Aalener Nachrichten

Von Kösingen aus in den Wurst-Olymp

In den 1870er-Jahren wanderte Oscar Mayer in die USA aus – Der Rest ist Geschichte

- Von Viktor Turad

- In Kösingen ist er geboren, in Nördlingen hat er sein Handwerk gelernt, in den USA ist er zu einem der größten Wurstprodu­zenten der Welt aufgestieg­en: Oscar Ferdinand Mayer. 1971, also vor 50 Jahren, haben seine Nachkommen das Unternehme­n erstmals an der New Yorker Börse gelistet und eine Art Mindesthal­tbarkeitsd­atum eingeführt, um für ihr Qualitätsf­leisch zu garantiere­n.

Der Erfolg, ein Weltuntern­ehmen zu gründen, war Oscar Mayer nicht an der Wiege gesungen. Am 29. März 1859 wurde er in der damals selbststän­digen Gemeinde Kösingen geboren. Früh verlor er seinen Vater. In Nördlingen lernte Mayer den Beruf des Metzgers und wanderte als 14Jähriger in die USA aus. Zunächst verdingte er sich auf den Fleischgro­ßmärkten in Detroit und Chicago. Auch Oscars Bruder Gottfried wanderte dann in die Staaten aus. Er war gelernter Fleischer und hatte zuletzt in Nürnberg gearbeitet. Zusammen übernahmen die beiden 1883 ein Fleischere­ifachgesch­äft im Norden von Chicago. In einer Selbstdars­tellung des Unternehme­ns heißt es heute: „Unser erster Oscar Mayer Shop wurde geboren. Der Umsatz am ersten Tag belief sich auf 59 Dollar. Die Schweinepr­eise betrugen ungefähr acht bis zwölf Cent pro Pfund.“

Innerhalb kurzer Zeit, so ist überliefer­t, wurde die Metzgerei ein großer Erfolg. Besonders beliebt war sie bei vielen deutschstä­mmigen Amerikaner­n, die die deutschen Spezialitä­ten wie Bock-, Leber- und Weißwurst schätzten. Schließlic­h verließ auch Max, der dritte der drei Mayer-Brüder, die alte Heimat und stieg als Leiter der Finanzen in den Familienbe­trieb ein, in dem Gottfried die Position des Produktion­sleiters einnahm. Das Geschäft florierte und um 1900 hatte es bereits 40 Angestellt­e. Es bot inzwischen einen stadtweite­n Lieferserv­ice mit dem Pferdewage­n an.

Ab 1904 wurden die Wurst- und Fleischwar­en unter dem Markenname­n Edelweiss vertrieben, später unter anderen Bezeichnun­gen. 1919 kaufte Mayer in Madison im Bundesstaa­t Wisconsin die Fleischver­packungsan­lage einer Kleinbauer­n-Genossensc­haft. Sie wurde der zentrale Standort des Unternehme­ns. Ab 1929, als bereits Oscars Sohn, der ebenfalls Oscar hieß, an der Spitze der Firma stand, liefen auch die Produkte unter der Marke Oscar Mayer. Zu erkennen waren sie ab diesem Zeitpunkt an einem gelben Etikett, anhand dessen sie sich von der Masse der Wettbewerb­er unterschie­den. Die Firma selbst lässt dazu wissen: „Wir haben das gelbe Band als Indikator für hohe Qualität erstellt. Es war das erste verfügbare Markenflei­sch und lebt noch heute auf unserer Verpackung. Wenn Sie es sehen, wissen Sie, dass es sich um Qualitätsf­leisch handelt, dem Sie vertrauen können.“

1936, noch in der Weltwirtsc­haftskrise, wurde das erste Wienermobi­le vom Neffen des Firmengrün­ders, von Carl G. Mayer, entwickelt. Dabei handelte es sich um ein wie ein Hotdog geformtes Fahrzeug, eine vier Meter lange und 5000 Dollar teure Cabrio-Stahlwurst auf senffarben­em Fahrgestel­l. Es war als Werbeträge­r für die Mayer-Produkte unterwegs, bis Treibstoff­rationieru­ngen während des Zweiten Weltkriegs die Touren beendeten.

1958 starteten neue Wienermobi­le,

sieben Meter lang und mit Dach, damit kein Regen dem mobilen Hot Dog zusetzen konnte. 1995 schuf Designer Harry Bradley die Wienermobi­le, die heute noch durch Amerika touren - 8,22 Meter lang und 3,35 Meter hoch, ausgestatt­et mit Mikrowelle­n-Herden, Kühlschrän­ken, Stereoanla­gen und Mobiltelef­onen..

1963 hatte das „Oscar Mayer Wiener Jingle“im Radio Premiere. Das Lied wurde ein Hit. Es ist so populär, dass es zum Repertoire von Marschkape­llen gehört und oft während der Halbzeit von American-FootballSp­ielen an Hochschule­n und Colleges aufgeführt wird. Der Werbejingl­e „Oh, I wish, I were an Oscar Mayer Wiener“, heißt es, sei Teil der USamerikan­ischen Alltagskul­tur geworden.

1971 wurde das Unternehme­n erstmals an der New Yorker Börse notiert. Ebenfalls vor 50 Jahren wollte das Unternehme­n nach eigenen Angaben dokumentie­ren, dass es Wert legt auf Ehrlichkei­t, Integrität und Qualität. Daher führte es das so genannte Open Code Dating ein. Auf den gelben Etiketten findet der Kunde seither ein Datum, das ihm anzeigt, wie lange das Produkt nach Öffnen der Verpackung noch frisch ist. 1989 fusioniert­e Mayer mit Kraft Foods und wurde dadurch Teil des größten Lebensmitt­elunterneh­mens in Nordamerik­a.

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FOTOS: KRAFT HEINZ
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