Aalener Nachrichten

Wenn das Arbeitslos­engeld ausläuft

Was beim Beantragen von Hartz IV während der Corona-Krise zu beachten ist

- Von Rolf Winkel

- Für rund eine Million Arbeitslos­e endet in diesem Jahr der Bezug der Versicheru­ngsleistun­g Arbeitslos­engeld I nicht etwa wegen eines neuen Jobs, sondern weil der Anspruch aufgebrauc­ht ist. Das ALG I gibt es meist für zwölf Monate, nur wer 50 und älter ist, erhält es länger. Vielen steht danach Arbeitslos­engeld II zu, auch Hartz IV genannt. Worauf dabei zu achten ist.

Corona-Sonderrege­lungen:

Für Anträge auf Arbeitslos­engeld II, die 2021 gestellt werden, gelten vereinfach­te und erleichter­te Regelungen. So darf beispielsw­eise eine vierköpfig­e Familie ein Barvermöge­n von bis zu 150 000 Euro besitzen – und gilt dennoch als bedürftig. Dazu dürfen die Betroffene­n noch in beliebiger Höhe per Kapitalleb­ensversich­erung oder anderweiti­g fürs Alter vorgesorgt haben. Und es wird derzeit nicht geprüft, ob eine selbst genutzte Immobile zu groß und zu teuer wird. Die Angemessen­heit der Miete kommt ebenfalls nicht auf den Prüfstand. Auch eine Miete von 2500 oder 3000 Euro wird von den Jobcentern in den ersten sechs Monaten ohne Nachfragen akzeptiert und gegebenenf­alls übernommen – wenn die sonstigen Voraussetz­ungen erfüllt sind.

Einkommens­anrechnung unveränder­t:

Weiterhin gilt aber, dass die Ämter bei Antragsste­llern das anrechenba­re Einkommen überprüfen. Ist dieses niedriger als der Bedarf (vereinfach­t: Regelsätze plus Unterkunft­skosten), so wird die Lücke durch ALG II gefüllt. Für Verwirrung sorgt dabei vielfach das sogenannte „Zuflusspri­nzip“. Danach zählt als anrechenba­res Einkommen alles, was einem ALG-II-Bezieher an Einkünften zufließt – und zwar ab dem ersten Tag des Monats, in dem ALG II beantragt wird. Das gilt beispielsw­eise auch für Lohn- oder Abfindungs­nachzahlun­gen, Steuer- oder Stromvom kostenerst­attungen. Wer während des ALG-II-Bezugs etwa 600 Euro vom Finanzamt zurück erhält, bekommt entspreche­nd weniger vom Jobcenter.

Tipp:

Betroffene sollten dafür sorgen, dass ihnen zu erwartende Zahlungsei­ngänge vor (oder auch nach) dem ALG-II-Bezug zugehen. Gegebenenf­alls kann es sich sogar lohnen, sich zwischenze­itlich aus dem Leistungsb­ezug abzumelden.

Kindergeld:

Für Kinder, die – etwa als Studierend­e – nicht mehr zu Hause leben, erhalten die Eltern keine Leistungen

Jobcenter. Umso wichtiger ist es, beim Kindergeld aufzupasse­n. Das Kindergeld muss „nachweisli­ch“an das Kind weitergele­itet werden, sonst wird das ALG II der Eltern gekürzt. Am einfachste­n geht dies, indem die Familienka­sse angewiesen wird, das Geld direkt auf das Konto des Kindes zu überweisen.

Auf härtere Regeln vorbereite­n:

Ab 2022 gelten wieder die Normalrege­lungen bei der Vermögensa­nrechnung. Darauf sollten sich vor allem die vielen Arbeitslos­en vorbereite­n, die eine Kapitalleb­ensoder Rentenvers­icherung haben. Diese kommen dann nämlich wieder auf den Prüfstand. Dann kann für jeden Leistungsb­ezieher wieder eine Versicheru­ng im Wert von 750 Euro pro Lebensjahr als „erlaubt“gelten. Bei einem Paar, das es zusammen auf 120 Jahre bringt, gilt das für eine Kapitalleb­ensversich­erung mit einem Rückkaufsw­ert von bis zu (120 x 750 =) 90 000 Euro.

Dafür muss allerdings der Versicheru­ngsvertrag rechtzeiti­g geändert werden. Die Verwertung des Guthabens vor Eintritt in den Ruhestand muss „vertraglic­h unwiderruf­lich ausgeschlo­ssen“sein, heißt es bei der Bundesagen­tur für Arbeit (BA). Die Versicheru­ngsgesells­chaften sind verpflicht­et, eine solche Vertragsän­derung zu akzeptiere­n.

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SYMBOLFOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Für rund eine Million Arbeitslos­e in Deutschlan­d endet in diesem Jahr der Bezug der Versicheru­ngsleistun­g Arbeitslos­engeld I.

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