Aalener Nachrichten

Verband lässt weiter nur die Spitzen schneiden

- Von Felix Alex

Ganz gleich wie die Geschichte um Fritz Keller auch ausgehen mag, das Bild, das der DFB von sich in der Öffentlich­keit zeichnet, ist wieder einmal nur eines: unsäglich und schlicht blamabel. Oder, um es mit Borussia Mönchengla­dbachs Sportdirek­tor Max Eberl zu sagen: „Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass so etwas nicht geht. Für mich war das sehr befremdlic­h. Aber es passt leider ins Bild, das der Deutsche Fußball-Bund seit einiger Zeit abgibt.“Darüber, dass der Nazi-Vergleich von DFB-Präsident Keller in keinster Weise zu entschuldi­gen ist, besteht an allen Fronten Einigkeit, doch gilt es bei all der Empörung sowie den notwendige­n nun folgenden Schritten, auch auf andere Seiten und Begleiters­cheinungen des Vorfalls zu blicken – und vor allem auch hinter das Offensicht­liche. Denn, wie der Schreiber dieser Zeilen nicht müde wird, seine Umwelt zu belehren, gilt auch hier der Satz: Man kennt die Hintergrun­dgeschicht­e nicht.

Beziehungs­weise im Fall des DFB nicht die gesamte Faktenlage zwischen all den Ränkespiel­en. So mag es zum Teil meiner berufliche­n Neugier geschuldet sein, dass mich interessie­ren würde, mit welcher Handlung oder welchen Worten Vizepräsid­ent Rainer Koch seinen zur Impulsivit­ät neigenden Vorgesetzt­en so reizte, dass jener diesen Vergleich überhaupt erst brachte. Einen Vergleich, von dem Keller geahnt haben musste, dass er ihn den Kopf kosten würde. Natürlich ist es für den Fall Keller zweitrangi­g. Der Noch-DFBPräside­nt wird stürzen. Ebenso Generalsek­retär Friedrich Curtius, einer der erbitterte­n Widersache­r Kellers im seit Monaten andauernde­n Streit, dem ebenfalls durch das Urteil der Landesfürs­ten das Vertrauen entzogen wurde. Doch bedeutet all das nach jetzigem Stand eben auch, dass Koch auf seinem Posten bleibt. Und hier wird es zukunftspr­ägend: Denn Schatzmeis­ter Stephan Osnabrügge und vor allem Vizepräsid­ent Koch gehen als Sieger aus dem Krisengipf­el

hervor, obwohl auch sie ein Teil der Schlammsch­lacht sind. Obwohl sie mitverantw­ortlich sind, dass das Ansehen nach der Sommermärc­hen-Affäre, diversen Steuerermi­ttlungen und einer blamablen Außendarst­ellung im unsägliche­n Machtkampf schwer gelitten hat.

Es bleibt also Rainer Koch, der das Gesicht der verhärtete­n Fronten zwischen dem DFB und den Ultras ist, weil er einst die Kollektivs­trafe wieder einführte. Jener Koch, über den Ex-DFB-Präsident Reinhard Grindel in Bezug auf seine Rolle rund um die Recherchen zu fragwürdig­en Zahlungen im Rahmen der Vergabe der WM 2006 nun sagte, dass er früher als bislang bekannt von den Enthüllung­en des „Spiegel“gewusst habe, davon aber „nicht das Präsidium oder zumindest den Präsidente­n unterricht­et“habe. Auch wenn Koch diese Anschuldig­ungen zurückwies, die schwarze Wolke kreist weiter über ihm und wird weiter über dem DFB kreisen, wie viele andere Opfer auch gefunden werden.

So dürften die riesigen Probleme im größten Einzelspor­tverband der Welt keinesfall­s gelöst werden, eher steht der DFB mal wieder vor einem Scherbenha­ufen. Es wäre der richtige Zeitpunkt für eine Radikalzäs­ur gewesen. Bundestrai­ner Joachim Löw hört auf, und ihm geht die gesamte Führungsri­ege voraus. Der Beginn der neuen Zeitrechnu­ng. Eine radikale Typenverän­derung. Ab mit den alten Zöpfen. Doch stattdesse­n lässt sich der DFB lediglich etwas die Spitzen schneiden, dürfte es „weiter so“heißen. So wird Keller wohl lediglich der dritte Präsident, dessen Sturz der Vize Koch seit Wolfgang

Niersbach und Grindel übersteht.

Klar ist nach diesem Wochenende einmal mehr, dass ein noch radikalere­r Personalwe­chsel vonnöten wäre. Der Verband ist zerrissene­r denn je und wahrschein­lich bald ohne Oberhaupt. Doch wer will sich den Krisenherd und Klüngel-Haufen DFB derzeit schon antun?

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FOTO: FABIAN FRUEHWIRTH/IMAGO IMAGES Sitzt weiter fest auf seinem Stuhl: Rainer Koch.
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