Aiwanger wittert Apartheid
Streit ums Impfen belastet Koalition in Bayern
(dpa) - Die Koalition aus CSU und Freien Wählern in Bayern wird beim Thema Impfen auf die Probe gestellt: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger positioniert sich an der Seite derer, die mit dem Impfen gegen das Coronavirus noch nicht endgültig Frieden geschlossen haben. Selbst noch nicht geimpft, warnte der Wirtschaftsminister in der „FAZ“vor einer „Apartheidsdiskussion“. Impfgegner und CoronaLeugner könnten sich in eine Opferrolle zurückziehen und eine Diskussion über Ungleichbehandlung und Zwei-Klassengesellschaft lostreten. Dies würde der AfD die Wähler scharenweise in die Arme treiben, befürchtet er.
An der Wortwahl Aiwangers, der hofft, mit seinen Freien Wählern in den Bundestag einzuziehen, hatte es prompt Kritik gegeben. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte dem Bayerischen Rundfunk: „Wer Corona-Impfen mit Apartheidpolitik vergleicht, der zieht inakzeptable Vergleiche.“Er habe den Eindruck, dass Aiwanger mittlerweile so stark im Wahlkampfmodus sei, dass er vergesse, auch stellvertretender Ministerpräsident zu sein.
Schon am Vortag hatte die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) erklärt: „Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Schüsse auch auf Kinder waren Kennzeichen der Apartheid. Dies mit CoronaSchutzmaßnahmen gleichzusetzen ist unerträglich.“
Eine „Gleichsetzung“dementiert Aiwanger heftig – und sie dürfte aus dem Gesagten auch schwer nachzuweisen sein. „Ich habe davor gewarnt, dass wir durch eine unüberlegte Vorgehensweise in der Impfpolitik den Impfgegnern Munition liefern und in eine Apartheidsdiskussion geraten.“Keineswegs habe er gesagt, dass Unterschiede zwischen Geimpften und Nichtgeimpften mit der Apartheid verglichen werden könnten.
In der Tat hatte jedoch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an der Seite seines Gesundheitsministers Holetschek zumindest den psychologischen Druck auf Ungeimpfte deutlich erhöht. Söder erklärte etwa, der Besuch einer Diskothek oder eines Clubs von Herbst an könnte vom Vorliegen eines Impfnachweises abhängig sein.
Aiwanger sieht Gesprächsbedarf mit Söder: „Wir werden reden müssen.“Impfen sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Corona, so der Freie-Wähler-Chef – aber nicht der einzige. Es müsse auch das Thema Testen weiter verfolgt werden.