Start im Kreisimpfzentrum: Alois Abel ist der erste Geimpfte
Der 89-jährige Aalener bekam im Beisein seiner Frau Helga die erste Dosis des Biontech-Corona-Impfstoffs injiziert – Landrat und ärztlicher Leiter beglückwünschten ihn
AALEN - „Entweder impfen oder sterben.“Sehr deutliche Worte findet Alois Abel auf die Frage, warum er sich gegen Corona impfen lässt. Der 89-jährige Aalener ist am Freitagmorgen pünktlich um 9 Uhr mit seiner Ehefrau Helga zu seinem Termin ins Kreisimpfzentrum (KIZ) gekommen. Nach dem Fiebermessen mittels eines berührungslosen Stirnthermometers darf der Rentner einchecken und anschließend die Ulrich-PfeifleHalle betreten.
Dabei begleitet ihn Peter Schmidt von den Kliniken Ostalb, der gemeinsam mit Hariolf Zawadil für die ärztliche Leitung des KIZ zuständig ist, und erklärt: „Wir haben momentan nur zwei Impfstraßen in Betrieb. Wenn wir mehr Impfstoff hätten, könnten jederzeit sechs laufen.“Dann verschwindet Alois Abel in Begleitung seiner Frau im ersten Raum, der Registrierung, wo sich ein Bundeswehrsoldat weiter um ihn kümmert.
In einem kleinen Nebenraum bereitet indes eine Apothekerin den Biontech-Pfizer-Impfstoff auf. „Gestern Abend um 18 Uhr haben wir die erste Charge mit insgesamt 1170 Impfdosen erhalten“, erläutert Schmidt. Da aus einer Ampulle jeweils sechs Dosen gewonnen werden können, seien de facto 195 Mini-Fläschchen angekommen, quasi in einem Pizzakarton. „In der Nacht haben wir den Impfstoff dann aus minus 70 Grad entnommen und jetzt wird er bei drei bis acht Grad gelagert.“Es sei penibel genau darauf geachtet worden, die Kühlkette nicht zu unterbrechen. So sei der Impfstoff nun fünf Tage haltbar.
Außerdem werde nur die für den jeweiligen Tag benötigte Menge entnommen, also zunächst ein Drittel. „Es soll ja nichts verloren gehen, falls es unerwartet zu einem EDV- oder Stromausfall kommen sollte“, so der ärztliche Leiter weiter. Wenig später hält er eine Spritze mit dem aufgezogenen Impfstoff in der Hand: „So sieht das Ganze dann aus. Ich muss nur aufpassen, dass es mir jetzt nicht mehr aus der Hand fällt, denn sonst wird die Dosis unbrauchbar.“
Um die rund 100 Impflinge am Freitag kümmerten sich etwa 50 Mitarbeiter, darunter auch welche, die für den Einsatz als mobile Impfteams geschult wurden. Übers Wochenende verteilt werden laut Schmidt aber nicht nur über 80-Jährige geimpft, sondern auch Mitarbeiter der Intensivund Covid-Isolierstationen in den Kliniken sowie einige Notärzte. „Das Klinikpersonal kommt mittlerweile auf dem Zahnfleisch daher. Die besten Betten nutzen nichts, wenn es keine Mitarbeiter gibt, die die Patienten versorgen“, sagte Landrat Joachim Bläse, der ebenfalls zum Impfauftakt ins KIZ gekommen war.
Inzwischen hat sich Alois Abel das Einführungsvideo angesehen und befindet sich im Aufklärungsgespräch mit einem Internisten. Gespannt erwarten ihn der Landrat und der ärztliche Leiter am Ende der Impfstraße in der Zone für die 15-minütige Nachbeobachtung. „Wir rechnen etwa 40 Minuten pro Person vom Check-in zum Check-out“, sagt Schmidt und schiebt hinterher: „Ich war erst vor Kurzem acht Tage im Zentralen Impfzentrum in Rot am See als ärztlicher Mitarbeiter und von den etwa 2000 Geimpften hatte wirklich keiner Komplikationen. Der Impfstoff ist also sehr gut verträglich.“
„Und jede einzelne Impfung, jeder Pieks rettet Leben“, fügt Bläse hinzu. Ziel sei es, zum Impfauftakt zwei „Nullen“zu erreichen: „Zum einen, dass keiner kollabiert, und zum anderen, dass keine Impfdosis verloren geht.“
Zumal es erst wieder neue Impftermine gebe, wenn weiterer Impfstoff in Sicht ist. „Ende nächster Woche wissen wir, wie es weitergeht“, sagt Ordnungsdezernent Thomas Wagenblast. „Die Liefersituation ist momentan fragil.“
Neben dem KIZ starten am Samstag zusätzlich zwei mobile Impfteams des Landkreises, die in den Alten- und Pflegeheimen in Tannhausen, Stödtlen, Ellwangen und Bopfingen zu impfen beginnen. „Wir haben jetzt fast die Hälfte aller Heime im Ostalbkreis geimpft oder terminiert“, berichtet Wagenblast stolz. Bisher habe die Aufgabe ein mobiles Impfteam aus Stuttgart erledigt.
Während Alois Abel im Hintergrund die Impfkabine betritt und deren Türen geschlossen werden, betont Landrat Bläse, dass derzeit alle auf heißen Kohlen sitzen, was die Impfung angehe. Trotzdem müsse jeder etwas Geduld mitbringen. Er sei schon gefragt worden, ob andere Gruppen weniger Wert seien und ob man die Kategorien nicht aufweichen könne. „Aber wir halten uns daran, was entschieden wurde. Wenn jeder seine eigene Philosophie hat, gibt es keine klare Linie“, sagt Bläse entschieden. Und Aalens Bürgermeister Karl-Heinz Ehrmann verdeutlicht noch einmal: „Wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass es überhaupt so schnell einen Impfstoff gibt? Der Landkreis, die Verbände und Organisationen leisten hier Großartiges und wir brauchen jetzt etwas Gelassenheit.“
Mit ein wenig Verzögerung, weil die EDV kurz hakte und man Alois Abel zunächst nicht korrekt erfassen konnte, kommt der erste Impfling schließlich aus der Kabine und nimmt auf einem Stuhl in der Nachbeobachtungszone Platz. „Mir geht es gut. Es war wie jede andere Impfung auch“, sagt er, während ein verschmitztes Lächeln hinter seiner FFP2-Maske zu erkennen ist.
Seine Tochter habe ihn zur Impfung angemeldet, erzählt der 89-Jährige. Seine vier Jahre jüngere Frau Helga ist erst in zwei Wochen an der Reihe. „Mir war schon letztes Jahr klar, dass ich mich impfen lasse. Ich will einfach sicher sein“, sagt die 85Jährige. Und Alois Abel fügt hinzu: „Es gibt keine Alternative.“Auch er werde seine Frau dann zu ihrem Termin begleiten.
Peter Schmidt unterhält sich noch eine Weile mit dem Ehepaar. Dann sagt er: „Wenn heute um 16.30 Uhr der Letzte rausgeht, dann kann ich auch das erste Mal durchatmen.“
„Entweder impfen oder sterben“,
sagt Alois Abel auf die Frage, warum er sich gegen Corona impfen lässt.