Ist Deutschland bereit für den Bundes-Loddar?
Hätte Deutschland (so wie auch die gesamte Welt) derzeit – beziehungsweise nun beinahe genau ein Jahr – nicht drängendste Probleme, wäre die Diskussion aktuell wohl eine viel weitreichendere. Der Bundestrainer geht von Bord, und kein klarer Nachfolger ist in Sicht. Nach 14 Jahren auf der Kommandobrücke zieht es Joachim
Löw nach der Europameisterschaft in DFB-Rente, er hinterlässt einen Posten, der in normalen Zeiten gefühlt direkt hinter dem ersten Mann beziehungsweise der ersten Frau im Staate anzuordnen ist. Doch in Corona-Zeiten ist nun einmal alles etwas anders. Und so hört und liest der geneigte Fan zwar nebenbei die Namen, kommentiert wohl auch mit etwas Häme und was auch immer das Internet auswirft, die Beiträge, doch so richtig von öffentlichem Interesse und Belang ist das nicht wirklich.
Vielleicht also gerade die richtige ● Gesamtkonstruktion, um den lethargisch auf der Couch dahinsiechenden Sportfans eine Lösung zu präsentieren, die noch vor Jahren eher als neururerhafter Treppenwitz durchgegangen wäre: Lothar Matthäus. Ja, eben jener deutsche Rekordnationalspieler. Jener beinahe 60-Jährige, der sich in den vergangenen Jahren seiner Dieter-BohlenHaftigkeit entledigt zu haben scheint. Seiner Boulevard-Dominanz, die Loddar, dem Libero, beinahe zwei Jahrzehnte hindurch auch nach seinem aktiven Karriere anhaftete. Doch die naive Kauzigkeit, mit der Matthäus zumeist auffiel (neben seinen breitgetretenen Frauengeschichten) hat der gebürtige Erlangener weitestgehend abgeschüttelt. Natürlich wird niemand Loddar ganz aus dem Herrn Matthäus bekommen,
doch füllt der 59-Jährige die Rolle als TV-Experte seit Jahren souverän und mit fundiertem Wissen aus. Und während sich die noch Jahre bei ihren Vereinen angestellten Jürgen
Klopp oder Thomas Tuchel weiter ihren Aufgaben widmen wollen, Julian Nagelsmann noch zu unerfahren scheint, Ralf Rangnick sich angeblich das Großprojekt FC Schalke ans Bein binden möchte und Matthias Sammer wohl aufgrund seiner Prioritäten
nicht infrage kommt, wagt sich zumindest Kandidat Matthäus ein wenig aus der Deckung. Fast zehn Jahre nach seinem letzten Trainerjob erklärte der 150-Länderspiele-Mann am Wochenende wiederholt bei Sky, dass sein Lebensplan zwar anders aussehe, aber: „Ich bin jemand, der gerne hilft. Wenn ich das Gefühl hätte, dass die Verantwortlichen geschlossen dahinterstehen, dann würde ich mir Gedanken machen.“
Der Deutsche Fußball-Bund müsse ● sich aber jetzt „erst selbst einmal finden. Der DFB muss wissen, was wollen wir und wem trauen wir es zu“, sagte Matthäus. Für den Weltmeister von 1990 ist Hansi Flick allerdings „der ideale Kandidat“. Der derzeitige Bayern-Coach und langjährige LöwAssistent hat vergangene Woche nicht explizit Nein gesagt zu Spekulationen, dass er zum DFB zurückkehre. Doch ob es wirklich einen Weg gibt, dass die Münchner ihren Sextuple-Trainer gehen lassen, scheint mehr als fraglich. Matthäus dagegen wäre frei. Auch wenn es für ihn nie zum Greenkeeper bei seinem Ex-Club FC Bayern München reichte (die Älteren werden sich erinnern), könnte nun das höchste deutsche Traineramt winken. Die Fürsprecher zumindest mehren sich. Selbst für Ex-Bayern-Macher Uli Hoeneß wird jemand, der so viel von Fußball verstehe wie Matthäus, „natürlich in die Verlosung kommen“. Auch Ikone
Franz Beckenbauer sagte: „Warum nicht Lothar?“Und einmal Hand aufs Herz, sind die Bieder-Lösungen Stefan Kuntz oder Markus Sorg wirklich besser als der Ex-Nationalcoach von Ungarn und Bulgarien? Die entscheidende Frage ist aber: Ist Deutschland bereit für den BundesLoddar?