Aalener Nachrichten

Sanierung der Staatsoper in Sicht

Die deutsche Schauspiel­erin Franka Potente liefert mit „Home“ein gelungenes Regiedebüt ab

- Von Stefan Rother Home,

(sz) - Die Stadt Stuttgart ist der Sanierung der Staatsoper im Littmann-Bau einen Schritt nähergekom­men. Der Gemeindera­t hat am Mittwochab­end die Planungsko­sten in Höhe von 13,5 Millionen Euro genehmigt, außerdem soll der Bau einer Interimssp­ielstätte vorbereite­t werden. Eine Baugenehmi­gung ist das allerdings noch nicht. Im Herbst soll ein Architekte­nwettbewer­b ausgeschri­eben werden.

Perspektiv­losigkeit und OpioidEpid­emie in der amerikanis­chen Provinz, alltäglich­e Gewalt, das Gefängniss­ystem und die Frage nach einer möglichen Resozialis­ierung – das sind naheliegen­de Themen für US-Filmemache­r, die sich mit den sozialen Krisen ihres Landes auseinande­rsetzen wollen. In „Home“ist es allerdings die deutsche Regisseuri­n Franka Potente, die diese Fäden miteinande­r verknüpft. Das Drama ist ihr Debüt auf Spielfilml­änge. Bislang hatte sie nur 2006 bei dem eher obskuren Kurzfilm „Der die Tollkirsch­e ausgräbt“Regie geführt.

Eine ungewöhnli­che Themenwahl, möchte man meinen, allerdings verbindet die 47-Jährige einiges mit den Vereinigte­n Staaten: Austauschs­chülerin in Texas, Schauspiel­schule in New York, Rollen in Hollywood, und seit Längerem lebt sie mit ihrer Familie in Los Angeles. Doch auch in Deutschlan­d ist die durch Filme wie „Nach fünf im Urwald“und „Lola rennt“bekannt gewordene Schauspiel­erin weiterhin aktiv. Somit kann sie ihre Wahlheimat USA aus einer Innen- wie Außenpersp­ektive betrachten.

Dem angenehm zurückhalt­end inszeniert­en Film, für den Potente auch das Drehbuch geschriebe­n hat, tut dies sichtlich gut. Erzählt wird die Geschichte von Marvin Hacks (Jake McLaughlin), der nach 17 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird. Darauf steigt er auf sein Skateboard und kehrt in seine Heimatstad­t Clovis zurück. Dort hat sich seit seiner Verurteilu­ng nicht viel verändert – zumindest nicht zum Guten.

Seine Mutter Bernadette (Kathy Bates) ist an Lungenkreb­s erkrankt, sein Jugendfreu­nd Wade (Derek Richardson, Potentes Ehemann) lebt drogensüch­tig in einem herunterge­kommenen Wohnwagen. Und auch wenn viele Jahre vergangen sind, erinnert man sich im Ort an den Grund für Marvins Verurteilu­ng: Er hat als junger Mann eine ältere Frau umgebracht.

Deren Enkel leben weiterhin dort. Der arbeitslos­e Russell (James Jordan) sinnt sofort auf Rache, seine jüngere Schwester Delta (Aisling Franciosi, Lyanna Stark in „Game of Thrones“) hat als alleinerzi­ehende

Mutter mit mehreren Jobs dagegen ganz andere Sorgen, fühlt sich aber auch zu Marvin hingezogen.

So trist die Geschichte zunächst klingen mag, so blitzt doch immer wieder etwas trockener Humor auf. Die Dynamik zwischen den Charaktere­n lebt von den herausrage­nden darsteller­ischen Leistungen. Hauptdarst­eller Jake McLaughlin – vor seiner Schauspiel­karriere ein dekorierte­r Veteran des Irakkriege­s – ist eigentlich eine imposante Erscheinun­g, hier scheint er sich aber oft geradezu wegducken zu wollen. Er weiß, welche Schuld er auf sich geladen hat und dass ihm nicht vergeben wurde. Aber er hat keinen anderen Ort, an den er gehen kann. Zudem will er Zeit mit seiner sterbenden Mutter verbringen.

Diese verkörpert Bates als vom Leben gezeichnet­e Frau mit rauer Schale und einem Hang zu Kraftausdr­ücken. Ihrem Sohn begegnet sie zunächst distanzier­t, dann nähern sich die beiden aber doch an. Was bei seinem Jugendfreu­nd Wade, der bei dem Mord damals anwesend war, nicht der Fall ist. Für ihn ist die Zeit stehen geblieben. Beide sind zwar Männer um die 40, im Kopf sind beide aber in mehrerer Hinsicht in ihren Zwanzigern. Gemeinsam fahren sie auf ihren Skateboard­s durch die Stadt oder hüpfen durch den Wohnwagen, während der Soundtrack ihrer Jugend läuft. Der stammt, dieses kleine Spiel mit ihrer transnatio­nalen Identität hat sich Potente erlaubt, von der westfälisc­hen Band Donots.

Die Beziehung von Marvin zur Enkelin seines Opfers schließlic­h trägt das Potenzial einer Romeo-und-Julia-Beziehung in der amerikanis­chen Kleinstadt in sich. Potente interessie­rt vor allem die Frage, ob und wann Vergebung möglich sein kann. Dabei setzt sie auch auf religiöse Motive, wobei die Rolle des engagierte­n Pfarrers (Stephen Root) ebenso wie die des warmherzig­en Krankenpfl­egers Jayden (Lil Rel Howery) etwas zu offenkundi­g auf den Wohlfühlfa­ktor hingeschri­eben wurde. Solche kleinen Schwächen trüben aber nicht ein gelungenes Regiedebüt.

Regie: Franka Potente, mit: Jake McLaughlin, Aisling Franciosi, Kathy Bates. Deutschlan­d/Niederland­e 2020, 100 Minuten, FSK ab 12.

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FOTO: FRANK GRIEBE/AUGENSCHEI­N FILMPRODUK­TION
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FOTO: VERA ANDERSON/WELTKINO VERLEIH Die deutsche Schauspiel­erin und Regisseuri­n Franka Potente.

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