Mehr Wildheit wagen?
So klingt es zur Zeit in vielen Gärten: Der Rasenmäher knattert landauf, landab und stutzt die sprießenden Gräser mit seinen scharfen Klingen auf ein einheitliches Maß. In den vergangenen Jahren hat sich der Rasen allerdings zu einem Sorgenkind entwickelt. Schuld daran sind die langen Trockenphasen, verbunden mit intensiver Sonneneinstrahlung, wenn sich tagelang kein Wölkchen am Himmel zeigt. Die Halme verbrennen regelrecht und übrig bleiben strohiggelbe Stoppel. Da stellt sich schnell die Frage, ob der Rasen, so wie wir ihn bisher kennen, noch zeitgemäß ist.
Verschiedene Alternativen dieses Gartenareals werden in Fachkreisen diskutiert und ausprobiert. Zum Beispiel Gräser durch Sorten zu ersetzen, welche besser mit Wassermangel umgehen können. Züchter sind seit Jahren an diesem Thema dran. Im Handel finden Sie bereits dementsprechende Rasenmischungen. Jedoch auch diese Gräser benötigen stetig Dünger und wöchentlichen Schnitt.
Möglich ist natürlich auch, die Fläche sich selbst zu überlassen. Kein Gießen, kein Düngen! Der Rasenmäher kommt selten zum Einsatz. Dazu passt ein neuer Trend aus England, dem Mutterland des gepflegten Grüns, der gerade zu uns herüberschwappt. Der Mai wird dort zum „NoMowMay“ausgerufen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Reduzierung des Mähintervalls auf einmal im Monat den größten Blütenreichtum auf einer Wiese ergibt – und daher deutlich über dem ökologischen Wert einer monotonen Graslandschaft steht.
Natürlich erfordert dieses neue Gartenbild einen gewissen Mut, wenn Sie es vor den Blicken Ihrer Nachbarn präsentieren. Aber vielleicht regt es auch zu neuen Antworten auf grundsätzliche Fragen an: Wozu benötige ich den Rasen? Brauche ich ihn wirklich auf einer so großen Fläche? Kann ich mir mehr „Wildheit“in meinem Garten vorstellen? Spannende Fragen!
Tina Balke ist Pflanzenärztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpflanzenbesitzer ebenso wie Profigärtner, die Probleme mit erkrankten oder schädlingsbefallenen Pflanzen haben.
Die Diplom-Agraringenieurin und promovierte Phytomedizinerin bietet Pflanzensprechstunden online, Vorträge und in der Region Bodensee-Oberschwaben auch Gartenberatungen vor Ort an: