Corona-Notbremse kommt nun per Gesetz
Verzicht auf Bund-Länder-Runde – Verschärfte einheitliche Regelungen im Eilverfahren
(dpa/sz) - Mit bundesweit einheitlichen und verpflichtenden Regeln für Regionen mit hohen Infektionszahlen soll die dritte CoronaWelle in Deutschland gebrochen werden. Nach massiven Streitigkeiten kam es am Freitag zu einer überraschenden Wende bei der Strategie von Bund und Ländern: Die für diesen Montag vereinbarte Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten fällt aus – stattdessen soll unter Federführung des Bundes im Eilverfahren das Infektionsschutzgesetz nachgeschärft werden. Ziel sei es, bundesweit einheitliche Regelungen zu schaffen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer.
Aus Sicht von Medizinern (siehe links) und Wissenschaftlern ist es hierfür höchste Zeit: So warnte Lothar Wieler, Chef des Robert-KochInstituts,
am Freitag davor, sich von den niedrigeren Zahlen um Ostern beirren zu lassen: „Wir haben genug andere Informationen. Wenn wir wissen, dass die dritte Welle da ist, und wenn wir wissen, dass wir in einem exponentiellen Wachstum sind, kann es doch nicht sein, dass man sich durch einige niedrige Zahlen über einige Tage irritieren lässt.“
Die Bundesregierung setzt darauf, dass es jetzt schnell geht: Die Änderungen am Gesetz sollen laut Demmer schon kommende Woche vom Kabinett beschlossen werden. Die nächste Sitzung der Bundesregierung werde von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen. Eine Ministerpräsidentenkonferenz soll es nächste Woche nicht mehr geben. Der Bundestag muss den Änderungen zustimmen, er kommt planmäßig vom kommenden Mittwoch bis Freitag zusammen. Auch der Bundesrat muss die Nachschärfungen billigen. Die nächste Sitzung der Länderkammer ist am 7. Mai geplant, es könnte aber eine Sondersitzung geben.
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, derzeit gebe es zu viele unterschiedliche Lockdown-Regelungen, etwa bei Schulschließungen. Die Bürger brauchten Transparenz, Klarheit und die Sicherheit, dass Maßnahmen überall dort eingesetzt würden, wo die Infektionszahlen hoch seien. Für den Fall, dass die SiebenTage-Inzidenz in einer Region den Wert von 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner übersteigt, hatten Bund und Länder bereits Anfang März Regeln vereinbart: Alle Lockerungen der Corona-Maßnahmen müssten demnach wieder vollständig zurückgenommen werden. Allerdings hat sich in den vergangenen Wochen vielfach gezeigt, dass diese sogenannte Notbremse nicht ausreichend angewendet wird – wie etwa Merkel kritisiert hatte.
Offenbar sollen diese Regeln nun im Infektionsschutzgesetz verbindlich festgeschrieben werden. Der Sender RTL zitierte am Freitag aus dem Entwurf zur Änderung des Gesetzes. Damit soll eine „bundesweit verbindliche Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 eingeführt“werden, wie es darin heißt. Außerdem plane der Bund für diese Notbremse eine Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr. Konkret wurde Regierungssprecherin Demmer dazu am Freitag jedoch nicht. „Das wäre den Verhandlungen vorgegriffen.“Sie betonte, dass das Vorgehen in enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern vereinbart worden sei.