Den Menschen Sicherheit geben
Maikundgebung des DGB-Kreisverbands Ostalb kann in Präsenz stattfinden.
– Es ist mehr oder weniger in Stein gemeißelt: Der Tag der Arbeit gehört den Gewerkschaften. Doch die Corona-Pandemie macht natürlich auch nicht vor den Gewerkschaften halt, so dass die Kundgebungen in diesem Jahr entsprechend kleiner ausgefallen sind. So waren 30 kleinere Kundgebungen in Baden-Württemberg mit Abstand und entsprechenden Hygienekonzepten geplant gewesen, eine davon fand am Aalener Marktplatz statt.
In Aalen war es DGB-Kreisvorsitzender Josef Mischko, der die vielleicht rund 70 Anwesenden in seiner politischen Rede begrüßte. Und er rechtfertigte sogleich, warum diese Kundgebung auch in Pandemiezeiten in Präsenz stattfinden sollte: „Kapitalismus hört in einer Pandemie nicht auf zu existieren. Er nutzt die Krise. Deshalb stehen wir in Präsenz da, weil wir wissen, wie wichtig der 1. Mai für die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ist.“Aalens scheidender Oberbürgermeister Thilo Rentschler hatte im Vorfeld ebenfalls keinerlei Bauchschmerzen, da die entsprechenden Hygienemaßnahmen im Vorfeld abgesprochen worden seien.
Unter den Anwesenden waren unter anderem die Bundestagsmitglieder Leni Breymeier (SPD), Roderich Kiesewetter (CDU) und Margit Stumpp (Bündnis90/Die Grünen). Mischko unterstrich weiter, dass man die Abstandsregelungen, das Masketragen sowie Schnelltests „im Sinne der Solidarität und des Gesundheitsschutzes“als richtig erachte. Solidarität war auch bei der bereits zweiten Kundgebung unter Corona-Bedinungen ein gutes Stichwort: „Solidarität ist Zukunft“lautete das Motto. Solidarisch erklären sich die Gewerkschaften unter anderem mit den Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Mischko zählte auf, dass im vergangenen Jahr 6000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern sowie 3000 weitere in den Altenpflegeeinrichtungen bereits verlorengegangen seien, dem müsse Einhalt geboten werden. Der Applaus, den die Menschen in diesen Berufsgruppen in der Vergangenheit erhalten hätten, tue zwar für den Moment gut, ändere aber nichts an den „harten Arbeitsbedingungen, an der Arbeitsverdichtung“. „Wir fordern dringend mehr Personal,
verlässliche und planbare Arbeitszeiten und wir brauchen endlich eine Entlastung für die Kollegen und Kolleginnen, damit die tollen Berufe in Kliniken und Pflegeheimen wieder für alle attraktiver werden und der Nachwuchs gesichert wird.“Hier dürfe es vor allem nicht am Geld scheitern. Den Kreistag forderte er auf, die Servicegesellschaften wieder in die Kliniken zu integrieren. Nicht integriert werden sollen derweil Nationalismus, Chauvinismus oder Rassismus: „Wir brauchen eine Politik, die alle mitnimmt, egal welcher Hautfarbe, Religion, Nationalität, geflüchtet oder aus anderen Gründen“, so Mischko
Der Bevollmächtigte der IG Metall Aalen, Kai Burmeister, wies in seiner Rede darauf hin, was man bereits alles erreicht habe, unter anderem: die Ausweitung der Kurzarbeit von zwölf auf 24 Monate, die Grundrente, die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld oder der Schutzschirm für Auszubildende. „Ich habe Verständnis für all diejenigen, die sich um die Freiheitsrechte sorgen, das politische Handeln der Bundes- und Landesregierung hinterfragen“, so Burmeister. Wer sich aber Querdenkern anschließe, fordere eine Gesellschaft, „die die gesundheitlichen Gefahren der Pandemie für Millionen von
Menschen leugnet“. Doch nicht nur die Pandemie stelle die Gesellschaft aktuell vor große Herausforderungen, sondern auch die Transformation und Digitalisierung. Das alles gehe auch nicht an den Bereichen wie Chemie, Handel, Banken oder Versicherungen spurlos vorbei. Die Banken
sind das aktuellste Beispiel. „Die Commerzbank, Deutsche Bank und jetzt auch die BW-Bank schließen Filialen“, was alles einhergehe mit Personalreduzierung, sagt Burmeister. So stelle man sich seitens der Gewerkschaften den Wandel nicht vor. Den Menschen müsse im Wandel Sicherheit geboten werden, denn „Angst ist ein schlechter Wegbereiter“, so Burmeister weiter. Anerkennung und Respekt seien das Mindeste, was man von den Arbeitgebern verlangen dürfe.
Der Nachwuchs der Gewerkschaften schloss am Ende in Impulsvorträgen an Mischko und Burmeister an. Die Appelle waren flammend, der Applaus war da, die Themen, wovon es noch viele weitere gab, brisant wie bekannt.