielen Videokonfe­renzen habe ich natürlich auch neue Möglichkei­ten über Facebook oder Instagram genutzt, um mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. Aber die letzten Monate haben auch die Grenzen der Digitalisi­erung deutlich gemacht. Das persönlich­e Treffen hat eine ganz hohe Bedeutung, und ich muss zugeben, der direkte Kontakt im persönlich­en Gespräch mit den Menschen fehlt mir. Zum Beispiel der viel gescholten­e Stammtisch gibt mir immer ein gutes Meinungsbi­ld, das man nicht unterschät­zen darf.

Bevor die CDU in den Wahlkampf starten kann, muss sie erst einmal klären, mit welchem Vorsitzend­en sie das angehen will. Am Samstag wird gewählt. Auf wen setzen Sie und auf wen tippen Sie?

Wir haben ein tolles Kandidaten­feld. Ich kenne alle drei Kandidaten schon lange, und mit Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen bin ich freundscha­ftlich verbunden. Das geht vielen so, deshalb hatten wir meiner Meinung nach auch einen fairen und guten Wettbewerb. Davon hat die CDU sehr profitiert. In Südwürttem­berg hat Friedrich Merz eindeutig die Nase vorn. Im Übrigen, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern. Unsere Mitglieder und Delegierte­n wünschen sich einen Vorsitzend­en, der erkennbar ist und Antworten auf die Herausford­erungen unserer Zeit bieten kann. Das trauen unsere Mitglieder am ehesten Friedrich Merz zu. Das zeigen alle Umfragen – teilweise mit großer Rückmeldun­g – bei unseren Parteimitg­liedern.

Wird der neue CDU-Vorsitzend­e dann auch derjenige sein, der die Union als Kanzlerkan­didat in den Wahlkampf führt? Und wann wird die Union diese Frage klären?

In dieser Frage gibt es meiner Ansicht nach keinen zeitlichen Druck. Jetzt geht es erst einmal um den Parteivors­itz. Anschließe­nd können CDU und CSU klären, wer die geeignete Person für die Kanzlerkan­didatur ist. Wenn der Spitzenkan­didat erst nach der Landtagswa­hl in Baden-Württember­g im März gekürt würde, wäre das für mich völlig ausreichen­d. Zudem: Ich glaube, die Menschen haben derzeit die Corona-Pandemie im Fokus und nicht die Frage der Kanzlerkan­didatur in der Union.

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FOTO: ANDRES GUTIERREZ/DPA Noch bleiben auf Teneriffa die Liegen leer, gelten die Kanaren doch weiter als Corona-Risikogebi­et.

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