„Wohnen am Tannenwäldle“: Spagat zwischen Ökologie und Bezahlbarkeit
Gemeinderat beschließt einstimmig Bebauungsplan für den östlichen Galgenberg – Mahnung: Quartier soll allen Gruppierungen offen stehen
- Einstimmig, mit viel Lob und großen Erwartungen hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Videositzung den Bebauungsplan Galgenberg-Ost verabschiedet. Der Plan bildet die Grundlage für die Realisierung des künftigen Baugebiets „Wohnen am Tannenwäldle“. Das alles in allem rund neun Hektar große Quartier soll als „letztes großes Filetstück der Kernstadt“, wie es hieß, ein ökologisches, soziales und „smartes“Vorzeigeprojekt für die ganze Region werden. Die Ratsmitglieder mahnten zugleich aber auch, alles daran zu setzen, dass das Bauen und Wohnen hier noch bezahlbar bleibe.
Gewisse Zweifel in dieser Richtung fütterte Linken-Stadtrat Roland Hamm, der von einem Bekannten berichtete. Der habe sich für eine Doppelhaushälfte im künftigen Vorzeigequartier interessiert, worauf ihm vom Bauträger der vermutliche Preis von 850 000 Euro genannt worden sei. Der ökologische Ansatz für das neue Quartier, so folgerte Hamm, können nur dann funktionieren, wenn auch der soziale Aspekt berücksichtigt werde. Ansonsten würden die ökologischen Vorgaben von den Menschen nicht akzeptiert werden.
Eingangs hatte Bau- und Erster Bürgermeister Wolfgang Steidle, der die Sitzung leitete, an 14 Jahre Arbeit an dem Bebauungsplan erinnert. 2007 war ein städtebaulicher Wettbewerb für die Bebauung des östlichen Galgenbergs ausgelobt worden. Eine der letzten großen Flächen für ein Baugebiet in der Kernstadt nun endgültig auf den Weg zu bringen, das beinhalte fast einen historischen Aspekt, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Wagenblast. Doris Klein (Grüne) freute sich über ein nahezu klimaneutrales Baugebiet. Sie verlangte aber auch ein klares Konzept für die Vermarktung der Baugrundstücke. Die Interessenten müssten im Voraus über alle Vorgaben Bescheid wissen, man wolle hinterher keine unliebsamen Überraschungen erleben. Klein forderte daher auch, dem Gemeinderat vor der Vermarktung einen Musterkaufvertrag vorzulegen.
Bei allem Lob für Verwaltung, Plan und hehre Absichten sah der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Hermann Schludi, das Problem des neuen Baugebiets in dem Spagat zwischen hohen ökologischen und planerischen Zielen und den ökonomischen Zwängen für alle Beteiligten. „Wir müssen zu bezahlbaren Lösungen kommen, die auch funktionieren können“, forderte Schludi. Ebenso müsse die Stadt den begonnenen, engen Kontakt zu den Anwohnern an der Ziegelstraße fortführen und pflegen. Denn es bestehe kein Zweifel daran, dass diese nicht nur während der Zeit der Bebauung durch das neue Gebiet stärker als bisher belastet würden.
Auch Claus Albrecht (Freie Wähler) sah die Diskrepanz zwischen hohen ökologischen Ansprüchen und bezahlbarem
Wohnraum und verlangte, dem Gemeinderat auch eine Musterausschreibung für die Baugrundstücke vorzulegen. Die Investoren müssten rechtzeitig wissen, „was hier von ihnen verlangt wird“. Außerdem müsse in dem neuen Gebiet auch ein altersgerechtes und betreutes Wohnen möglich sein, so Albrecht.
„Wir müssen das Maß der Dinge finden und dürfen die Sache nicht unrentabel verteuern“, sagte AfDFraktionschef Frank Gläser. Extreme energetische Forderungen würden nur den Preis treiben. Seine Fraktion werde zwar zustimmen, aber mit Bedenken. Nur ein „schönes Wohngebiet“reiche nicht aus, es müsse auch für benachteiligte Gruppen bezahlbar sein, sagte Christa Klink (Linke). Sie forderte daher, hier über den üblichen Aalener
Ansatz von 25 Prozent Anteil an gefördertem, sozialem Wohnraum hinauszugehen und ein Drittel als dauerhaft sozialen Wohnraum von der städtischen Wohnungsbau erstellen zu lassen. Diese Festschreibung sei auch bei einem offenen Investorenauswahlverfahren möglich. Und Klink verwies darauf, dass derzeit die Aalener Mietpreise um 36,6 Prozent über dem Bundesdurchschnitt lägen. Für die Grünen verwiesen Fraktionsvorsitzender Michael Fleischer und Alexander Asbrock Aussagen, wonach ökologisches Bauen teuer sei, in den Bereich der Märchen. Das Gegenteil sei der Fall. Der Klimawandel sei nämlich teurer als der Klimaschutz, so die beiden Stadträte.
Steidle kündigte schließlich für den Juni eine Klausur zum weiteren Vorgehen beim Gebiet „Wohnen am Tannenwäldle“an. „Wir sind hier ja nicht mit einer utopischen Doktorarbeit unterwegs“, sagte Steidle. Gleichwohl sei es der Anspruch der Stadt, auf dem östlichen Galgenberg das beste Quartier in der Region zu bieten. Alle weiteren Aspekte müssten daher gemeinsam und sorgfältig abgewogen und besprochen werden.
„Wir sind hier ja nicht mit einer utopischen Doktorarbeit unterwegs“, sagte Baubürgermeister Wolfgang Steidle mit Blick auf die ökologischen Vorgaben für das neue Baugebiet.