Blauäugig auf Aktion der Querdenker hereingefallen
Waldhäuser Bürger kritisiert die Aktion Kinderschuhe und die Berichterstattung darüber im Gemeindeblatt
- Blauäugig sind die Initiatoren gewesen, die sich an Gründonnerstag an der bundesweiten Aktion Kinderschuhe beteiligt haben und vor dem Rathaus in Waldhausen mit dort abgelegten Schuhen auf die schwierige Situation der Kinder in Corona-Zeiten aufmerksam machen wollten. Das findet zumindest ein Leser, der sich bei den „Aalener Nachrichten“gemeldet hat. Denn hinter dem bundesweiten Protest habe Recherchen im Internet zufolge ein Teil der Querdenker-Szene gesteckt, die mit dieser Aktion Kinder für ihre Weltanschauung instrumentalisiert habe. Ebenso blauäugig sei die Ortsverwaltung gewesen, die die Aktion im aktuellen Gemeindeblatt von Waldhausen im Nachhinein unter „Amtliche Bekanntmachungen“positiv dargestellt habe.
Am Mittwochnachmittag landete die aktuelle Ausgabe des Amtsblatts des Aalener Stadtbezirks in dem Briefkasten des Waldhäuser Bürgers. Bereits auf den ersten Blick sei ihm der Artikel auf der ersten Seite aufgefallen. Unter dem Titel „Wann dürfen wir wieder gemeinsam singen?“wurde hier über die Aktion Kinderschuhe berichtet, die am 1. April vor dem Rathaus in Waldhausen initiiert wurde. Er selbst habe die Schuhe, die bis einschließlich Ostermontag dort drapiert wurden, gesehen, und sich schon da darüber geärgert, dass Kinder für Forderungen wie die Aufhebung der Maskenpflicht und die Abschaffung von Schnelltests an Schulen missbraucht werden.
Dass die Initiatoren der Aktion vor dem Rathaus in Waldhausen zu der vom Verfassungsschutz beobachteten Querdenker-Szene, gehören, unterstellt er nicht. Vielmehr hätten sich diese vor den Karren spannen lassen und seien blindlings dem Aufruf der Aktion gefolgt, die auch in den sozialen Netzwerken beworben wurde.
Hätten sie im Internet recherchiert und die Kommentare einiger User in den sozialen Medien gelesen, wäre ihnen schnell klar gewesen, dass hinter der Aktion kein harmloser Protest steckte und diese auch von Gruppen beworben wurde, die in Querdenker- und Verschwörungsgläubiger-Kreisen verortet werden. Nicht bedacht worden sei von den Waldhäuser Eltern auch die Symbolik der Aktion, die an die Vernichtung Hunderttausender Kinder und Erwachsener in den Konzentrationslagern der NS-Zeit erinnere. Nach der Befreiung der Konzentrationslager gingen Bilder von dort gefundenen Schuhbergen um die Welt.
Dass die Schuhe eine ungute Nähe zu Auschwitz hatten, meint auch der Pressesprecher der Stadt Schwäbisch
Gmünd, Markus Herrmann. In der Stauferstadt sei die Aktion untersagt worden. Wer beginne, Kinder zu instrumentalisieren, überschreite die Grenzen der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, argumentierte OB Richard Arnold. Der Grund für das Verbot sei allerdings nicht das rechte Gedankengut gewesen oder dass die Querdenker-Szene dahintersteckt, sagt Herrmann. „Wir bewerten Inhalte nicht, sondern jeder darf seine Meinung frei äußern.“Vielmehr seien die hohen Infektionszahlen ausschlaggebend gewesen, wegen denen auch andere Versammlungen und Demonstrationen abgesagt worden seien, sagt Herrmann.
„Ob ein Rathaus wie das in Waldhausen für solch eine Aktion herhalten darf, darüber kann man vielleicht noch streiten. Schließlich ging es um Meinungen, die man in einer Demokratie haben darf. Dass dann aber in einer amtlichen Publikation der Stadt eine offizielle oder zumindest offiziell scheinende ,Amtliche Bekanntmachung’ darüber erscheint, die zudem alles verharmlost, finde ich unmöglich“, sagt der Leser der „Aalener Nachrichten“. „Und was das Ganze noch schlimmer macht: Es wird kein Autor oder Autorin genannt. Das verstärkt den Anstrich des Offiziellen noch.“
Der Ortsvorsteher von Waldhausen, Patriz Gentner, entschuldigte sich im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten“für diese Form der Berichterstattung, die, wenn überhaupt, besser unter der Rubrik Vereinsmitteilung und ergänzt mit einem Autor hätte veröffentlicht werden sollen. Doch auch ihm sei nicht bewusst gewesen, dass hinter dieser Aktion die Querdenker-Szene steckte. Mit Blick auf die Aktion in Waldhausen beteuert er jedoch, dass es den Akteuren nur darum gegangen sei, auf das Leid ihrer Kinder in Corona-Zeiten aufmerksam zu machen und sie einfach blauäugig dem bundesweiten Aufruf gefolgt seien.
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