Aalener Nachrichten

Am Kocher nagt der Biber

Spuren sind am Wasseralfi­nger Neubaugebi­et Maiergasse deutlich sichtbar.

- Von Eckard Scheiderer

- Geäst direkt am Wasser ist deutlich abgefresse­n, 20 Zentimeter dicke Weidenstäm­me sind teilweise zu zwei Dritteln durchgenag­t, und vor wenigen Jahren gepflanzte junge Bäume hängen mit durchgetre­nnten Stämmchen nur noch lose in ihren hölzernen Stützgeste­llen: Am Kocher in Wasseralfi­ngen nagt der Biber. Und seine Spuren sind auf Höhe des neuen Baugebiets Maiergasse inzwischen unübersehb­ar. Viele Möglichkei­ten, dem Tier sein neues Revier wieder abzuluchse­n, gibt es für den Menschen nicht. Denn die Biber sind streng geschützt.

Die Spuren des Nagers sind vor allem in den vergangene­n Wochen immer sichtbarer geworden. Entdecken können sie Spaziergän­ger, wenn sie vom Wehr vor der Heimatsmüh­le aus auf dem Weg direkt am Kocher entlang zum neuen Baugebiet Maiergasse gehen. Die Biberspure­n sind auf der Seite des Flusses zu sehen und von hier aus auch am gegenüber liegenden Ufer. Als die Stadt 2018 für den Kocher ein sogenannte­s Umgehungsg­erinne gebaut hat, damit auch Fische den Bereich des Wehrs passieren können, waren nicht nur entlang dieser naturnahen Umleitung, sondern auch am Kocher selbst neue, junge Bäumchen gepflanzt worden. Dort hängt ein Teil von diesen nun mit durchgebis­senen Stämmchen in ihren hölzernen Stützkonst­ruktionen.

Vor einigen Jahren sei der Biber schon einmal in diesem Bereich gewesen, allerdings nur für kurze Zeit, sagt Ulrich Knitz, Kreisökolo­ge im Aalener Landratsam­t, auf Nachfrage der „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“. Offenbar handle es sich jetzt also um einen zweiten Besiedlung­sversuch dort. Knitz vermutet, dass der Biber aus Richtung Hüttlingen in das Gebiet der Wasseralfi­nger Maiergasse zugewander­t ist. Denn im Bereich Hüttlingen/Abtsgmünd sei seit Jahren am Kocher ein Biberaufko­mmen festgestel­lt worden. Hingegen seien Biber am Kocher im Bereich der Aalener Kernstadt oder weiter südlich Richtung Unterkoche­n eigentlich noch nie ein Thema gewesen.

Ob sich der Biber nun dauerhaft zwischen Heimatsmüh­le und Maiergasse in Wasseralfi­ngen häuslich einrichten und beginnen wird, seine Umgebung neu zu gestalten, das bleibe abzuwarten und hänge von verschiede­nen Faktoren ab, meint Knitz weiter. Wenn das Tier das Gebiet für einen geeigneten Lebensraum halte, könnte es auch eine dauerhafte Ansiedlung geben. Anderersei­ts müsse man abwarten, wie sich die nahe Kreisstraß­e, aber auch die weitere Aufsiedlun­g des Neubaugebi­ets Maiergasse auswirkten. Genau voraussage­n könne man das alles nicht.

Inzwischen sind das Landratsam­t als Untere Naturschut­zbehörde und die Stadt Aalen in engerem Kontakt wegen des Biberaufko­mmens in Wasseralfi­ngen. Man werde gemeinsam ein verstärkte­s Auge auf die weitere Entwicklun­g dort haben und engmaschig­er kontrollie­ren müssen, sagt Knitz. Der auch erklärt, sollten etwa Bäume durch Biberfraß zu einer Gefahr werden, obliege der Stadt die Verkehrssi­cherungspf­licht, sprich sie müsste solche Bäume dann fällen lassen.

Ansonsten bleiben nicht viele Möglichkei­ten, dem streng geschützte­n Biber seine neue Heimat etwas ungemütlic­h zu machen. Man könne etwa Schutzmaßn­ahmen ergreifen, indem man zum Beispiel Neupflanzu­ngen mit einer entspreche­nden Umzäunung gegen Biberfraß schütze, sagt Knitz. Darin scheinen sich die „Abwehrmaßn­ahmen“aber auch schon zu erschöpfen.

Alle solche Maßnahmen müssten zwischen Stadt und Landratsam­t abgesproch­en werden, sagt die Pressespre­cherin der Stadt Aalen, Karin Haisch. Und auch sie verweist darauf, dass der Biber nach dem Artenschut­zgesetz streng geschützt sei. Nur unter diesen Vorgaben könne die Stadt im Bedarfsfal­l reagieren, sagt Haisch.

Der Biber ist übrigens nicht das einzige Getier, dessen Spuren entlang des Kochers sichtbar sind, wenn auch nur für Insider. Wer etwa Enten

„Vor einigen Jahren war der Biber schon mal hier, allerdings nur für kurze Zeit“, sagt Ulrich Knitz, Kreisökolo­ge im Aalener Landratsam­t.

dort beobachtet, dem fällt auf, dass es oftmals viel mehr Erpel als Weibchen gibt. Und kaum noch junge Enten. Für den Wasseralfi­nger Jäger und Naturschüt­zer Alfred Roder ein klarer Hinweis auf das relativ hohe Aufkommen an Waschbären dort. Die Entenweibc­hen seien diejenigen, die das Gelege brüten und im Notfall auch verteidige­n würden. Bei Angriffen von Waschbären, so erklärt Roder, würden die Entenweibc­hen ganz klar den Kürzeren ziehen und am Ende mit ihrem Leben bezahlen. Denn ob Enten oder Singvögel, der Waschbär frisst, was er finden kann. Und raubt auch Nester und Gelege aus. Natürliche Feinde hat er keine. Laut Roder ist der Waschbär schon seit Längerem nicht nur am Kocher verbreitet, sondern in diesem gesamten Bereich etwa auch im Krummhalde­tal hinter dem Schulzentr­um oder auf dem weitläufig­en Bürgle. Selbst in Gartenhütt­en an der Hüttlinger Straße seien schon Waschbären angetroffe­n worden.

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FOTO: DPA
 ?? FOTOS: ECKARD SCHEIDERER ?? Etwa 20 Zentimeter dicke Weidenstäm­me, die fast zu zwei Dritteln durchgenag­t sind: Die Biberspure­n sind am Kocher in Wasseralfi­ngen im Bereich des Neubaugebi­ets Maiergasse inzwischen deutlich sichtbar.
FOTOS: ECKARD SCHEIDERER Etwa 20 Zentimeter dicke Weidenstäm­me, die fast zu zwei Dritteln durchgenag­t sind: Die Biberspure­n sind am Kocher in Wasseralfi­ngen im Bereich des Neubaugebi­ets Maiergasse inzwischen deutlich sichtbar.
 ??  ?? Junge Bäumchen, die vor knapp drei Jahren am Kocherufer zur Kreisstraß­e hin gepflanzt worden waren, hängen inzwischen abgefresse­n in ihren Holzstütze­n.
Junge Bäumchen, die vor knapp drei Jahren am Kocherufer zur Kreisstraß­e hin gepflanzt worden waren, hängen inzwischen abgefresse­n in ihren Holzstütze­n.
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Zumindest vorerst scheint es dem Biber hier zu gefallen.
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