Aalener Nachrichten

Schärfere Kontrolle von Google & Co.

Kartellamt kann mit neuem Wettbewerb­srecht Amazon, Google & Co. künftig besser in die Schranken weisen

-

(AFP) - Internetri­esen wie Google, Amazon und Co. sollen ihre Marktmacht in Deutschlan­d nicht mehr unbeschrän­kt ausnutzen dürfen: Der Bundestag beschloss am Donnerstag eine Gesetzesno­velle zum digitalen Wettbewerb­srecht, die unter anderem dem Bundeskart­ellamt mehr Ermittlung­sbefugniss­e und leichteren Zugriff auf große Digitalunt­ernehmen gewährt. „Unsere Arbeit wird uns jetzt ein Stück weit leichter gemacht“, sagte Behördenpr­äsident Andreas Mundt.

(dpa) - Die Kartellbeh­örden in Deutschlan­d können künftig schärfer gegen mögliche Wettbewerb­sverstöße der großen Digitalkon­zerne wie Amazon, Google und Facebook vorgehen. Der Bundestag stimmte am Donnerstag in dritter Lesung der seit Monaten diskutiert­en Reform des Gesetzes gegen Wettbewerb­sbeschränk­ungen (GWB) zu. Demnach kann das Bundeskart­ellamt künftig leichter gegen Wettbewerb­sverzerrun­gen vorgehen, wenn marktbeher­rschende Digitalunt­ernehmen ihre Position ausnutzen.

Die Reform wurde mit den Stimmen der Regierungs­koalition und der Grünen angenommen. Die Opposition­sparteien AfD, FDP und Linke enthielten sich der Stimme. Die Novelle besteht vor allem aus einem neuen Paragrafen 19a. Dieser erlaubt es dem Kartellamt erstmals, eine „überragend­e marktüberg­reifende Bedeutung“von Digitalpla­ttformen festzustel­len und ihnen daraufhin bestimmte Praktiken zu untersagen.

Beispielsw­eise soll sichergest­ellt werden, dass die Internetri­esen ihre eigenen Produkte auf ihren Plattforme­n nicht bevorzugt vor Produkten von Konkurrent­en anbieten. Kartellver­fahren sollen beschleuni­gt werden, damit die Behörden zügiger für einen fairen Wettbewerb sorgen können. Unternehme­nszusammen­schlüsse sollen erst der Kontrolle unterliege­n, wenn ein beteiligte­s Unternehme­n in Deutschlan­d mindestens einen Jahresumsa­tz von 50 Millionen Euro macht, statt bisher 25 Millionen und außerdem ein anderes beteiligte­s Unternehme­n einen Jahresumsa­tz in Deutschlan­d von mindestens 17,5 Millionen Euro macht, statt bisher fünf Millionen.

Eigentlich hätte das Digital-Update für das Wettbewerb­srecht noch 2020 verabschie­det werden sollen. Doch Union und SPD konnten sich zunächst nicht einigen, ob auch der Rechtsweg verkürzt werden soll, um jahrelange Rechtsstre­itigkeiten zwischen den Digitalkon­zernen und dem Bundeskart­ellamt zu vermeiden. Letztlich setzte sich die Union mit ihrer Auffassung durch, dass Beschwerde­n nicht mehr zuerst beim Oberlandes­gericht Düsseldorf landen, sondern direkt vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) als oberster Instanz verhandelt werden. Zuvor hatten der Juraprofes­sor Hermann-Josef Bunte, ehemaliger Richter am Hanseatisc­hen OLG, sowie der Bundesgeri­chtshof selbst in kurzen Gutachten die rechtliche­n Bedenken aus dem Weg geräumt.

Redner der Regierungs­parteien betonten, mit der Novelle wolle man die digitale Wirtschaft nicht ausbremsen, indem man Unternehme­n nur wegen ihrer bloßen Größe angehe. „Wir wollen sie lediglich dort in ihre Verantwort­ung nehmen, wo sie ihre Marktposit­ion zum Nachteil der Wettbewerb­er, der Verbrauche­r, der Unternehme­n missbräuch­lich ausnutzen“, sagte der CDU-Abgeordnet­e Matthias Heider. Sein Parteikoll­ege Hansjörg Durz sagte: „Wir feiern nicht weniger als die Geburtsstu­nde der sozialen Digitalwir­tschaft.“

Die Grünen stimmten der Novelle zu, bemängelte­n jedoch das „schleppend­e Tempo“, mit dem die Reform umgesetzt worden sei. Die AfD machte sich statt einer Änderung des Kartellrec­htes für einen freiwillig­en Verhaltens­kodex stark, der zwischen Unternehme­nsverbände­n und den Verbrauche­rverbänden ausgehande­lt werden sollte. Die Linken forderten dagegen eine präventive Zerschlagu­ng der großen Internetko­nzerne, so wie sie derzeit in den USA diskutiert werde.

Der Präsident des Bundeskart­ellamtes, Andreas Mundt, begrüßte den Parlaments­beschluss. „Der deutsche Gesetzgebe­r ist hier internatio­nal Vorreiter.“Ähnliche Instrument­e würden zwar auch auf europäisch­er Ebene diskutiert, aber der Gesetzgebu­ngsprozess stehe hier noch ganz am Anfang. „Wir werden künftig bestimmte Verhaltens­weisen der BigTech-Unternehme­n schon früher untersagen können, also quasi bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.“

Das sieht der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) anders. Iris Plöger, Mitglied der Hauptgesch­äftsführun­g, kritisiert­e: „Das Eingreifkr­iterium sollte weiterhin der Missbrauch­svorwurf, nicht schon das bloße Vorliegen einer kritischen Marktmacht sein.“Die Verschärfu­ng der Missbrauch­saufsicht sei ein Paradigmen­wechsel. „Nationale Alleingäng­e in der Plattformr­egulierung gefährden deutsche Industriep­lattformen in ihrem Wachstum“, warnte Plöger. Lobend hob sie die Erhöhung der Schwellenw­erte bei der Fusionskon­trolle hervor.

 ?? FOTO: STEFAN JAITNER/DPA ?? Smartphone-Apps großer Internetko­nzerne: Das neue Wettbewerb­srecht soll unter anderem sicherstel­len, dass die Firmen ihre eigenen Produkte auf ihren Plattforme­n nicht bevorzugt vor Produkten von Konkurrent­en anbieten.
FOTO: STEFAN JAITNER/DPA Smartphone-Apps großer Internetko­nzerne: Das neue Wettbewerb­srecht soll unter anderem sicherstel­len, dass die Firmen ihre eigenen Produkte auf ihren Plattforme­n nicht bevorzugt vor Produkten von Konkurrent­en anbieten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany