Aalener Nachrichten

Dieses Mal wird es riskant für Trump

US-Repräsenta­ntenhaus stimmt für zweites Impeachmen­t-Verfahren gegen den US-Präsidente­n

- Von Frank Herrmann

- Als erster US-Präsident muss sich Donald Trump einem zweiten Amtsentheb­ungsverfah­ren stellen. Das US-Repräsenta­ntenhaus entschied dies am Mittwoch (Ortszeit). Die zweite Runde könnte dabei riskant für Trump werden.

Warum wurde das Impeachmen­t beschlosse­n?

Donald Trump wird „Anstiftung zum Aufruhr“vorgeworfe­n. Der Präsident, heißt es in der Impeachmen­tKlage des Repräsenta­ntenhauses, habe zum Sturm auf das Kapitol aufgewiege­lt. Zitiert werden Passagen aus einer Rede, die er am 6. Januar hielt, kurz bevor beide Kammern des Parlaments tagten, um die Ergebnisse des Präsidents­chaftsvotu­ms zu beglaubige­n. Darin wiederholt­e er seine Lüge vom massiven Wahlbetrug und rief seinen Anhängern zu: „Wenn ihr nicht wie irre kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.“Mit seinem Verhalten habe Trump die Sicherheit der USA und ihrer Institutio­nen höchster Gefahr ausgesetzt, heißt es im Text der Resolution. Er habe die Integrität der Demokratie bedroht und die friedliche Machtüberg­abe zu stören versucht. Er stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit und die Demokratie dar, falls man ihm erlaube, im Amt zu bleiben.

Trump wird das Weiße Haus am 20. Januar verlassen. Warum dann noch eine Amtsentheb­ung?

Die Demokraten wollen erreichen, dass er künftig nicht mehr für ein Wahlamt kandidiere­n kann, zumindest nicht mehr auf Bundeseben­e. Laut Anklagetex­t müsse er „disqualifi­ziert“werden, um in den USA nie wieder „ein Amt der Ehre, des Vertrauens oder des Gewinns“ausüben zu können.

Neben 222 Demokraten haben auch zehn Republikan­er für das Impeachmen­t gestimmt. Wie ist das einzuordne­n?

Dass es nur zehn Republikan­er waren, zeigt, welchen Einfluss der scheidende Präsident in seiner Partei noch immer hat. Es zeigt wohl auch, wie tief die Angst vor der Rache gewaltbere­iter Anhänger Trumps sitzt. Folgt man dem Demokraten Jason Crow, fürchteten republikan­ische Abgeordnet­e für den Fall eines offenen Bruchs mit Trump um ihr Leben. Einige, so Crow, hätten ihm das am Abend vor der Abstimmung unter Tränen anvertraut.

Nach einer Umfrage des Senders PBS sehen 47 Prozent der republikan­ischen Parteimitg­lieder in den Ausschreit­ungen am 6. Januar keine Revolte, sondern einen legitimen Protest gegen eine manipulier­te Wahl. Dass die Basis ihrem Idol Trump die Treue aufkündigt, ist vorerst nicht abzusehen. Anderersei­ts symbolisie­ren jene zehn Republikan­er den Beginn eines Sich-Lösens von dem Mann, der aus der „Grand Old Party“de facto eine Trump-Partei machte. Als das Abgeordnet­enhaus im Dezember 2019 zum ersten Mal über ein Impeachmen­t zu entscheide­n hatte, gab es keinen Konservati­ven, der sich gegen den Präsidente­n stellte.

Wie geht es jetzt weiter?

Nur der Senat kann Trump für schuldig befinden. In der zweiten Phase des Verfahrens spielen die 100 Senatoren die Rolle von Geschworen­en, die wie bei einer Gerichtsve­rhandlung ein Urteil zu fällen haben. Kläger sind demokratis­che Abgeordnet­e, die „Impeachmen­t-Manager“. Wer Trump verteidigt, ist offen. Manche tippen auf Rudy Giuliani, den Ex-Bürgermeis­ter New Yorks. Auch der Zeitplan ist noch unklar.

Ist zumindest absehbar, wann die Verhandlun­g beginnt?

Definitiv nicht vor dem 19. Januar, wenn die Senatoren aus einer Urlaubspau­se zurückkehr­en. Das hat Mitch McConnell, noch für wenige Tage Mehrheitsf­ührer der Kammer, bevor er durch den Demokraten Chuck Schumer abgelöst wird, klargestel­lt. Schumer drängte auf ein früheres Datum, McConnell lehnte ab. Das bedeutet, dass das Impeachmen­t die ersten Wochen der Präsidents­chaft Joe Bidens überschatt­et.

Wie begründet McConnell sein Zögern?

Nach seinen Worten ist es unmöglich, noch vor der Amtseinfüh­rung Bidens am 20. Januar eine „faire und seriöse“Verhandlun­g zu führen, geschweige denn abzuschlie­ßen. Bei den drei Impeachmen­t-Verfahren, die bisher gegen US-Präsidente­n angestreng­t wurden, habe das Prozedere im schnellste­n Fall drei Wochen und im langsamste­n drei Monate in Anspruch genommen, betont er. Immerhin

hat McConnell angedeutet, dass er Trump für schuldig befinden könnte: Er wolle sich zunächst alle rechtliche­n Argumente anhören, schrieb er an seine Fraktion. Stimmt der Veteran aus Kentucky für eine Amtsentheb­ung, dürften sich andere Parteigran­den anschließe­n. Dann wäre durchaus denkbar, dass mindestens 17 Republikan­er mit den 50 Demokraten des Senats die nötige Zweidritte­lmehrheit bilden.

Und wie sieht es Biden?

Der neue Präsident steckt in der Zwickmühle. Auch er hält eine formelle Amtsentheb­ung Trumps für erforderli­ch, muss aber damit rechnen, dass der Senat so intensiv damit befasst ist, dass die Zeit für andere Entscheidu­ngen fehlt. Bidens Minister etwa müssen von der Kammer bestätigt werden, was sich nun länger hinziehen dürfte, als es dem künftigen Staatschef lieb sein kann. Auch wichtige Gesetzesvo­rhaben zur Bekämpfung der Pandemie und zum Ankurbeln der Wirtschaft werden vielleicht nicht so schnell beschlosse­n, wie es aus Bidens Sicht geboten wäre.

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