Spielzeug weggenommen
Menschenrechtler heißen die Entscheidung gut, die Eishockey-WM 2021 nicht in Belarus auszutragen
(SID) - Belarus sieht sich „grundlos“und im Sinne „politischer Demagogen“bestraft, Sportpolitiker und Menschenrechtler atmen dagegen auf: Nachdem der EishockeyWeltverband IIHF Belarus und damit dem umstrittenen Machthaber Alexander Lukaschenko nun doch die Co-Gastgeberrolle der WM 2021 (21. Mai bis 6. Juni) entzogen hat, fallen die Reaktionen wie erwartet höchst unterschiedlich aus. „Das ist ein schwerer Schlag für den Diktator und sein Image“, sagte der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski. Lukaschenko hätte die WM nur zu gerne für seine Politik benutzt, betonte der mit dem „Alternativen Nobelpreis“ausgezeichnete Bialiatski. „Es ist ein bisschen so, als nimmt man einem Kind das Spielzeug weg.“
Das lassen auch die ersten Reaktionen aus Belarus vermuten. Das Organisationskomitee schrieb auf der Internetseite der belarussischen Regierung trotzig von einer „grundlosen Entscheidung“, um „die Interessen von politischen Demagogen zu befriedigen“. Ob Belarus eine Klage gegen die IIHF erwägt, wurde aus der Stellungnahme nicht ersichtlich.
Diese Gefahr dürfte auch ein Grund für das lange Zögern der IIHF gewesen sein, denn eine mögliche Vertragsstrafe würde den Verband finanziell schwer treffen. Vor diesem Hintergrund ist auch die offizielle Begründung für den Entschluss zu verstehen: Wegen „wachsender Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit den zunehmenden politischen Unruhen sowie Covid-19“könne man die WM nicht in Minsk abhalten. Allein aus politischen Gründen kann der Weltverband gemäß seiner Statuten ein Turnier nicht verlegen. Und so spielte IIHF-Präsident René Fasel in den vergangenen Monaten, als die Unruhen in Belarus für Schlagzeilen sorgten, auf Zeit. Die Forderungen von Politik, Menschenrechtlern und Co-Gastgeber Lettland erhöhten den Druck. Doch erst, als die WM-Hauptsponsoren mit Rückzug drohten, blieb Fasel keine andere Wahl mehr.
Fasels jüngstes Treffen mit Lukaschenko, bei dem er den Staatspräsidenten innig umarmte, geriet für den IIHF-Chef zum Fiasko. Nun muss der angeschlagene Funktionär einen neuen WM-Ausrichter finden. Eine Absage wäre „ein Desaster“, sagte Dänemarks Verbandspräsident Henrik Bach Nielsen. Deshalb bietet sich sein Land als Ersatz-Ausrichternation an.