Die kleinen Hilfen unterschätzt
Deutschland bleibt im Lockdown – ein Überraschung ist das nicht. Es war absehbar, dass sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten nicht auf Lockerungen verständigen werden, wenn die Zahl der Neuinfektionen immer noch hoch ist und mutierte, noch aggressivere Viren im Umlauf sind. Die Regierungschefs setzen weitgehend auf die mehr oder weniger bewährten Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie – Kontaktbeschränkungen, geschlossene Geschäfte, noch mehr Homeoffice, medizinische Masken und Abstand. Über den Schulunterricht wurde wie gehabt gestritten. Immerhin erschien es der Runde nicht notwendig, die Einschränkungen drastisch zu verschärfen. Das ist die gute Nachricht des Tages.
Vielen Schülern und deren Eltern dürfte es aber derzeit schwerfallen, noch irgendetwas positiv zu sehen. Die Wissenslücken durch den Fernunterricht werden trotz aller Mühen Tag für Tag größer. Auch für Einzelhändler und Selbstständige, die zum Teil durch das Raster der Hilfen fallen, ist es kein Trost, dass der Lockdown zunächst bis zum 14. Februar befristet ist. Denn der Glaube an eine normalere Zukunft wird mit jeder weiteren Verlängerung der Beschränkungen auf eine harte Probe gestellt.
Die Regierung erweckt den Eindruck, als habe sie auf ihrem Weg durch die Krise die praktischen Hilfen im Alltag vernachlässigt. Ein Beispiel: Wenn es doch belegt ist, dass FFP2-Masken Träger und Umgebung besser schützen, wieso ist es dann nicht generell Pflicht, sie in Bus und Bahn zu tragen? Sie kostenlos an Bedürftige zu verteilen, wäre in Anbetracht der anderen Ausgaben kaum ins Gewicht gefallen. Auch den Wert von Schnelltests haben Bund und Länder monatelang zu gering geschätzt – obwohl sie geeignet sind, Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen. Diese Versäumnisse lassen sich nicht mehr rückgängig machen – und viele Hochbetagte in Heimen haben mit ihrem Leben dafür bezahlt. Die Menschen haben bislang viel Geduld für solche Fehler im Krisenmanagement aufgebracht. Sie dürfte sich aber allmählich erschöpfen.