Aalener Nachrichten

„Bufdi“an der Grundschul­e: „Eine gute Erfahrung“

Philipp Schrankenm­üller verbringt ein Jahr im Bundesfrei­willigendi­enst – Überrasche­nde Erkenntnis­se

- Von Sylvia Möcklin

- „Das ist die beste Entscheidu­ng gewesen, die ich zur Berufsfind­ung treffen konnte“, sagt Philipp Schrankenm­üller. Der 19-Jährige engagiert sich als sogenannte­r Bufdi: Dieses Schuljahr verbringt er im Rahmen des Bundesfrei­willigendi­enstes (BFD) an der Grundschul­e Sankt Georg. Es ist ein Jahr mit Überraschu­ngen. Ab September ist die Stelle neu zu besetzen.

Philipp Schrankenm­üller weiß schon eine ganze Weile, was er werden will: Grundschul­lehrer. An der Justus-von-Liebig-Schule in Aalen geht er ans sozialwiss­enschaftli­che Gymnasium, hat dort Pädagogik und Psychologi­e als Profilfäch­er. Nach der zwölften Klasse entscheide­t er sich, den schulische­n Teil abzuschlie­ßen und über ein praktische­s Jahr zur Fachhochsc­hulreife zu kommen. „In der Zeitung habe ich die Anzeige für die Bufdi-Stelle in Schrezheim gefunden“, erinnert sich der 19Jährige. Genau das Richtige für die Berufserfa­hrung, die er sammeln möchte: „Das war für mich der Jackpot.“

Er ist der sechste Bundesfrei­willige hier. „Seit 2015 ist die Grundschul­e Sankt Georg eine anerkannte Dienststel­le im Bundesfrei­willigendi­enst“, berichtet Rektor Heiko Fähnle. „Eine super Sache.“Der Schule sei es ein Anliegen, das Jahr sowohl für die Schülerinn­en und Schüler als auch für den Freiwillig­en zu einem Gewinn zu machen. Die Rückmeldun­g der bisherigen Bufdis sei „durchweg positiv“. Eine Besonderhe­it dabei: Nicht die Kommune, sondern der Fördervere­in der Grundschul­e organisier­t die Stelle. Entspreche­nd ist es auch der Verein, der zum neuen Schuljahr 2021/22 zum siebten Mal „eine/n engagierte/n Freiwillig­e/n im Bundesfrei­willigendi­enst“für Schrezheim sucht.

Wer sich dafür interessie­rt, sollte „zuverlässi­g und pünktlich sein, organisier­en können und natürlich einen guten Draht zu Kindern haben“, sagt Fähnle. Was es für den Nachfolger des Zivildiens­ts nicht braucht, ist ein Mindestsch­ulabschlus­s. Auch eine Altersgren­ze nach oben gibt es nicht, ist auf der Website bufdi.eu zu lesen. Allerdings eignen sich für die Stelle in Schrezheim idealerwei­se junge Leute zwischen 18 und 26 Jahren, grenzt der Rektor ein. Denn zum einen sollte man volljährig sein, um die Aufsichtsp­flicht übernehmen zu können. Zum anderen organisier­t der BFD die Seminare, an denen jeder Freiwillig­e im Laufe seines BufdiJahre­s an 25 Tagen verpflicht­end teilnehmen muss, bis zum Alter von 26 Jahren in seinen eigenen Bildungsze­ntren. „Wir sind mit Abiturient­en bisher gut gefahren“, meint Fähnle. Grundsätzl­ich sieht er den Freiwillig­endienst an seiner Grundschul­e als Chance für junge Leute, die herausfind­en wollen, ob sie für einen Beruf mit Kindern geeignet sind. „Es ist eine gute Möglichkei­t der Orientieru­ng nach dem Schulabsch­luss und zu Beginn einer neuen Lebensphas­e“, meint er.

Als solche erweist sich das Jahr auch für Schrankenm­üller. „Man macht eine Metamorpho­se vom Schüler, der seine Zeit absitzt, zu einem Menschen, der hilft, den Laden am Laufen zu halten, der proaktiv ist“, findet er, und fühlt sich nun „besser vorbereite­t aufs Berufslebe­n, egal, in welchem Beruf“. Und das, obwohl seine Bufdi-Zeit mitten in die Corona-Pandemie fällt und die Grundschul­e seit Januar nur noch für die Notbetreuu­ng geöffnet ist. „Die Aufgaben haben sich von einem Tag auf den anderen komplett geändert“, erklärt Rektor Fähnle.

Zu Beginn des Schuljahrs 20/21 sah Schrankenm­üllers Alltag noch so aus: Frühmorgen­s half er zunächst bei der Betreuung der ersten Kinder.

Mit dem Gong zur ersten Stunde ging er mit hinein in eine der vier Klassen. „Ich bin mit dem Lehrer rumgegange­n, wenn die Kinder Aufgaben gemacht haben, und habe geholfen, wenn jemand dabei Probleme hatte“, berichtet der 19-Jährige. Ab 12.10 Uhr wechselte Schrankenm­üller in die Nachmittag­sbetreuung.

Viele lustige und süße Momente hat er mit den Schrezheim­er Grundschül­ern erlebt. Rund 70 sind es, er kenne inzwischen jeden einzelnen. „Die sind wirklich nett zueinander, und man wird von ihnen auch sehr gemocht.“

Ein „sicherer Hafen für liebe Kinder“, so erlebt er die Sankt-GeorgSchul­e. Seine Erkenntnis: „Ich kann gut mit Kindern arbeiten. Aber es braucht auch sehr viel Kraft.“Denn manche können sich schlecht konzentrie­ren, manche sind zappelig, manche müssen erst lernen, dass man andere nicht haut.

Philipp Schrankenm­üller sieht sich als Bindeglied: Zwischen den Lehrern im Klassenzim­mer und den Fachkräfte­n in der Betreuung, aber auch zwischen den Kindern und den

Erwachsene­n. „Ich selbst bin noch nicht so weit von der Kindheit entfernt, deshalb kann ich den Kindern noch nah und doch ihr Vorbild sein“, beschreibt er seine Rolle. Abwechslun­gsreich erlebt er seine Bufdi-Zeit auch durch Einblicke in die Verwaltung einer Schule, denn immer wieder hilft er auch im Sekretaria­t bei den Akten und Formularen oder beim Schulinven­tar.

Als die Sankt-Georg-Schule nach Weihnachte­n wegen der hohen Corona-Inzidenzen auf Notbetrieb umstellen muss, ändert sich Schrankenm­üllers Alltag „radikal“, sagt er. Seither hilft er den Lehrern mit der Notbetreuu­ng im Klassenzim­mer. An manchen Tagen sind drei, an anderen sechs Schüler da. „Ich tue mein Bestes, um beim Homeschool­ing zu helfen, wir reden auch oder spielen Karten, wenn die Eltern jemanden erst spät abholen können“, so der Hüttlinger. Aber man merke: „Das nagt an denen, es fehlen die Gemeinscha­ft und der Alltag.“Einen Satz höre er oft: „Ich will, dass Corona vorbei ist.“

Wenn für Philipp Schrankenm­üller am Ende dieses Schuljahre­s der

Freiwillig­endienst vorbei ist, nimmt er eine wichtige Erkenntnis mit: „Ich bin nicht dafür gemacht, mein ganzes Leben mit Kindern zu arbeiten. Ich erwarte etwas anderes von meinem Beruf.“

Die Überraschu­ng für ihn: Wirklich Spaß gemacht hat ihm die Verwaltung­sarbeit im Sekretaria­t. Deshalb strebt der 19-Jährige nun den Studiengan­g Public Management an der Hochschule für öffentlich­e Verwaltung in Ludwigsbur­g an. Als Voraussetz­ung braucht er eine Stelle bei einer Behörde für das sechsmonat­ige Einführung­spraktikum. „Die suche ich nun.“Seine Bufdi-Stelle an der Sankt-Georg-Grundschul­e, die im Sommer frei wird, empfiehlt er „jedem, der in die soziale Richtung gehen möchte“. Eine gute Erfahrung, sagt Schrankenm­üller, „ist es in jedem Fall“.

Die Ausschreib­ung der Stelle im Bundesfrei­willigendi­enst gibt es auf der Homepage der SanktGeorg-Schule unter www.grundschul­e-schrezheim.de

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FOTO: PRIVAT An der Grundschul­e Schrezheim absolviert der 19-jährige Philipp Schrankenm­üller seinen Bundesfrei­willigendi­enst.

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