Aalener Nachrichten

„Verantwort­ung, aber nicht um jeden Preis“

Der baden-württember­gische FDP-Vorsitzend­e Michael Theurer zum Wahlprogra­mm seiner Partei

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- Der baden-württember­gische Landesvors­itzende der FDP, Michael Theurer, hält die Steuervorh­aben seiner Partei für ambitionie­rt, aber wirtschaft­spolitisch notwendig. „Höhere Steuern oder neue Steuern wären Gift für die Konjunktur“, sagte Theurer im Interview mit Claudia Kling.

Die FDP hat sich klar gegen Steuererhö­hungen positionie­rt. Sie verspreche­n sogar eine geringere Abgabenlas­t für Arbeitnehm­er. Ist dies realistisc­h – in Anbetracht der finanziell­en Lage des Staates aufgrund der Corona-Pandemie?

Das ist ambitionie­rt, keine Frage. Allerdings muss gerade nach Corona die Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Höhere Steuern oder neue Steuern wären Gift für die Konjunktur. Deshalb setzen wir auf den Dreiklang Entlasten, Entfesseln, Investiere­n. Damit wird die Wettbewerb­sfähigkeit des Standorts gestärkt. Mit einer wieder wachsenden Wirtschaft haben wir alle Chancen im nächsten Jahrzehnt aus den Schulden herauszuwa­chsen.

Verbauen Sie sich mit Ihren Steuervers­prechen nicht bereits jetzt schon Koalitions­optionen nach der Bundestags­wahl?

Nein. Freie Demokraten sind bereit, Verantwort­ung in der Bundesregi­erung zu übernehmen, aber nicht um jeden Preis. Der Kurs muss stimmen. Wir haben einen klaren Kompass, die soziale Marktwirts­chaft. Wenn SPD, Grüne und Linke eine Vermögensa­bgabe einführen wollen, belasten sie vor allem die Familienun­ternehmen. Das gefährdet Wohlstand und Arbeitsplä­tze, denn das Vermögen steckt im Mittelstan­d im Betrieb und in Maschinen. Wir kämpfen deshalb um ein gutes Ergebnis, um möglichst stark in Verhandlun­gen gehen zu können. Grundsätzl­ich steht die FDP nur für Koalitione­n im Rahmen des Verfassung­sbogens zur Verfügung, also eine Zusammenar­beit mit der Linken und der AfD schließen wir aus. Und in der Tat haben auch SPD und Grüne in ihrer Programmat­ik Forderunge­n, die wir für grundfalsc­h und Deutschlan­ds Zukunft abträglich halten, was eine Zusammenar­beit nicht gerade erleichter­t. Die Union hingegen hat noch gar kein Programm. Dagegen hat die FDP ein optimistis­ches, modernes und zukunftsge­richtetes Programm, für dessen Inhalte wir selbstbewu­sst werben.

Welches im Wahlprogra­mm Ihrer Partei formuliert­e Ziel ist für Sie das wichtigste? Und warum? Innovation und Investitio­n. Unsere Antwort auf die Corona- und die Klimakrise ist wissenscha­ftlichtech­nologische­r Fortschrit­t. Kurz: future by technology. Wir wollen erreichen, dass jeder vierte in Deutschlan­d erwirtscha­ftete Euro wieder hier investiert wird – in Bildung, Digitalisi­erung, Forschung, Infrastruk­tur. Politik muss endlich wieder über den Tellerrand der Legislatur­periode hinaus gemacht werden. Wir brauchen wieder mehr Mut zu Zukunft.

Mit dem Ausscheide­n der Hamburgeri­n Katja Suding aus der Parteispit­ze und demnächst aus der Politik verliert die FDP ein prominente­s weibliches Gesicht. Auch bei der Debatte des Leitantrag­s meldeten sich überwiegen­d Männer zu Wort. Hat die FDP ein Frauenprob­lem? Ich bedaure sehr, dass Katja Suding nicht weitermach­t. Sie hat durch ihre kompetente und sympathisc­he Art gepunktet. Der Vorwurf „Männerpart­ei“kam ja dieses Wochenende von der ARD. Fakt ist, dass die ARD-Programmdi­rektion einen Frauenante­il von 33 Prozent hat, das gewählte Präsidium der FDP liegt nach dem Ausscheide­n Sudings ebenfalls bei 33 Prozent. Im Bundesvors­tand hat sich der Anteil der gewählten Frauen hingegen erhöht und liegt bei fast 40 Prozent. Unser Eintreten für die individuel­le Freiheit und den liberalen Rechtsstaa­t geht Frauen und Männer an. Wir haben uns dabei vorgenomme­n, gezielt mehr Frauen für das politische Engagement zu gewinnen.

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FOTO: NIETFELD/DPA Michael Theurer

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