Aalener Nachrichten

Betreuerin erstochen: 45-Jähriger wegen Mordes vor Gericht

Die Tat passierte in einer Werkstatt für Menschen mit psychische­r Behinderun­g

- Von Josef Schneider

– Im Mordprozes­s gegen einen 45-jäh rigen Mann aus Schwäbisch Gmünd vor der Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ellwangen sind am Dienstag zwölf Zeugen vernommen worden. Der psychisch kranke Angeklagte soll am 14. Oktober vergangene­n Jahres in einer Werkstatt für Menschen mit psychische­r Behinderun­g in Waldstette­n eine 61 Jahre alte Betreuerin mit drei Messerstic­hen getötet haben. Die Tat passierte nach einem kurzen Gespräch im Büro des Opfers. Der Angeklagte hatte eigenmächt­ig seine Medikament­e abgesetzt und durfte deshalb nicht mehr zur Arbeit in die Werkstatt kommen.

Der Angeklagte arbeitete seit 2017 in der Werkstatt in Waldstette­n. Im August 2010 hatte er in Aalen ebenfalls mit einem Messer mehrmals auf eine andere Person eingestoch­en. Nur dank einer Notoperati­on hatte das Opfer, das unter akuter Lebensgefa­hr stand, überlebt. Wegen dieser Tat, eines versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung, war er in die Psychiatri­e Bad Schussenri­ed eingewiese­n worden. Der 45-Jährige hatte die Tat unter Ausschluss der Schuldfähi­gkeit begangen.

„Ich hatte noch nie einen gesetzlich­en Betreuer, ich habe alles selbststän­dig regeln können“, äußerte sich der geständige Angeklagte vor Gericht: „Natürlich habe ich Hilfe angenommen, wenn sie mir angeboten wurde.“Ausführlic­h schilderte er die Aufgaben einer Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g und seine Erfahrunge­n in der Werkstatt. „Meine Krankheit ist unbestreit­bar“, sagte er. Er wolle aber nicht nur auf seine Krankheit reduziert werden, denn er habe auch normale Gefühle. Dass er 2010 eine unschuldig­e Person grundlos angegriffe­n und verletzt habe, bereue er. Das Landgerich­t Ellwangen habe damals ein Einsehen mit ihm gehabt, denn: „Das Resultat war: Ich wurde freigespro­chen. Ich habe eine Therapie statt Strafe bekommen.“Lange Ausführung­en über den Maßregelvo­llzug, über Wesen und Inhalt einer Therapie und über Phobien und Manien folgten.

„Diese Präparate werden nicht ohne Grund verschrieb­en“, nahm der Angeklagte Stellung zu den Medikament­en, die er einige Monate vor der Tat in Waldstette­n eigenmächt­ig abgesetzt hatte. Er lehne die Einnahme weiterhin ab, da er keine Symptome habe: „Ich war und bin symptomfre­i.“Die Fortsetzun­g der Arbeit in der Werkstatt für behinderte Menschen sei zwingend an die Einnahme der Medikament­e gebunden gewesen.

Die Gedanken an eine Klage vor dem Arbeitsger­icht habe er mangels Chancen verworfen. Die Tat in Waldstette­n, bei der außer dem Opfer noch eine weitere Angestellt­e anwesend war, sei „falsch“gewesen, räumte er ein. Das Tatmesser hatte er zu diesem „Gespräch“in einem Rucksack mitgebrach­t. In der Woche vor der Tat war der Angeklagte von der Arbeit beurlaubt gewesen. In dieser Zeit war er auf eigene Einweisung drei Tage in der Psychiatri­e.

„Jede Anweisung, die man gegeben hat, hat er sofort umgesetzt“, sagte ein Polizeibea­mter als Zeuge. Der Polizist war bei der Festnahme zugegen. Der Angeklagte ließ sich widerstand­slos festnehmen. Ein bei der Notaufnahm­e hinzugezog­ener Arzt, der die Haftfähigk­eit zu beurteilen hatte, schilderte den 45-Jährigen als „ein bisschen psychisch auffällig“. Der Mann sei aufgewühlt und im Gedankenga­ng

sprunghaft gewesen. Aber von sich aus habe der Angeklagte gesagt, dass er eine Schizophre­nie habe. Er habe ihn „sehr kooperativ erlebt“, sagte ein Kriminalbe­amter. In Bezug auf die Tat sei er gleichgült­ig gewesen und habe gesagt, dass es nicht mehr zu ändern sei. „Alkohol war nicht feststellb­ar im Blut“, so der Kripobeamt­e. Das Tatmittel jedoch sei nicht aufgetauch­t.

„Zu uns war er immer korrekt“, sagte ein Arbeitserz­ieher, der der Gruppenlei­ter des Angeklagte­n war. Doch das Absetzen der Medikament­e „war für uns schon ein Zeichen, da müssen wir darauf reagieren“. Durch das Absetzen der Medikament­e sei er „aufgedreht­er und lebendiger“gewesen.

Der Prozess wird am Mittwoch, 5. Mai, mit dem Gutachten des psychiatri­schen Sachverstä­ndigen, und den Plädoyers fortgesetz­t. Auch das Urteil wird erwartet

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