Wenn das Wohnzimmer zum Bolzplatz wird
Sport in Schule und Verein ist seit Monaten nicht mehr möglich – Drei Familien erzählen, wie sie sich behelfen
- Kein Sport in der Schule, kein Sport im Verein, und das schon seit November: Den Kindern und Jugendlichen geht in der Pandemie viel ab. Dazu sinkt die Hoffnung auf Lockerungen im März mit den wieder steigenden Inzidenzwerten. Doch zeigen die Beispiele von drei Ellwanger Familien auch: Es kommt darauf an, was man aus dem Lockdown macht.
„Also, ich finde den doof und vermisse den Sport sehr“, sagt Julia Wagner. „Ich glaube schon, dass ich weniger Bewegung habe.“Sie ist zehn Jahre alt und gemeinsam mit ihrer siebenjährigen Schwester Annika sehr aktiv gewesen, bis die Pandemie sie ausgebremst hat. „Ich finde es blöd, dass nichts stattfindet, auch in der Schule nicht“, meint auch Annika.
Ihre Mutter Kathrin Wagner erklärt: „Beide haben Schwimmen und Tanzen gemacht, Annika außerdem noch Leichtathletik.“Das alles fehlt. Es fehle der Ausdauersport im Wasser, es fehle die Bewegung zur Musik,
„Ich finde es blöd, dass nichts stattfindet“,
sagt die siebenjährige Annika Wagner.
mit der die Mädchen mitgehen können, bedauert Kathrin Wagner, die selbst bei der DJK Leichtathletikgruppen leitet. Es fehle so viel, das Gemeinschaftserlebnis und vom Tanzen die Auftritte, und doch: Es gebe auch Positives.
„Positiv ist, dass man die Nachmittage ganz frei gestalten kann“, sagt Kathrin Wagner. „Man ist nicht so getaktet.“Sie beobachte in der Familie mehr Spontaneität und Kreativität.
Julia erzählt, sie lese sehr gerne, male und höre dabei Musik und Geschichten auf CD. Ihre Schwester berichtet: „Nach der Schule mach ich Hausis und dann gehe ich raus und spiele.“Was ganz im Sinn ihrer Mutter sagt die Mutter Kathrin Wagner.
ist: „Ich schaue, dass die Kinder jeden Tag draußen sind.“Bei ihrem Kleinsten, dem vierjährigen Gabriel, sei das ohnehin kein Problem: „Die Kleinen hüpfen und springen.“Bei den Größeren zog im Januar der Schnee: „Schlittenfahren, Schlittschuhlaufen, das kam von den Kindern selbst“, sagt Kathrin Wagner, „und jetzt, wo’s wärmer wird, drängen sie auch von alleine raus.“Nur in der regnerischen Phase dazwischen musste sie als Mama aktiv sein. Da überredete sie ihre Töchter mal zu einer Radtour, mal zum Trimmdichpfad. Trotzdem wären alle froh, wenn das Schwimmen und Tanzen wieder losgeht. „Weil ich beides ziemlich gern hab’“, sagt Julia.
„Vereinssport ist sehr wichtig“, betont auch Katja Fuchs. Sie hat zwei Kinder, den fünfjährigen Lian, der im Verein Fußball spielt, und die achtjährige Mila, die beim Kindertanzen sagt Mutter Katja Fuchs.
des SV Rindelbach mitmacht. Es sei so gut für die Kinder, als Ausgleich zur Schule im Verein körperlich etwas zu machen. Auf dem Dorf finden sie so Freunde. Und dann helfe man im Verein ja auch bei Festen, engagiere sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft – auch das eine wichtige Erfahrung. All das fehle. Katja Fuchs merkt das zuhause und da besonders im Wohnzimmer. „Das ist für meinen Sohn ein Ersatzfußballplatz und für meine Tochter ein Tanzstudio“, lacht die Mutter und ist „froh, wenn das Wetter mitmacht“und ihre Wirbelwinde raus können. Im Lauf des Lockdowns habe das oft geholfen. Außer im November, als es um vier Uhr nachmittags schon dunkel wurde. Da wurde dann sie aktiv: „Wir haben Nachtwanderungen gemacht, denn nach dem Homeschooling raucht ja der Kopf.“Und es sei so wichtig, eine Balance zu haben zwischen Denken und Bewegen.
Auch bei der Familie Bacaci vermisst man den Sport. „In letzter Zeit fehlt er mir besonders“, sagt Annika Bacaci. Denn die 14-Jährige ist Leichtathletin, und jetzt kommt der Frühling: „Das ist dann perfekt, wenn wir draußen sind.“Sind sie aber bisher nicht. Außerdem fallen das Tanzen, das Reiten und die Akrobatik aus, ebenso wie für Annikas neunjährige Schwester Silja, die in normalen Zeiten zusätzlich auch noch ins Kinderturnen des SV Rindelbach gehen und außerdem beim Eltern-KindTurnen helfen würde, das ihre Mutter leitet.
„Ja, es ist sehr schade, dass gerade fast nichts stattfinden kann“, sagt Gerlinde Bacaci. „Ich selbst mache sagt die 14-jährige Annika Bacaci.
Sport, seit ich denken kann, und finde ihn auch für die Kinder sehr wichtig.“Sport mache Spaß, bringe soziale Kontakte mit anderen Kindern als denen in der Schule und natürlich Vorteile für die körperliche Entwicklung. Man müsse akzeptieren, dass wegen der Coronapandemie all diese Dinge derzeit hintenan stehen müssen, versteht Gerlinde Bacaci.
Und immerhin: Ein wenig Training für die Akrobatikgruppe finde am Wochenende über Zoom statt. Ihre
ältere Tochter sieht auch Positives: „Man kann mehr chillen“, findet sie. Letztendlich würde sie sich aber freuen, „wenn’s endlich wieder losgeht“.
Ihr 17-jähriger Bruder Adrian hat bereits die Initiative ergriffen. „Ich habe vor einigen Wochen angefangen, joggen zu gehen, um wieder fitter zu werden“, erzählt er. Vor Corona hat er zweimal die Woche Fußballtraining gehabt und fast jedes Wochenende ein Spiel. „Das geht alles nicht mehr.“Jetzt habe der Trainer den Aktiven Wochenziele für die Ausdauer gesetzt.
„Positiv ist, dass man die Nachmittage ganz frei gestalten kann. Man ist nicht so getaktet“,
„Vereinssport ist sehr wichtig“,
„Man kann mehr chillen“,
„Ich habe angefangen, joggen zu gehen, um wieder fit zu werden“,
sagt der 17-jährige Adrian Bacaci.
Und so scharren sie alle mit den Hufen. Nach den aktuellen CoronaRegeln ist kontaktarmer Gruppensport im Freien mit bis zu 20 Kindern bis einschließlich 14 Jahre erlaubt, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 bleibt.
Doch selbst wenn: Kathrin Wagner ist gespannt, ob dann wirklich jeder in jede Sportgruppe und in jedes Hobby zurückkehren wird. „Seit Weihnachten hat doch jeder in seiner eigenen Welt gelebt. Da wird auch Motivationsarbeit nötig sein.“Die Übungsleiterin signalisiert: „Wir freuen uns über jeden, der wieder kommt.“