„Die Stadt lässt uns im Stich“
Anwohner fordern Tempolimit in der Haller Straße und Konrad-Adenauer-Straße
- Als der Gemeinderat vor zwei Wochen beschlossen hat, jetzt lieber nichts zu unternehmen und auf einen Flüsterasphalt zu warten, ist den Anwohnern der Haller Straße und Konrad-Adenauer-Straße der Geduldsfaden gerissen. Sie sammeln inzwischen Unterschriften für eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der vielbefahrenen Westtangente. Es ist „die nackte Verzweiflung“, die sie dazu treibt. Sagt Peter Hunke. „Die Stadt lässt uns im Stich.“
Rückblick: Die Stadt hatte für die Bundesstraße innerorts Tempo 40 in den Nachtstunden beantragt. Das Regierungspräsidium will aber nur eine 40 km/h-Zone von der KonradAdenauer-Straße 30 bis zur Aalener Straße 23 und von der Haller Straße 4 bis zur Pfeffermühle 1 zustimmen. Begründung: Dazwischen wohnt niemand, der vor Straßenlärm geschützt werden muss. Heißt: Es würde auf der Westtangente zwei Wechsel zwischen 50 und 40 km/h geben.
Weil das Regierungspräsidium zugleich angekündigt hat, die Straße zu sanieren, hat sich für die Stadt eine neue Ausgangslage ergeben. Sie geht davon aus, dass ein lärmmindernder Belag dieselbe Wirkung erzielt wie eine Temporeduzierung. Außerdem will sie keine Geschwindigkeitsbegrenzung erlassen, die sie später eventuell wieder aufheben müsste, wenn der Flüsterasphalt aufgebracht ist. Deshalb unternimmt sie jetzt nichts.
Genau das ist der Grund, warum die Anwohner so bitter enttäuscht sind und auf die Barrikaden gehen. Sie hatten bis Freitag 60 Unterschriften zusammen – „überwiegend Anwohner“, betont Peter Hunke. Und: „Hinter jeder Unterschrift steckt eine Geschichte – mit dem Krach in der Nacht und dem Lärm am Tag. Jeder schimpft.“
Klaus Winter wohnt auf Höhe der Jet-Tankstelle und hat den „täglichen Wahnsinn“direkt vor der Haustüre. Da „ballern“die Lkw vorbei, „dass das Haus wackelt“. Und zwar nicht nur nachts, wie er betont. Er überlegt sich sehr gut, wann er die Wohnung lüftet – am besten frühmorgens oder nachdem es geregnet hat. Im Garten zu sitzen oder Gemüse anzubauen, ist nach seinen Worten undenkbar.
Jonas Lingel wohnt in der KonradAdenauer-Straße. Seine zwei kleinen Kinder würde er nicht alleine über den Zebrastreifen am Friedhof gehen lassen. Mindestens jedes dritte Mal fahre ein Auto ohne anzuhalten drüber, erzählt er. Und: Die Fenster auf der Straßenseite zu putzen, habe eigentlich gar keinen Sinn.
Peter Hunke wohnt auf Höhe der Berliner Straße. Er fährt viel mit dem Fahrrad. Und die Angst fährt nach seinen Worten immer mit. Wie oft er schon von Autos oder Lkw geschnitten wurde, zählt er schon lange nicht mehr. Seine Frau ist bei einem Unfall mal vom Rad geholt worden, wie er sagt. Hunke ist skeptisch, wann der Flüsterasphalt kommt – in einem Jahr, in zwei Jahren oder vielleicht doch erst zur Landesgartenschau?
Alle sind sich einig: Wenn es für die Haller Straße und die KonradAdenauer-Straße doch noch eine Geschwindigkeitsbegrenzung geben sollte, dann muss auch kontrolliert werden, ob sich alle daran halten. Sonst wäre es eine Luftnummer, sagt Jonas Lingel. Stationäre Blitzer wären den Anwohnern am liebsten.
Worum es ihnen aber vor allem geht, ist wenigstens eine Geschwindigkeitsbegrenzung in den Nachtstunden. Durchschlafen – das kann Klaus Winter schon lange nicht mehr. Er hat sich bei der Stadt erkundigt, ob er einen Zuschuss für Lärmschutzfenster und eine lärmgedämmte Lüftungsanlage beantragen kann. Solche Zuschüsse gibt es tatsächlich für Häuser, bei denen Grenzwerte überschritten sind. Klaus Winter bekommt aber keinen Zuschuss, weil der Vorbesitzer in den 1990er Jahren schon eine Förderung für Lärmschutzfenster der damaligen Generation erhalten hat.
Jonas Lingel hat nachgerechnet: Wer auf der Westtangente 40 km/h fährt, braucht nur 48 Sekunden länger als mit Tempo 50. Er schlägt vor, die Straße zu verschmälern. Damit Autos und vor allem Lkw langsamer fahren. Zugleich bekämen Radfahrer und Fußgänger mehr Platz. Klaus Winter mahnt: „Auch 40 macht keinen Sinn, wenn es keiner fährt.“
Peter Hunke erzählt, was ihn so frustriert. Während es in Nachbargemeinden viele praktische Lösungen gebe, verschließe man sich in Ellwangen
vor Neuerungen und wolle auch nichts riskieren. Aber: „Es gibt ein Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Es gibt kein Recht auf Geschwindigkeit und schnelles Fahren.“
Deshalb unterstützen Peter Hunke und seine Mitstreiter einen Vorstoß der Grünen. Die Fraktion hatte im Dezember Tempo 30 für die Haller Straße und die Konrad-Adenauer-Straße beantragt. Außerdem zwei stationäre Messanlagen zur Überwachung der Geschwindigkeit in beide Fahrtrichtungen. Am Donnerstag wird OB Michael Dambacher die Anträge im Gemeinderat aufrufen – und empfehlen, den ersten abzulehnen und den zweiten zu vertagen.
Bereits am Dienstag will Hunke die Unterschriften an den Rathauschef übergeben. Er ist sicher, dass es bis dahin noch mehr werden.
am Donnerstag, 6. Mai, wird für die Öffentlichkeit in den großen Sitzungssaal des Rathauses übertragen. Sie beginnt um 17 Uhr.