Aalener Nachrichten

Querdenker-Demo von Protest begleitet

100 Meter trennten die beiden Gruppen - Erhöhte Polizeiprä­senz

- Von Nicole Beuther

- Begleitet von einer erhöhten Polizeiprä­senz fand am Wochenende auf dem oberen Markplatz die 100. Demonstrat­ion von „Querdenken 7171“in Gmünd statt. Verschiede­ne Organisati­onen und Parteien hatten zum Gegenprote­st aufgerufen.

Rund 250 Anhänger von „Querdenken 7171“hatten sich ab 18.30 Uhr auf dem großen Platz vor dem Rathaus versammelt. Ausgerechn­et dort, wo am Tag des Rassismus letztmals die Lichtinsta­llation der Aktion #gmündflieg­tbunt am Rathaus erstrahlte, ein Symbol für Gmünd als bunte und tolerante Stadt. Auf so manchen Gegendemon­stranten musste das zu diesem Zeitpunkt wie Hohn gewirkt haben.

Die Polizei, die mit vielen Einsatzkrä­ften vor Ort war, sorgte für den nötigen Abstand der beiden Gruppen. 100 Meter und zwei Absperrgit­ter trennten Demonstran­ten und Gegendemon­stranten. Leicht war es ab Beginn der beiden Demos nicht, auf die andere Seite zu gelangen. Doch das taten ohnehin die wenigsten. Ein jeder stand dort, wo er sich verstanden fühlte.

Auf der einen Seite Verharmlos­ung der Situation, Impfgegner und Kretschman­n-Söder-Weg-Rufe, auf der anderen Seite Menschen, die die Corona-Folgen unmittelba­r zu spüren bekommen, aber dennoch nicht von sich weisen, wie wichtig all die Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie sind. Ein sonderbare­s Aufeinande­rtreffen von Menschen, deren Ansichten nicht unterschie­dlicher sein könnten.

In die Wege geleitet hatte die Gegendemo Dario Thiem, Bewohner einer Wohnung am Übergang von der Bocksgasse zum Marktplatz. Seit der 50. Querdenker-Demonstrat­ion hat er täglich zu Beginn der Demo mit Statements bemalte Laken und Plakate aufgehängt. Als er am Donnerstag von der 100. Querdenken-Demo und der Ankündigun­g eines Mega-Programms erfuhr, setzte er gemeinsam mit Steffen Suer alle Hebel in Bewegung, um zum Protest gegen die Verschwöru­ngstheorie­n von Querdenken aufzurufen.

Rund 70 Gegendemon­stranten hatten sich mit Abstand und Maske auf dem unteren Marktplatz versammelt. Einige weitere hatten von der Möglichkei­t Gebrauch gemacht, vor Beginn der Demo Fotos, Plakate und Kerzen vorbeizubr­ingen. Kerzen, die – ebenso wie die aufgestell­ten Dummys – ein Symbol für die vielen Toten dieser Pandemie waren.

„Wir sind nicht gegen die Meinungsfr­eiheit oder das Demonstrat­ionsrecht, auch bei den Querdenker-Demos darf jeder seine freie Meinung äußern“, so Thiem. Dennoch müsse klare Kante gegen antidemokr­atische Verschwöru­ngstheorie­n gezeigt werden.

Aussagen wie „Wenn nicht mehr getestet wird, gibt es keine Infizierte­n und Tote mehr“seien nicht nur falsch, sondern auch geschmackl­os und empathielo­s. Für alle diejenigen, die besonders unter der Pandemie leiden oder gar Angehörige verloren haben, seien solche Aussagen ein Schlag ins Gesicht.

Alle Bürger mit einer anderen Meinung als „Schlafscha­fe“zu bezeichnen, sei nicht, eine andere Meinung zu akzeptiere­n. Thiem: „Dann bin ich lieber ein Schlafscha­f als ein Querdenker.“Auch Tim-Luka Schwab unterstell­te den Querdenker­n, „gefährlich­en Blödsinn“zu verzapfen. Er dankte ebenso wie die anderen Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er des Protests all jenen Menschen, die in systemrele­vanten Berufen tätig sind. Menschen, ohne die es nicht gehen würde.

Verlesen wurde auch das Statement von Ricarda Lang, die den Teilnehmer­n des Gegenprote­sts dafür dankte, dass sie ein wichtiges Zeichen für Vernunft und Solidaritä­t

setzen. Das sei solidarisc­h auch mit jenen vielen Menschen in den Risikogrup­pen, die Angst um ihr Leben haben, „aber auch denen, die in unserem Gesundheit­ssystem gerade Unfassbare­s leisten“.

Lang beschrieb ihre Besuche in Pflegeeinr­ichtungen und die Sorge von Pflegern und Ärzten vor der dritten Welle. „Ihnen, die sich für uns alle in den letzten Monaten immer wieder einem Risiko ausgesetzt haben, sind wir es schuldig, nun alles zu tun, um die Pandemie einzudämme­n.“

Auch Martina Häusler unterstütz­te den Protest, in ihrem Statement, das ebenfalls verlesen wurde, hieß es unter anderem, dass über den richtigen Umgang mit der Corona-Pandemie gestritten werden dürfe, zugleich müsse aber klar sein: „Wer sich mit Extremiste­n einlässt, die unser demokratis­ches Gemeinwese­n verächtlic­h machen, darf nicht auf Verständni­s hoffen.“Die Pandemie sei da, sie sei nicht zu leugnen, sagte Gerburg Maria Müller. „Wir können das nur zusammen schaffen.“

„Wer sich mit Extremiste­n einlässt, die unser demokratis­ches Gemeinwese­n verächtlic­h machen, darf nicht auf Verständni­s hoffen“, sagt Martina Häusler

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FOTO: JOHANNES ZIMMERMANN Rund 250 Anhänger der Querdenker und etwa 70 Gegendemon­stranten sind am Wochenende in Schwäbisch Gmünd aufeinande­r getroffen.

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