Testpflicht für Urlaubsrückkehrer
Spanien und die Niederlande sind Hochinzidenzgebiete – Spahn will Testpflicht für alle Rückkehrer
(dpa) - Zum Schutz vor einer Corona-Ausbreitung nach den Sommerferien müssen sich Urlauber auf erweiterte Testpflichten bei der Rückkehr nach Deutschland gefasst machen. Die Bundesregierung stimme sich derzeit darüber ab, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Dienstag. Eine Testpflicht bei der Einreise besteht bereits für Flugpassagiere, künftig soll grundsätzlich ein Test verlangt werden – egal, von wo und mit welchen Verkehrsmitteln man kommt.
- Es bleibt kompliziert: Urlaub im zweiten Jahr der CoronaPandemie ist mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Nun wird über zusätzliche Testpflichten debattiert. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Welche Pläne verfolgt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei Rückreisen aus dem Urlaub?
Der CDU-Politiker hat vor, die Testpflicht für Reiserückkehrer erheblich auszuweiten. Zum Beispiel sollen Urlauber, die mit dem Auto nach Deutschland zurückkehren, einen negativen Corona-Test vorlegen oder ihre Impfung beziehungsweise Genesung nachweisen müssen, wie Spahn den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte. Derzeit gilt diese Regelung nur für Flugreisende. Der Virologe Martin Stürmer begrüßte den Vorstoß und forderte darüber hinaus, dass auch Geimpfte und Genesene grundsätzlich getestet werden, wenn sie aus Hochrisikogebieten kommen.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Spahns Pläne umgesetzt werden?
Eine Sprecherin Spahns sagte am Dienstag: „Die Abstimmungen innerhalb der Regierung dazu laufen.“Gegen die Idee, auch Autoreisende zu kontrollieren, gibt es aber erheblichen Widerstand. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, sie halte eine solche Vorschrift für unverhältnismäßig. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich im Vorfeld gegen stationäre Grenzkontrollen gewandt, um „lange Staus zu vermeiden“.
Spanien und Niederlande gelten jetzt als Hochinzidenzgebiete. Was ändert sich für Rückreisende? Wer nicht geimpft oder genesen ist und aus einem Hochinzidenzgebiet nach Deutschland zurückkehrt, muss für zehn Tage in Quarantäne, aus der man sich jedoch nach fünf Tagen freitesten kann. Dies gilt für Reisen per Flugzeug, mit der Bahn und mit dem Pkw. Beim Deutschen Reiseverband schätzt man, dass sich derzeit allein in Spanien etwa 400 000 deutsche Urlauber aufhalten.
Kann man eine gebuchte Reise absagen, wenn eine Region zum Hochinzidenzgebiet erklärt wird? Grundsätzlich gilt: Pauschalreisende haben bessere Chancen, ohne Stornierungskosten von ihrer Reise zurückzutreten, als Individualreisende. Dies gilt aber nur für den Fall, dass bei der Buchung keine Reisewarnung vorlag. Der deutsche Reiseriese DER Touristik teilte mit, dass Spanien- und Niederlande-Reisenden vom Unternehmen kostenfreie Stornierungsmöglichkeiten angeboten würden.
Ist es vertretbar, Urlaub in einem Hochinzidenzgebiet zu machen?
Pauschal lasse sich das Risiko von Reisen in Hochinzidenzgebiete nicht bewerten, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. „Keine Reise ist wie die andere, und jeder Reisende ist anders.“Wer beispielsweise am Ballermann auf Mallorca feiere, habe ein relativ hohes Risiko, sich zu infizieren. Das gelte in gewisser Weise auch für Geimpfte. Eine Impfung
sei nämlich „kein Persilschein“und berechtige nicht dazu, alle Schutzmaßnahmen über Bord zu werfen, betonte der Virologe. Auch als Geimpfter könne man sich „noch anstecken und das Virus auch weitergeben, wenn auch seltener als Ungeimpfte“. Vor schweren oder gar tödlichen Verläufen seien Geimpfte allerdings sehr gut geschützt.
Was halten die Bürger vom Urlaub in Hochinzidenzgebieten?
Nicht viel. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov lehnen zwei Drittel der Deutschen touristische Reisen in Risikogebiete ab. Nur rund ein Viertel sagte, dass solche Reisen vertretbar seien. Ähnlich sehen die Werte bei den Quarantänepflichten aus, die für
Rückreisende aus Hochinzidenzgebieten gelten. 73 Prozent sind dafür, die Quarantänepflichten beizubehalten oder sogar noch zu verschärfen. Nur 22 Prozent wünschen sich eine Lockerung oder Abschaffung.
Bekommt man weiter Gehalt, wenn man bei der Rückkehr aus einem Hochinzidenzgebiet in Quarantäne muss?
Die Rechtslage ist eindeutig: „Lohn gibt es nur für Arbeit“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Jürgen Markowski. Das gelte für die CoronaQuarantäne ebenso wie für eine verspätete Rückkehr zum Arbeitsplatz, wenn etwa der Flughafen wegen eines Vulkanausbruchs gesperrt war, wenn Piloten streikten oder das Auto defekt war. Eine Strafe darf es allerdings ebenfalls nicht geben. Wichtig: Wer zum Beispiel nach einem Urlaub nicht rechtzeitig an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann, muss seinen Arbeitgeber umfassend darüber informieren. Markowski rät davon ab, vorsorglich schon mal den Dienstlaptop in den Urlaub mitzunehmen. Wer schon vor Reiseantritt mit gravierenden Problemen bei der Rückkehr rechne, solle lieber zu Hause bleiben oder sich ein anderes Ferienziel suchen.
Gibt es wegen der Krise derzeit viele Schnäppchenangebote?
Eher nicht. Es gibt nur wenige Flüge, und das Übernachtungsangebot ist eingeschränkt. Zudem nimmt die Nachfrage nach Urlaub im Ausland wieder zu. Die Folge: Die Preise für Hin- und Rückflüge ins Ausland liegen nach Angaben des Vergleichsportals Check24 im Schnitt aktuell 29 Prozent höher als im Vergleichszeitraum 2019. Hotelübernachtungen und Ferienwohnungen sind ebenfalls teurer geworden.
Befindet sich Deutschland auf dem spanischen und niederländischen Weg?
Beide beliebte Urlaubsländer sind zu Corona-Hochinzidenzgebieten erklärt worden, mit Sieben-Tage-Inzidenzen von um die 360. Hierzulande liegt die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner laut Robert-KochInstitut (RKI) aber bei nur 14,5, nach 14,3 am Vortag. Die Inzidenz steigt seit drei Wochen Tag für Tag. Am 6. Juli hatte sie noch 4,9 betragen. Laut RKI belegt Hamburg mit 26,8 den Negativ-Spitzenplatz unter den Ländern, gefolgt von Berlin (24,8) und dem Saarland (22,6). Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 1545 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 1183 Ansteckungen gelegen.