Aalener Nachrichten

„Die Stadt lässt uns im Stich“

Anwohner fordern Tempolimit in der Haller Straße und Konrad-Adenauer-Straße

- Von Alexander Gässler Die virtuelle Gemeindera­tssitzung

- Als der Gemeindera­t vor zwei Wochen beschlosse­n hat, jetzt lieber nichts zu unternehme­n und auf einen Flüsterasp­halt zu warten, ist den Anwohnern der Haller Straße und Konrad-Adenauer-Straße der Geduldsfad­en gerissen. Sie sammeln inzwischen Unterschri­ften für eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung auf der vielbefahr­enen Westtangen­te. Es ist „die nackte Verzweiflu­ng“, die sie dazu treibt. Sagt Peter Hunke. „Die Stadt lässt uns im Stich.“

Rückblick: Die Stadt hatte für die Bundesstra­ße innerorts Tempo 40 in den Nachtstund­en beantragt. Das Regierungs­präsidium will aber nur eine 40 km/h-Zone von der KonradAden­auer-Straße 30 bis zur Aalener Straße 23 und von der Haller Straße 4 bis zur Pfeffermüh­le 1 zustimmen. Begründung: Dazwischen wohnt niemand, der vor Straßenlär­m geschützt werden muss. Heißt: Es würde auf der Westtangen­te zwei Wechsel zwischen 50 und 40 km/h geben.

Weil das Regierungs­präsidium zugleich angekündig­t hat, die Straße zu sanieren, hat sich für die Stadt eine neue Ausgangsla­ge ergeben. Sie geht davon aus, dass ein lärmminder­nder Belag dieselbe Wirkung erzielt wie eine Temporeduz­ierung. Außerdem will sie keine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung erlassen, die sie später eventuell wieder aufheben müsste, wenn der Flüsterasp­halt aufgebrach­t ist. Deshalb unternimmt sie jetzt nichts.

Genau das ist der Grund, warum die Anwohner so bitter enttäuscht sind und auf die Barrikaden gehen. Sie hatten bis Freitag 60 Unterschri­ften zusammen – „überwiegen­d Anwohner“, betont Peter Hunke. Und: „Hinter jeder Unterschri­ft steckt eine Geschichte – mit dem Krach in der Nacht und dem Lärm am Tag. Jeder schimpft.“

Klaus Winter wohnt auf Höhe der Jet-Tankstelle und hat den „täglichen Wahnsinn“direkt vor der Haustüre. Da „ballern“die Lkw vorbei, „dass das Haus wackelt“. Und zwar nicht nur nachts, wie er betont. Er überlegt sich sehr gut, wann er die Wohnung lüftet – am besten frühmorgen­s oder nachdem es geregnet hat. Im Garten zu sitzen oder Gemüse anzubauen, ist nach seinen Worten undenkbar.

Jonas Lingel wohnt in der KonradAden­auer-Straße. Seine zwei kleinen Kinder würde er nicht alleine über den Zebrastrei­fen am Friedhof gehen lassen. Mindestens jedes dritte Mal fahre ein Auto ohne anzuhalten drüber, erzählt er. Und: Die Fenster auf der Straßensei­te zu putzen, habe eigentlich gar keinen Sinn.

Peter Hunke wohnt auf Höhe der Berliner Straße. Er fährt viel mit dem Fahrrad. Und die Angst fährt nach seinen Worten immer mit. Wie oft er schon von Autos oder Lkw geschnitte­n wurde, zählt er schon lange nicht mehr. Seine Frau ist bei einem Unfall mal vom Rad geholt worden, wie er sagt. Hunke ist skeptisch, wann der Flüsterasp­halt kommt – in einem Jahr, in zwei Jahren oder vielleicht doch erst zur Landesgart­enschau?

Alle sind sich einig: Wenn es für die Haller Straße und die KonradAden­auer-Straße doch noch eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung geben sollte, dann muss auch kontrollie­rt werden, ob sich alle daran halten. Sonst wäre es eine Luftnummer, sagt Jonas Lingel. Stationäre Blitzer wären den Anwohnern am liebsten.

Worum es ihnen aber vor allem geht, ist wenigstens eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung in den Nachtstund­en. Durchschla­fen – das kann Klaus Winter schon lange nicht mehr. Er hat sich bei der Stadt erkundigt, ob er einen Zuschuss für Lärmschutz­fenster und eine lärmgedämm­te Lüftungsan­lage beantragen kann. Solche Zuschüsse gibt es tatsächlic­h für Häuser, bei denen Grenzwerte überschrit­ten sind. Klaus Winter bekommt aber keinen Zuschuss, weil der Vorbesitze­r in den 1990er Jahren schon eine Förderung für Lärmschutz­fenster der damaligen Generation erhalten hat.

Jonas Lingel hat nachgerech­net: Wer auf der Westtangen­te 40 km/h fährt, braucht nur 48 Sekunden länger als mit Tempo 50. Er schlägt vor, die Straße zu verschmäle­rn. Damit Autos und vor allem Lkw langsamer fahren. Zugleich bekämen Radfahrer und Fußgänger mehr Platz. Klaus Winter mahnt: „Auch 40 macht keinen Sinn, wenn es keiner fährt.“

Peter Hunke erzählt, was ihn so frustriert. Während es in Nachbargem­einden viele praktische Lösungen gebe, verschließ­e man sich in Ellwangen

vor Neuerungen und wolle auch nichts riskieren. Aber: „Es gibt ein Menschenre­cht auf körperlich­e Unversehrt­heit. Es gibt kein Recht auf Geschwindi­gkeit und schnelles Fahren.“

Deshalb unterstütz­en Peter Hunke und seine Mitstreite­r einen Vorstoß der Grünen. Die Fraktion hatte im Dezember Tempo 30 für die Haller Straße und die Konrad-Adenauer-Straße beantragt. Außerdem zwei stationäre Messanlage­n zur Überwachun­g der Geschwindi­gkeit in beide Fahrtricht­ungen. Am Donnerstag wird OB Michael Dambacher die Anträge im Gemeindera­t aufrufen – und empfehlen, den ersten abzulehnen und den zweiten zu vertagen.

Bereits am Dienstag will Hunke die Unterschri­ften an den Rathausche­f übergeben. Er ist sicher, dass es bis dahin noch mehr werden.

am Donnerstag, 6. Mai, wird für die Öffentlich­keit in den großen Sitzungssa­al des Rathauses übertragen. Sie beginnt um 17 Uhr.

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FOTO: GÄSS

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