Aalener Nachrichten

Sinkende Reißnagel-Inzidenz

- (nyf) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Natürlich bringt der Distanzunt­erricht neben anderen Schwierigk­eiten ganz erhebliche Probleme im Bereich des Schülerstr­eichs mit sich. Ist die Klasse per Videokonfe­renz versammelt, riskiert der Klassenkas­per, kurzerhand abgeschalt­et zu werden, wenn er seinem Metier nachgeht. Ist es zu laut, kann die Lehrkraft das nervende Geräuschni­veau am Computer wie beim Radio einfach leiser drehen.

Auch die rustikale Disziplin des körperlich­en Scherzes stößt an Grenzen. Wie, bitte schön, soll ein versierter Schlingel einen Reißnagel auf den Stuhl der Lehrerin bugsieren, wenn kein Präsenzunt­erricht stattfinde­t? Auf dem Postweg die Reißzwecke­n zu senden, mit der freundlich­en Bitte, sie mit Dorn nach oben selbst auf dem Sitz zu platzieren, wird selbst beim feinfühlig­sten Pädagogen wenig Erfolg haben.

Andere Rüpeleien sind beim Homeschool­ing wiederum viel einfacher umzusetzen, zum Beispiel heimlich auf der Toilette zu rauchen. Auch despektier­liche Schmierere­ien auf den Klokacheln können vollkommen ungestört entstehen. Dafür einen Verweis einzufange­n, ist sowieso ausgeschlo­ssen, zumal es im Moment nicht möglich ist, den Flegel ins Rektorenzi­mmer zu zitieren. Das verbietet die gültige Infektions­schutzvero­rdnung.

Ohnehin sind die Schulleite­r eh nicht zugegen. Vermutlich arbeiten sie gerade an einer ausgeklüge­lten Digital-Strategie für die vierte oder fünfte Welle. Nur manchmal, nachts, wenn alle Schüler schlafen, kann man sie durch die leeren Schulflure wandeln sehen. Und melancholi­sch den Schulgong betätigen.

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FOTO: B. ARTE/IMAGO IMAGES Reißnägel werden derzeit nur sinnvoll genutzt.

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