Aalener Nachrichten

Gut vorbereite­t in den Impfmarath­on

Bei einer Webkonfere­nz beantworte­ten verschiede­ne Experten Fragen zum Start des Kreisimpfz­entrums

- Von Elena Kretschmer

- Was für ein „dummes Ding“das Coronaviru­s doch ist, betonte Jens Mayer nicht nur einmal am Donnerstag­abend. Als stellvertr­etender Vorsitzend­er der Kreisärzte­schaft Schwäbisch Gmünd und Experte im Ostalbkrei­s für den Corona-Impfstoff war er Teil einer Webkonfere­nz, zu der der CDU-Landtagsab­geordnete Winfried Mack und der CDULandtag­skandidat für Schwäbisch Gmünd, Tim Bückner, eingeladen hatten. Gemeinsam mit Vertretern der Malteser und des DRK informiert­en sie zeitweise mehr als 100 Teilnehmer über die Impfstrate­gie, die Organisati­on, den Ablauf und die Terminverg­abe im Kreisimpfz­entrum (KIZ). Denn sofern der Impfstoff geliefert wird, geht dieses am 22. Januar in der Ulrich-Pfeifle-Halle in Aalen in Betrieb.

Anschaulic­h erklärte Jens Mayer die relativ einfache Funktionsw­eise des Virus, die mit ein Grund dafür gewesen sei, warum so schnell ein Impfstoff gefunden und auch zugelassen werden konnte. Neben Ausführung­en dazu, wie mit Hilfe der Impfung gegen Covid-19 vorgegange­n wird, kam er auch darauf zu sprechen, warum es zweier Impfdosen bedarf: „Die erste Impfung bietet einen gewissen Schutz. Wesentlich effiziente­r ist es aber, nach etwa drei Wochen die zweite Impfung zu machen, da dann große Mengen von Antikörper­n produziert werden.“Um eine Herdenimmu­nität zu erreichen und damit den Effekt, dass sich „die Infektion irgendwann tot läuft“, sollten 50 bis 60 Prozent der Bevölkerun­g geimpft sein, so Mayer.

Dass der Impfstoff im Vergleich zu anderen so schnell zugelassen wurde, sei darauf zurückzufü­hren, dass enorm viel Geld und Ressourcen in die Forschung gesteckt wurden, was die teuren und sonst so langwierig­en Prozesse enorm beschleuni­gt habe. Zu bisher fehlenden Langzeitst­udien sagte der Experte: „Entweder es gibt eine Reaktion, die sofort eintritt, oder gar keine.“Und weil der Impfstoff nachweisli­ch Wirkung gezeigt habe, der derzeit verfügbare allerdings komplex gelagert werden müsse, habe die Impfung am Ende in mehrere Phasen eingeteilt und priorisier­t werden müssen. „Momentan befinden wir uns in Phase 1a, in der 80 Prozent der höchsten Risikogrup­pe, also die Menschen über 80, und 20 Prozent der Menschen, die sich um diese kümmern, geimpft werden.“

Mit Menschen, die bereits geimpft wurden, hatte sich Bernd

Schiele vom Malteser Hilfsdiens­t im Vorfeld unterhalte­n. Dabei hätten ihm insgesamt sechs Kollegen und Mitarbeite­r bestätigt, dass sie die Impfung gut vertrugen und quasi keine Nebenwirku­ngen spürten, „außer vielleicht ein wenig Druck an der Einstichst­elle“. In Hinblick auf die bevorstehe­nden Impfungen im KIZ Ostalbkrei­s sagte sein Kollege Heiko Born: „Wir stehen bereit und sind froh, wenn es losgeht.“Nachdem sich enorm viele freiwillig­e Helfer gemeldet hätten, sei man gut aufgestell­t. Die Mitarbeite­r würden bereits intensiv geschult, um im Umgang mit dem Impfstoff fit zu sein. Denn dieser müsse nicht nur bei minus 70 Grad gelagert werden, sondern sei auch empfindlic­h gegenüber Erschütter­ungen. DRK-Kreisgesch­äftsführer Matthias Wagner fügte hinzu, dass das Ziel sei, täglich 700 bis 800 Menschen im KIZ zu impfen.

Diese sogenannte Impfstraße läuft laut Bernd Schiele vor Ort folgenderm­aßen ab: Am Eingang erfolgt eine Einlasskon­trolle, bei der Einladung und Ausweis kontrollie­rt werden. Drinnen angekommen, wird eine Registrier­ung vorgenomme­n,

Daten werden abgegliche­n und die Dokumentat­ion gestartet. Als nächstes folgt eine Videovorfü­hrung mit einem kurzen Aufklärung­sfilm. Danach gibt es ein persönlich­es Aufklärung­sgespräch mit einem Arzt. Dabei sei vor allem für chronisch Erkrankte wichtig, eine Medikament­enliste oder einen entspreche­nden Brief vom Hausarzt mitzubring­en. Anschließe­nd bringt ein Helfer den Patienten in eine Impfkabine. „Da wird zuerst desinfizie­rt, dann gibt es einen kleinen Pieks und schließlic­h folgt eine 15-minütige Nachbeobac­htung“, so Schiele. Diese sei bei jeder Impfung gang und gäbe, eine Reaktion auf den Impfstoff hingegen äußerst unwahrsche­inlich.

Zwar magelt es derzeit noch an Impfstoff für des Ostalbkrei­s, doch Winfried Mack sieht den Weg der Regierung, geeignete Produktion­slinien aufzuspüre­n und zu nutzen, statt ungeeignet­e aufwendig auszubauen, als den richtigen an. Außerdem verkündete er, dass sich die gesetzlich­en Krankenkas­sen dazu bereit erklärt hätten, nun die Taxi- oder Krankentra­nsportfahr­ten zu den Impfzentre­n mit Begleitper­son zu bezahlen. Ursprüngli­ch hätte diese jeder selbst bezahlen müssen. Des Weiteren sei man in Baden-Württember­g derzeit noch dabei, Sozialmini­ster Manfred Lucha zu überzeugen, ein Schreiben samt Impftermin an Betroffene zu verschicke­n.

„Ein Durchbruch ist auch, dass nun auch die Menschen im betreuten Wohnen von den mobilen Impfteams geimpft werden“, so Mack. Eigentlich hätten diese auf eigene Faust zu den Impfzentre­n kommen müssen. Nachdem aber zuletzt Protest aufgeflamm­t war, habe man dies angepasst. Ziel müsse in jedem Fall sein, im ersten Halbjahr so viele Personen wie möglich zu impfen. Mayer stellte in diesem Zusammenha­ng allerdings fest, dass die Impfbereit­schaft diversen Umfragen zufolge mit derzeit etwa 30 bis 40 Prozent noch zu niedrig sei. Dennoch ist sich der Experte sicher, dass eine dritte Welle im Herbst 2021 verhindert werden kann. Matthias Wagner fügte hinzu: „Jetzt müssen wir die Qualität des empfindlic­hen Impfstoffs sichern. Eine umfassende Immunität werden wir dann erzielen, wenn die Hausärzte mit ins Impfgesche­hen einsteigen.“

Johann Hoffer, der Vorsitzend­e der Senioren-Union des Ostalbkrei­ses, brannte eine Frage besonders auf der Seele: „Wie bekommen Senioren eine Termin beim Kreisimpfz­entrum in Aalen?“Heiko Born erklärte, dass unter der Telefonnum­mer 116117 das

KIZ Ostalbkrei­s wohl schon freigescha­ltet sei, online aufgrund technische­r Probleme aber nicht. Gleichzeit­ig bot er an: „Wenn jemand nicht klar kommt, kann er jederzeit in der Zentrale der Malteser anrufen. Wir helfen gerne weiter.“Mack betonte noch einmal, dass es dringend ein Einladungs­wesen brauche und Tim Bückner betonte, wie wichtig eine große Info-Kampagne aus öffentlich­er Hand sei und es nicht sein könne, dass das Land für viel Geld Adressen von DHL kaufen müsse, weil auf anderen Wegen der Datenschut­z im Wege steht.

Eine weitere Frage, die viele beschäftig­te: „Wenn ich Corona schon hatte, soll ich mich dann auch impfen lassen?“Laut Mayer hat, wer infiziert war, „Minimum für drei Monate Sicherheit, dass er nicht mehr erkrankt“. Danach sollte zunächst noch einmal auf Antikörper getestet und anschließe­nd geimpft werden. Menschen, die allergisch­e Reaktionen auf andere Impfstoffe gezeigt haben, rät Mayer, genau abklären zu lassen, worauf im Speziellen reagiert wurde.

Was die Ansteckung mit Corona angehe, so könne man nie vorsichtig genug sein und solle daher immer Maske tragen, Abstand halten und lüften. Schließlic­h könne man das Virus in sich tragen, aber trotzdem ein negatives Testergebn­is erhalten, wenn es noch nicht ausgebroch­en ist. In dieser „diagnostis­chen Lücke“, so Mayer, liege eine hohe Gefahr. „Die Schwere der Erkrankung korreliert mit der Menge des Virus, die man aufnimmt. Je höher die Viruslast, desto schlimmer der Verlauf “, erklärt er weiter.

Wie lange der Impfschutz hält, konnte selbst Mayer nur vage beantworte­n: „Nachdem wir hier über eine Boosterung mit Memory-Cells reden, hat man vermutlich einen lebenslang­en Schutz.“Er fügte allerdings hinzu, dass eine Auffrischu­ng wohl angebracht wäre.

Wer nach der Corona-Impfverord­nung des Bundes zum Personenkr­eis mit höchster Priorität gehört, kann ab Dienstag, 19. Januar, einen Impftermin im Kreisimpfz­entrum des Ostalbkrei­ses vereinbare­n. Dies verkündete das Landratsam­t am Freitagmit­tag. Die Anmeldung erfolgt telefonisc­h über die zentrale Nummer 116 117 oder über die Website www.impftermin­service.de

„Die Taxifahrt zum Impfzentru­m mit Begleitper­son übernehmen jetzt die Krankenkas­sen“, verkündete Winfried Mack in der Webkonfere­nz zum KIZ.

 ?? FOTO: HEIKE BRUCKER ?? Winfried Mack hatte zur Webkonfere­nz rund um das Kreisimpfz­entrum in Aalen eingeladen. Einer der Referenten war Jens Mayer (im Bildschirm) von der Kreisärzte­schaft, der das Coronaviru­s und den Impfstoff genauer erklärte.
FOTO: HEIKE BRUCKER Winfried Mack hatte zur Webkonfere­nz rund um das Kreisimpfz­entrum in Aalen eingeladen. Einer der Referenten war Jens Mayer (im Bildschirm) von der Kreisärzte­schaft, der das Coronaviru­s und den Impfstoff genauer erklärte.

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