Anna-Schwestern feiern 100-jähriges Bestehen
Die Schwesternschaft bereitet für das Jubiläum eine Ausstellung vor
- Die Anna-Schwestern feiern in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. „Das Annaheim und die Anna-Schwestern waren eins“, sagt Generaloberin Schwester Veronika Mätzler zur Geschichte des Ordens, der eng mit der einstigen Geburtsklinik auf dem Ellwanger Kugelberg verbunden ist: „Das Annaheim war wie ein Kosenamen, das hat zu uns gehört. Auf diesen Kosenamen sind wir auch stolz.“Die Kongregation hat ihren Ursprung auf dem Schönenberg. Dort wurde am 28. August 1921 Kreszentia Harder als erste Schwester durch den Schönenbergpfarrer Anton Eberhard eingekleidet. Diese Einkleidung ist zugleich die Geburtsstunde der AnnaSchwestern.
Die Schwesterngemeinschaft wuchs in den ersten Jahrzehnten beständig und hatte zu ihren Hochzeiten 251 Ordensschwestern. Heute zählen die Anna-Schwestern nur noch 45 Ordensfrauen: 38 in Ellwangen und sieben in Stuttgart. „Mit 45 Schwestern kann man keine drei Kliniken aufrecht erhalten“, sagt Schwester Veronika Mätzler etwas wehmütig und beklagt: „Ein Einschnitt war 2007 der Betriebsübergang unserer Frauenklinik in die Virngrundklinik. Dieser Schritt hat schon auch viel Herzblut gekostet.“
Unter ihrem Sendungsauftrag „Dem Leben dienen“konzentrieren sich die Schwestern in Ellwangen jetzt auf die Tätigkeit in Seniorenheim, Tagespflege, Hospiz, Haus Lebensspur, Kloster und Mutterhaus. In diesen Einrichtungen sind 90 hauptamtliche und circa 60 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Im früheren Kreißsaal des Annaheims ist heute das SiegerKöder-Museum untergebracht. „Wo früher die Kinder auf die Welt gebracht wurden, atmen jetzt die Bilder von Sieger Köder“, blickt Schwester Veronika auf die hundertjährige Geschichte der AnnaSchwestern, die mit der Einkleidung von Schwester Kreszentia Harder begann.
Die am 5. Februar 1893 in Tomerdingen bei Blaubeuren geborene Kreszentia Harder kam vermutlich im Jahr 1916 als Hausangestellte nach Ellwangen. Bei Versammlungen des Dritten Ordens (Franziskanerinnen) traf sie auf Pfarrer Anton Eberhard. Der war von 1911 bis zu seinem Tod am 8. Juni 1927 Schönenbergpfarrer. Als Freund der Armen und Bedrängten hatte er vor, eine Schwesternschaft im Dienste der Familie zu gründen.
Es war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Viele Männer waren im Krieg gefallen, andere schwer verwundet. Die Armut und die Not in den Familien war groß. Als Wallfahrtspriester kannte Eberhard die Sorgen und Nöte der Pilger. Vor diesem Hintergrund erkannte er die Notwendigkeit der Familienpflege, mit der er auch den Dienst der Wöchnerinnen- und Säuglingspflege verband.
Kreszentia Harder absolvierte am 15. März 1921 einen Kurs für Familienund
Wochenbettpflege und war bereit, sich dem Werk Pfarrer Eberhards anzuschließen. Zur Patronin der Schwesternschaft und für den mütterlichen Dienst wurde die heilige Anna gewählt, die Mutter Mariens und Großmutter Jesu. Denn auf dem Schönenberg gibt es einen Anna-Altar, und „Anna“heißt „Gnade“.
Pfarrer Eberhard erstellte 1921 für seine Neugründung eine Satzung mit dem Titel „Satzung des Vereins der Annaschwestern vom 3. Orden des hl. Franziskus“. Das Bischöfliche Ordinariat mit Bischof Paul Wilhelm von Keppler an der Spitze genehmigte am 6. November 1923 die Satzung mit dem Namen „Verein der St. Anna-Schwestern e.V.“. Unter diesem Namen wurde die Neugründung in das Vereinsregister in Ellwangen eingetragen.
Kreszentia Harder wurde am 1. September 1921, nur wenige Tage nach ihrer Einkleidung am 28. August 1921, nach Tuttlingen entsendet, wo sie von Schuhfabrikant Rieker für die Familien seiner Werksangehörigen angestellt wurde. Ab 3. April 1923 setzte sie sich mit zwei weiteren Schwestern in Schramberg als Wochenund Hauspflegerin ein. Am 16. Juli 1924 wurde Schwester Kreszentia Harder durch 23 Anna-Schwestern zur ersten Oberin gewählt, für zunächst drei Jahre. Pfarrer Anton Eberhard setzte die Ordensfrau am Fest der Unbefleckten Empfängnis, am 8. Dezember 1924 in ihr Amt ein.
Erste Unterkunft für die Schwestern in Ellwangen war für kurze Zeit das Kinderheim Graf. Bald schon wurden sie jedoch heimatlos. Auf Initiative von Kaplan Karl Merz wurde das leer stehende, der Diözese gehörende Gebäude in der Nikolaistraße 4 erstes Mutterhaus. Das Haus daneben, Nikolaistraße 6, wurde 1926 erstes Wöchnerinnenheim. Und 1931 wurde auf dem ehemaligen Grundstück des Stadtrats und Weinhändlers Josef Baumgärtner das erste Annaheim gebaut. In der integrierten Kapelle wurden die Kinder getauft.
Die Nachfrage nach AnnaSchwestern in den Gemeinden war sehr groß. Beim Tod des Gründers Anton Eberhard im Jahr 1927 waren bereits 60 Anna-Schwestern auf 16 Stationen tätig. Bis 1946 wurde Kreszentia Harder in dreijährigem Turnus als Oberin wiedergewählt. In diesen mehr als 20 Jahren entstanden zahlreiche Familienpflegestationen sowie das Wöchnerinnenheim in Ellwangen (1926) und in Bad Cannstatt. Beide wurden zu Frauenkliniken ausgebaut.
Schwester Benigna Niedermaier wurde 1946 Nachfolgerin von Kreszentia Harder, die in diesem Jahr Hausobere im Schwesternheim im Eckartshaldenweg in Stuttgart wurde und dort für bis zu 20 Schwestern zuständig war, die im Großraum Stuttgart als Familienpflegerinnen eingesetzt waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Sankt-Anna-Verein eine Eintrittswelle, sodass die Dienste auf den Stationen in Kindergärten und Krankenpflege sowie in den Kliniken weiter ausgebaut werden konnten. In den 1960er Jahren erreichten die Anna-Schwestern ihren Höchststand mit 251 Schwestern in 51 Stationen und Wirkungsorten innerhalb der damaligen Diözese Rottenburg, von Friedrichshafen bis Bad Mergentheim, von Schramberg bis Wangen im Allgäu. Große Unterstützung erfuhren die Schwestern von den Elisabethenvereinen in Ellwangen (unter Elisabeth Gräfin Adelmann) und Stuttgart (Gräfin von Soden).
1955 wurde die Satzung neu gefasst, die Schwesterngemeinschaft hieß jetzt „Gemeinschaft der St. Anna-Schwestern e.V.“. Seit 2015 lautet der Name der Gemeinschaft „AnnaSchwestern, Franziskanerinnen von Ellwangen e.V.“. Kreszentia Harder, die 1962 und 1983 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, verstarb am 17. September 1985, nachdem sie knapp zwei Jahre zuvor ins Mutterhaus nach Ellwangen zurückgekehrt war.
Da der Nachwuchs an Schwestern in den letzten Jahrzehnten sehr gering war, wurden mit der Zeit die Außenstationen aufgelöst und zum Teil von Sozialstationen übernommen. 1999 wurde die Sankt-Anna-Stiftung gegründet. Eine Klinik und ein Seniorenheim in Bad Cannstatt wurden hineingestiftet. Zur Stiftung gehören unter anderem auch das Seniorenheim in Stimpfach und das Sankt Anna MediArt in Ellwangen sowie Beteiligungen am Altenpflegeheim Bühlerzell, an der Annapflege und am Borromäum in Ellwangen.
„Wir sind dabei, eine Ausstellung vorzubereiten“, berichten die Generaloberin der Anna-Schwestern, Schwester Veronika Mätzler, und Schwester Assumpta Seitz, die von 1979 bis 1991 Generaloberin war, gegenüber der „Ipf- und Jagst-Zeitung“.
Die Feier des Jubiläums steht wegen der Corona-Pandemie unter Vorbehalt. Geplant ist, Ende Juni mit den Mitarbeitern ein Fest zu feiern. Am 16. Juli soll Weihbischof Thomas Maria Renz bei einem Festakt die Ausstellung eröffnen. Am 18. Juli soll auf dem Schönenberg ein Pontifikalamt mit Bischof Gebhard Fürst stattfinden.
Zum eigentlichen Gründungstag am 28. August wollen die Schwestern auf dem Schönenberg intern feiern. Am 3. Oktober ist ein FranziskusSingspiel mit der Gruppe Impuls geplant.