Sebastian Kneipp – Wasserdoktor, Wunderheiler, Weltstar
Baschti, wie Sebastian Kneipp als Kind genannt wurde, ist in Stephansried, einem Teilort von Ottobeuren, am 17. Mai 1821 zur Welt gekommen. Als Sohn armer Webersleut’. Mittellos, aber mit dem Wunsch, Priester zu werden, und einem Kaplan als Förderer ging er als junger Erwachsener nach Grönenbach, um Latein zu lernen, und später nach Dillingen aufs Gymnasium. Dort fanden auch seine beiden wichtigsten Lebensstränge zueinander. Er studierte Theologie und kurierte in der eiskalten Donau seine Tuberkulose. „So ging ich in der Woche dreimal im Winter in die Donau und habe Heilbäder genommen“, beschreibt Kneipp die rabiate Heilmethode, die später Grundlage seiner Wasserkur
werden sollte. Nach der Priesterweihe im Dom zu Augsburg feierte der genesene Kneipp seine Primiz in der Basilika in Ottobeuren, wo er auch getauft worden war.
Es folgten berufliche Stationen in Biberach und in
Boos bei Memmingen.
Doch der junge Geistliche wollte nicht nur die Seele, sondern auch den Körper heilen. Was nicht alle seiner Gemeindemitglieder gut fanden. Sie schimpften ihn „Kurpfuscher“, gar „Cholera-Kaplan“, weil er eine
Magd von dieser Krankheit geheilt hatte. Auch seine kirchlichen Vorgesetzten missbil- ligten die Nebentätigkeit des Prie- sters und versetzten ihn schließlich nach Wörishofen ins Allgäu als Beichtvater für die dort lebenden Dominikanerinnen. Was Kneipp allerdings nicht davon abhielt, weiter zu kurieren. Als Wasserdoktor und Wunderheiler wurde er noch populärer, als er Papst Leo XIII. behandelt hatte. Eigentlich sollte der Priester nach Rom reisen, um sich einen Rüffel abzuholen. Doch der Heilige Vater erbat sich selbst Rat von dem Pfarrer. Erzählt wird, dass Kneipp dem Papst regelmäßige Bewegung in den Vatikanischen Gärten empfohlen habe.
Dank Kneipp entwickelte sich das Kuhdorf Wörishofen zum beliebten und bekannten Kurort, in dem Prominenz
und Adel aus der ganzen Welt sich Wickel und Wassergüsse verabreichen ließen. Kneipp wurde zum Weltstar, indem er die Armen umsonst behandelte und die Reichen bezahlen ließ. Von den üppigen Honoraren und Tantiemen seiner Bücher „Meine Wasserkur“und „So sollt ihr leben“investierte er in den Ort, baute dort unter anderem das Sebastianeum, heute ein Kurhotel, das im Zentrum steht und von den Barmherzigen Brüdern aus München betrieben wird, und eine Kinderheilanstalt. Was den heilenden Pfarrer, der am 17. Juni 1897 an Krebs gestorben ist, wohl besonders gefreut hätte: 2015 ernannte die Unesco die Kneipp-Kur zum immateriellen Kulturerbe. (sim)