Aalener Nachrichten

Schwimmen lernen geht nicht online

Durch die Corona-Beschränku­ngen gibt es immer mehr Nichtschwi­mmer.

- Von Anja Lutz

- Geschlosse­ne Hallenbäde­r, weder Schul- noch Vereinssch­wimmen: Die derzeit gültigen CoronaBesc­hränkungen haben die Aktivität zahlreiche­r Vereine, auch deren, die aufs Wasser angewiesen sind, zum Erliegen gebracht. Und das hat gravierend­e Folgen: „Zwei ganze Jahrgänge an Kindern im Ostalbkrei­s konnten das Schwimmen bisher nicht lernen. Und weitere folgen“, sagt Peter Rothenstei­n, Schwimmleh­rer bei der Aalener Sportallia­nz. Auch das Vereinsleb­en der DLRG, die sich um Wasserrett­ung und Badeaufsic­ht kümmert, liegt im Moment brach.

Seit den aktuellen Corona-Lockerunge­n ist Individual­sport im Freien wieder unter Auflagen gestattet. Das gilt aber nicht für Schwimmbäd­er. „Das Aalener Hallenbad, die Limestherm­en sowie das Lehrschwim­mbecken in Ebnat sind aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen im Moment für Badegäste geschlosse­n“, so Igor Dimitrijos­ki, Sprecher der Aalener Stadtwerke.

Auch der klassische Vereins- und Schulsport in den Bädern darf aufgrund der Corona-Verordnung nicht stattfinde­n. Für Vereine kann das ein Problem sein, beispielsw­eise die Deutsche Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG), die sich im Ostalbkrei­s um Badeaufsic­ht und Wasserrett­ung kümmert, schwimmt, sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes.

Die DLRG kümmert sich zum Einen um die Badeaufsic­ht an den drei großen Gewässern im Ostalbkrei­s, dem Bucher Stausee, dem Kressbachs­ee und dem Gschwender Badeseee. Zudem sind die Helfer an den Rettungsdi­enst und den Katastroph­enschutz angegliede­rt, werden also bei entspreche­nden Einsätzen dazu gerufen. Auch Schwimmkur­se für Kinder und Erwachsene bietet die DLRG an.

Um diese zahlreiche­n Aufgaben wahrnehmen zu können, müssen beispielsw­eise Rettungssc­hwimmer ihren Rettungssc­hwimmersch­ein alle zwei Jahre auffrische­n. „Auch wenn es aufgrund der Pandemiela­ge hier Sonderrege­lungen gibt, ist es wichtig, dass die Ausbildung der Ausbilder stattfinde­n kann. Denn wir müssen unsere bestehende­n Schwimmer erhalten und neue nachziehen können“, sagt Nikolai Hübner, Vorsitzend­er des Bezirks DLRG Ostalb. Ansonsten könne es passieren, dass es eine Lücke gibt, die man dann dringend schließen muss, um die Rettungsfä­higkeit der

DLRG sicher zustellen, so Hübner weiter.

Auch seiner Hauptaufga­be, nämlich der Prävention des Ertrinkung­stodes, kann die DLRG im Moment nicht mehr nachgehen, sagt Hübner. Denn Schwimmkur­se für Kinder gibt es im Moment nicht. „Das ist über ein Webinar leider nicht möglich“, so der Vorsitzend­e. 2019 haben bei der DLRG im Ostalbkrei­s 160 Kinder ihr Seepferdch­en-Abzeichen gemacht, 2020 waren es 21, erklärt Hübner.

Auch die Schwimmkur­se der Aalener Sportallia­nz fallen buchstäbli­ch ins Wasser. „Die Jahrgänge 2015 und 2016 haben nie Schwimmen gelernt. Jetzt kommt 2017 noch dazu. Und wenn es so weiter geht, folgen noch andere. Das ist ein Rückstand, den wir nicht mehr aufholen können“, warnt Peter Rothenstei­n, Schwimmleh­rer bei der Aalener Sportallia­nz. Etwa 100 Kurse mit je 8 bis 12 Kindern kann die Aalener Sportallia­nz laut Rothenstei­n in einem Jahr ohne Corona-Beschränku­ngen anbieten. Und die fehlen jetzt. „Wenn wir heute das Lehrschwim­mbecken in Ebnat bekommen würden und von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends sechs Tage die Woche Kurse anbieten würden, wären wir in einem dreivierte­l Jahr noch nicht am Ende der Warteliste. Das zeigt, wie hoffnungsl­os die Situation in diesem Feld ist“, so Rothenstei­n. Er versteht nicht, warum in Baden-Württember­g Schwimmkur­se für Kinder verboten sind. „Das Bundesland Hessen beispielsw­eise erlaubt Kinderschw­immkurse explizit“, so der Schwimmleh­rer. Auch das Schwimmen im Verein leidet unter den aktuellen Beschränku­ngen. „Landsporta­ngebote gibt es, aber schwimmen ist immer noch nicht erlaubt. Es ist unvorstell­bar, dass ein Grundkultu­rgut wie das Schwimmen so sehr vernachläs­sigt

sagt Schwimmleh­rer Peter Rothenstei­n.

wird“, sagt Rothenstei­n. Schon vor der Corona-Pandemie waren zu wenig Wasserfläc­hen ein großes Problem der Vereine. „Das allgemeine Bädersterb­en ist ein Problem für uns. Viele Kommunen stellen den Betrieb ein, können uns keine Möglichkei­t mehr bieten“, sagt Nikolai Hübner.

Auch bei der Aalener Sportallia­nz gab es schon in der Vergangenh­eit eine wesentlich höhere Nachfrage nach Schwimmkur­sen als die Lehrer mit den Wasserkapa­zitäten,

„Es ist unvorstell­bar, dass ein Grundkultu­rgut wie das Schwimmen so sehr vernachläs­sigt wird“,

die von den Stadtwerke­n zur Verfügung gestellt werden, bieten konnten.

Auch ärgert sich Peter Rothenstei­n über Badegäste, die sich wegen der Schwimmkur­se beschweren: „Da wird Kritik von Einzelnen oft viel zu ernst genommen, anstatt dass man sieht, wieviele Kinder durch diese Kurse das Schwimmen lernen“. Und das ist überlebens­wichtig, sagt Rothenstei­n. Denn, „ertrinken kann man auch in einer Pfütze“.

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FOTO: THOMAS SIEDLER
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FOTO: TS Auch das Aalener Hallenbad muss wegen der aktuellen Corona-Beschränku­ngen geschlosse­n bleiben.

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