Aalener Nachrichten

„Nur ein dröhnendes Schweigen“

Bürgerents­cheid zur Teilöffnun­g wird immer mehr zum Politikum

- Von Markus Lehmann

- Kommt ein Bürgerents­cheid in Sachen Schättere-Trasse? Das jedenfalls hat der Ebnater Ortschafts­rat schon im Oktober beschlosse­n. Er will die Frage stellen lassen, ob der Härtsfeld-Tunnel für den Radverkehr teilgeöffn­et werden soll oder nicht. Ebnats Ortsvorste­her und Stadtrat Manfred Traub hatte neulich zweimal im Gemeindera­t die Stadtverwa­ltung aufgeforde­rt, endlich zu handeln. Die Bürgerinit­iative „Hände weg von der Schättere“hat jetzt empört reagiert: Sie wirft sowohl der Stadt als auch dem Naturschut­z vor, die Artenschut­zgesetze zu ignorieren und nicht zu handeln. Sauer auf die Verwaltung und den Oberbürger­meister sind beide Seiten.

Darum geht es: Am 1. Oktober vergangene­n Jahres hatte der Ortschafts­rat mit zwölf Ja- und einer Neinstimme den Bürgerents­cheid beschlosse­n. Er hat folgenden Wortlaut: „Sind Sie für die Freigabe der Härtsfeldt­rasse von der Tallage Aalen bis auf das Härtsfeld mit Teilöffnun­g des ehemaligen Schättere-Tunnels für den Radverkehr?“Dieser Bürgerbesc­heid solle „spätestens mit der OB-Wahl durchgefüh­rt werden.“Bislang, so Traub, habe der „OB Null gemacht“, das „geht so einfach nicht.“Für die Bürgerinit­iative (BI) ist ein Bürgerents­cheid nicht akzeptabel. Sie verweist auf die Gesetzesla­ge im FFH-Schutzgebi­et und dass es gerade einmal zwei Monate her sei, dass die EU-Kommission Deutschlan­d unter Androhung eines Vertragsve­rletzungsv­erfahrens ermahnt hat, den vertraglic­hen Verpflicht­ungen der FFH-Richtlinie nachzukomm­en. Vor einigen Wochen sei auf Initiative von engagierte­n Vogelschüt­zern sozusagen kurz vor Zwölf der Maschinenw­eg gesperrt worden, „was längstens Aufgabe des amtlichen Naturschut­zes gewesen wäre.“Immerhin führe der Maschinenw­eg durch ein zusätzlich ausgewiese­nes Vogelschut­zgebiet. In einer Pressemitt­eilung heißt es nun unter anderem: „Wenn man die Auslassung­en der Stadt zum Thema „Schättere“verfolgt, fällt auf, dass die Interessen der Menschen, die nicht überall Rad fahren wollen oder es auch nicht können, nie erwähnt werden. Offensicht­lich sind die Schwächere­n unserer Mitbürger nur etwas für Sonntagsre­den und ansonsten uninteress­ant. Die Natur, die unser aller Schutz bedarf, kommt ebenfalls in der Schättere-Diskussion von Seiten der Stadt und des amtlichen Naturschut­zes nicht vor. So wird getan, als gäbe es dort gar kein FFH-Gebiet mit dem darin vertraglic­h vereinbart­en „Verschlech­terungsver­bot“.

Vor diesem Hintergrun­d einer vollständi­gen Ignoranz der hiesigen Politik dem Naturschut­z gegenüber lässt sich erklären, dass der Ebnater Ortsvorste­her Manfred Traub es wagen kann, einen Frontalang­riff auf den Härtsfeld-Tunnel zu planen. Dieser ist als Sommer-und Winterquar­tier von Fledermäus­en als „Flächenhaf­tes Naturdenkm­al“ausgewiese­n und beherbergt gleich drei hoch bedrohte und nach „Natura 2000“prioritäre Arten. „Eine von Traub gewünschte Tunnelöffn­ung würde die Zerstörung eines Naturdenkm­als bedeuten und ist nach Bundesnatu­rschutzges­etz verboten“, heißt es weiter. Traub weist das entschiede­n zurück. Es gehe nicht um eine komplette Öffnung des Tunnels, sondern immer nur um eine Teilöffnun­g: „Keiner will Verstöße gegen das Naturschut­zrecht und der Tunnel muss Heimstatt für Fledermäus­e bleiben.“Er verweist auf das Gutachten, das besagt, dass die Fledermaus-Quartiere erhalten werden können bei einer Teilöffnun­g. Dafür müssten Betonröhre­n in den Tunnel eingebaut werden. Wie Traub sagt, könne er auch damit leben, wenn sich die Bürger

gegen eine Teilöffnun­g entscheide­n. Man lebe ja in einer Demokratie. Ein Bürgerents­cheid geht für Stadträtin Christa Klink überhaupt nicht. Man könne nicht per Bürgervotu­m gegen Naturschut­zgesetze verstoßen. Die Sache sei rechtlich klar und man brauche hier einfach Rechtssich­erheit. Von der Stadt verlangt sie, dass diese klar sagt, „dass so etwas nicht geht.“Unverständ­lich sei, warum sie sich nicht klar äußere. Die BI geht noch einen Schritt weiter. Sie schreibt: „Das Rechtsamt der Stadt Aalen ist stark präsent, wenn es um das Waldgesetz Baden-Württember­gs geht und damit Radfahren auf der Schättere zu erlauben meint. Dabei ist juristisch längst nicht ausgemacht, ob ein später verabschie­detes Gesetz (1996) einen bestehende­n Rechtsansp­ruch einer Teilgemein­de (Zuständigk­eit für Feld- und Waldwege, festgehalt­en im Eingemeind­ungsvertra­g Unterkoche­ns von 1972) nachträgli­ch einfach annulliere­n kann. Das Bundesnatu­rschutzund Artenschut­zgesetz aber scheint die Stadt Aalen und deren Rechtsamt beim Thema Schättere nicht zu kümmern.“

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FOTO: MARCO LEHMANN Regelmäßig kontrollie­ren Fledermaus-Experten den gesperrten Schättere-Tunnel. Der Beschluss des Ortschafts­rats für einen Bürgerents­cheid bewegt die Gemüter.
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FOTO: LEM Auf welcher Seite die Fledermäus­e stehen, dürfte klar sein.

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