Kein Stillstand im Lockdown
Der Ellwanger Weltladen in der Spitalstraße setzt auf sein Hygienekonzept und auf die Einsicht der Kundschaft
- Im Weltladen in der Spitalstraße hat es auch während der bisherigen Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown keinen Stillstand gegeben. Zu Beginn gab es nach Bestellung per Telefon oder Mail einen Lieferservice, nach entsprechenden Lockerungsmaßnahmen dann einen Abholservice. „Jetzt haben wir uns entschlossen, offen zu lassen, weil wir unser Hygienekonzept gut umsetzen können“, sagt die Vorsitzende des Treffpunkts Nord-Süd/Weltladen, Christine Ostermayer, und verweist in diesem Zusammenhang auch auf die derzeitige Rabattaktion für Kleidung. „Die Winterkleidung konnte ja nicht abgesetzt werden“, erklärt Ostermayer.
Wer aufmerksam durch die Stadt läuft, bemerkt, dass das Schaufenster des Ellwanger Weltladens immer wieder neu dekoriert wird von Martina Abele, Rahel John und Traude Jakob. Der Weltladen verkauft zu mindestens 60 Prozent Lebensmittel und hätte deshalb auch während der ganzen Pandemie offen haben können. Dennoch hatten sich die Verantwortlichen in einem „Akt der Solidarität“zunächst dazu entschlossen, den Laden wie die meisten anderen Geschäfte auch zu schließen, blickt Ostermayer zurück.
Doch jetzt hat der Laden wieder offen. „Bei uns braucht man keinen Termin“, berichtet die TreffpunktNord-Süd-Vorsitzende und verweist auf die einsichtigen Kundinnen und Kunden des Ladens im Blick auf die begrenzten Platzverhältnisse : „Unsere Kundschaft denkt mit, die ist wirklich vorsichtig und aufmerksam.“Man habe das Einkaufsverhalten „gut im Griff“. Vorsichtig seien auch die Mitarbeiterinnen des Weltladens. „Man muss mit Corona auch umgehen lernen, denn es wird nicht weggehen“, meint Ostermayer.
Den ersten Lockdown hatte der Weltladen „ganz gut aufgefangen“, wie Kassiererin Elisabeth Deis mit
Blick auf den Verkauf weiß. „Wir haben zwölf bis 15 Prozent weniger Umsatz als 2019“, berichtet sie über das Jahr 2020. Der zweite Lockdown habe dagegen einen Teil des Weihnachtsgeschäftes mitgenommen und gehe „schon ziemlich lang“, war zu hören.
Der Arbeitskreis des Treffpunkts Nord-Süd trifft sich jeden Donnerstagabend, um Organisatorisches zu erledigen, Veranstaltungen zu planen oder zu dekorieren, seit Januar allerdings virtuell über Zoom. „Das ist nicht vergleichbar mit persönlichen Treffen, aber anders als über Mail oder Telefon“, sagt Ostermayer.
Auch der faire Handel ist stark von der Corona-Krise betroffen. So gab es im Weltladen Schwierigkeiten vor allem bei der Lieferung von Gewürzen und Reis, von Produkten aus Nepal und von Textilien aus Peru. „Die durften lange Zeit gar nicht exportiert werden“, weiß Christine Ostermayer: „Die Lieferkette war nicht so wie sonst gewohnt. Teilweise waren auch die Häfen in den Exportländern gesperrt.“Kaffee und Tee hingegen habe es eigentlich immer gegeben.
Die Produzentinnen und Produzenten im „Globalen Süden“, in Afrika, Asien und Lateinamerika, sind von der Corona-Krise hart tangiert. Wegen der Ausgangssperren können viele von ihnen nicht in ihren Werkstätten arbeiten, fertig produzierte Ware kann teilweise nicht verschifft werden, und der Verkauf im Inland ist zum Erliegen gekommen. Auch die soziale Absicherung vieler Produzenten fehlt.
Der Ellwanger Weltladen möchte aus diesem Grund verstärkt internationale Solidarität zeigen und hat sich deshalb im vergangenen Jahr der Aktion #fairwertsteuer des Weltladen-Dachverbandes, des Forums Fairer Handel, der Fair-Handels-Beratung sowie zahlreicher Fair-Handels-Unternehmen
angeschlossen.
Mit der Aktion #fairwertsteuer wird die Mehrwertsteuer-Absenkung (von sieben auf fünf beziehungsweise von 19 auf 16 Prozent) an einen Fonds zur Unterstützung von Handelspartnern weitergegeben, die besonders von der Krise betroffen sind. „Wir haben insgesamt 1496 Euro #fairwertsteuer überwiesen“, berichtet Kassiererin Elisabeth Deis.
„Man muss einfach die gesamte Handelsstruktur überdenken“, fordert Christine Ostermayer einen Wandel in der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und mit Blick auf die Klima- und Flüchtlingskrise: „Damit alle anständig leben können, und nicht nur wir hier.“Das Lieferkettengesetz sei ein guter Anfang, es müsse allerdings nachgebessert werden. Denn man müsse in den Produktionsländern „vorher gucken, dass die Menschenrechte gewährleistet sind“, verlangt Ostermayer beispielsweise einen Brandschutz in den Produktionsstätten, Sicherheit in den Gruben, sichere Arbeitskleidung und die Reduzierung von Schadstoffaustritt.
Und der Umweltschutz komme nach wie vor zu kurz. Bis jetzt, so Ostermayer, seien nur Firmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, sich an das Lieferkettengesetz zu halten. Während der Pandemie seien die Menschen hier bei uns mit weniger ausgekommen, erhofft sie sich eine Rückbesinnung „wieder mehr auf Qualität“.
„Als Weltladen ist es uns sehr wichtig, dass es in Ellwangen wieder ein Kino gibt, weil wir in den letzten Jahrzehnten die Kooperation geschätzt haben“, sagt Christine Ostermayer mit Blick auf die Frauenfilme der letzten 20 Jahre: „Die waren immer ausverkauft. Es war bekannt, dass der Frauenfilm ein guter Tipp ist.“Es sei schade, dass man sich da nicht mehr treffen könne und man sich virtuell verabreden müsse, den Film anzugucken, bedauert sie die Schließung des Regina-Kinos.