Abiprüfungen sollen zur Not ausfallen
Gewerkschaftsvorstoß stößt auf Skepsis – Sorge um Schulunterricht nach den Ferien
- Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte, die Abiturprüfungen wegen der Pandemie notfalls ausfallen zu lassen. GEW-Chefin Marlis Tepe sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen.“Dann könnten die Leistungen aus dem Unterricht zur Grundlage der Notengebung werden. Tepe erhielt jedoch Widerspruch. So sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchefin Britta Ernst (SPD), alle arbeiteten mit Hochdruck an sicheren Prüfungsbedingungen. „Niemand sollte die Jugendlichen, die jetzt vor dem Abschluss stehen, zusätzlich zur normalen Prüfungsnervosität verunsichern.“
Unklar ist unterdessen, wie und ob es mit dem Unterricht nach den Osterferien weitergeht. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek sagte angesichts steigender CoronaZahlen:
„Es wird überall eine Gratwanderung sein und sehr vom regionalen Infektionsverlauf gerade auch unter den Kindern und Jugendlichen abhängen“, so die CDU-Politikerin. „Es werden in den Schulen noch einmal ganz schwierige Wochen, in denen ein Präsenzunterricht leider immer wieder am seidenen Faden hängen wird.“
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding kritisierte: „Wenn Bundesbildungsministerin Karliczek verhindern will, dass der Präsenzunterricht weiter an einem seidenen Faden hängt, muss sie handeln: Die Test- und Hygienekonzepte, von denen sie spricht, müsste es längst flächendeckend geben“, sagte Suding.
In Baden-Württemberg soll es eine Testpflicht an Schulen ab der zweiten Woche nach den Osterferien geben. In der ersten gibt es Fernunterricht für fast alle Schüler. In den weiterführenden Schulen sollen sich die Kinder selbst zweimal pro Woche unter Aufsicht der Lehrer testen. Grundschulen sollen die Testkits auch den Eltern mit nach Hause geben dürfen. In Bayern ist ebenfalls eine Testpflicht angedacht.
- Ab der zweiten Woche nach den Osterferien wird es an den Schulen in Baden-Württemberg eine Testpflicht auf das Coronavirus geben. Nach Plänen der Landesregierung sollen die Tests nicht für alle Kinder zwingend an den Schulen durchgeführt werden. Das geht aus der Kabinettsvorlage zur Änderung der Teststrategie hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt und die die Landesregierung am Gründonnerstag beschlossen hat. Demnach sollen Grundschüler und Kinder mit geistiger oder körperlicher Behinderung, die an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) lernen, die Tests auch daheim machen können. Wie ein negatives Ergebnis nachzuweisen ist, bleibt zunächst offen.
Lässt es die Ansteckungsrate im Land zu, sollen ab der zweiten Woche, also ab dem 19. April, möglichst alle Schüler im Wechsel zurück in die Klassenräume. Damit die Schulen dabei keine Infektionsherde werden, sollen verpflichtende CoronaSelbsttests den Präsenzunterricht flankieren. Zweimal pro Woche brauchen alle, die die Schule betreten wollen, ein negatives Testergebnis – außer für Abschlussprüfungen und andere schriftliche Klausuren.
Das gilt laut Kabinettsvorlage an allen Schulen, die in einem Kreis mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 liegen.
Eine Möglichkeit ist, einen Test etwa im Testzentrum der Kommune durchzuführen und das negative Ergebnis bei der Schule vorzuweisen. Zu Beginn liefert das Sozialministerium den Kommunen Testkits. Laut Ministerium sind 8,9 Millionen Tests bestellt, weitere drei Millionen Tests sollen noch geordert werden. Danach sollen die Kommunen selbst aktiv werden und die gekauften Tests mit dem Land abrechnen können. Bis Ende Juni steht laut Sozialministerium Geld für bis zu 39 Millionen Testkits
zur Verfügung. Das Kultusministerium will eine Einverständniserklärung vorbereiten, durch die sich Eltern mit den Tests an den Schulen einverstanden erklären. Doch nicht alle Schüler sollen die Schnelltests unter Aufsicht der Lehrer selbst durchführen müssen. Bereits vergangene Woche hatte das Kultusministerium erklärt, dass an Grundschulen externe Fachleute dabei helfen sollen.
Nun gibt es für Grundschulen noch mehr Freiheiten. Die kleineren Kinder sowie Schüler mit geistiger oder körperlicher Behinderung an SBBZen seien motorisch teilweise noch nicht in der Lage, den Selbsttest an sich vorzunehmen. „Für diese Schülerinnen und Schüler entscheidet die Schule, ob die Testkits zur Eigenanwendung durch die Personensorgeberechtigten im häuslichen Bereich an diese verteilt werden sollen oder die Testdurchführung in der Schule erfolgen soll.“Heißt: Jede Grundschule und jedes entsprechende SBBZ entscheidet selbst darüber, ob die Tests mit nach Hause genommen werden dürfen.
Wie in diesen Fällen negative Testergebnisse nachgewiesen werden sollen, ist noch unklar. Ein Sprecher von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) verweist auf eine Handreichung dazu, wie die Teststrategie des Landes umgesetzt werden soll. Diese soll in dieser Woche an die Schulen verschickt werden.
Doch es gibt Zweifel zur Umsetzung dieser Sonderregelung. „Unsere Haltung ist klar: Es muss genug Tests geben, dass allen Schülern zwei Tests pro Woche angeboten werden können“, sagt etwa Michael Hirn, Vize-Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Auch an den Grundschulen müssen diese Tests in der Schule vorgenommen werden. Dafür muss das Land sicherstellen, dass es genug Unterstützung von außen gibt, die die Tests mit den kleinen Kindern durchführen.“