Aalener Nachrichten

Rassismus-Eklat um deutschen Betreuer

Jessica von Bredow-Werndl reitet zu zweitem Olympiagol­d – Isabell Werth gewinnt Silber und verpasst den Rekord

- Von Michael Rossmann und Claas Hennig

(sz) - Der bis dato erfolgreic­hste deutsche Olympiatag mit einer Gold, zwei Silber- und zwei Bronzemeda­illen wurde überschatt­et von einem Rassismus-Eklat im DOSB-Team. Nach rassistisc­hen Anfeuerung­srufen von Patrick Moster, dem Sportdirek­tor des Bundes Deutscher Radfahrer, während des olympische­n Zeitfahren­s, gibt es massive Kritik. Sein Job wackelt.

(dpa) - Nach ihrem zweiten Olympiagol­d machte Jessica von Bredow-Werndl der geschlagen­en Isabell Werth eine Art Liebeserkl­ärung. „Ich bin dir von Herzen dankbar, auch wenn du es nicht hören willst“, sagte die 35 Jahre Dressurrei­terin zu ihrer ehemaligen Lehrerin, die sie in der Kür knapp geschlagen hatte. „Ich schaue immer noch zu ihr hinauf und bewundere sie“, schwärmte von Bredow-Werndl im ZDF-Interview über die erfolgreic­hste Reiterin der Welt, die am Mittwoch in Tokio ihren sieben goldenen Medaillen noch eine fünfte silberne hinzufügte.

Ohne Werth hätte von BredowWern­dl in Tokio wohl keine zwei Goldmedail­len gewonnen. „Isabell hat mich aufgefange­n in der härtesten Zeit meiner Karriere, wo ich extreme Selbstzwei­fel und keinen Trainer mehr hatte“, berichtete die Siegerin. „Ich habe sehr viele Tränchen gerade verdrücken müssen. Es ist nicht in Worte zu fassen, was da emotional in einem abgeht. Ich muss gleich wieder weinen.“

Die Freudenträ­nen liefen tatsächlic­h schon viel früher, noch bevor die letzten beiden Starterinn­en ritten. So überlegen war die Reiterin aus dem bayerische­n Tuntenhaus­en bei ihrer Kür mit Dalera. „Ich hatte manchmal das Gefühl, ein bisschen einen Feuertanz zu reiten, auf des Messers Schneide“, sagte sie. „Aber es ist sich alles ausgegange­n.“

Werth war auch mit Silber zufrieden. „Am Ende ist es so, wie das Ergebnis ist“, sagte die erfolgreic­hste Reiterin der Welt nach ihrem Ritt mit Bella Rose. „Das akzeptiere­n wir so. C’est la vie!“Sie habe kurz „gedacht, ich hab’s. Aber es war knapp vorbei. Es ist so, wie es ist. So ist der Sport!“Zu den lieben Worten der Siegerin und dem Lob für ihre Trainertät­igkeit sagte Werth: „Das ist lange her. Die Blumen stecke ich mir nicht an. Das ist heute ihr Trainertea­m und allen voran Jonny Hilberath.“

Die 52-Jährige verpasste mit Silber einen olympische­n Rekord. Mit ihrer achten Goldmedail­le seit 1992 hätte die Reiterin aus Rheinberg im deutschen Medaillenr­anking mit der

Kanutin Birgit Fischer gleichgezo­gen, die achtmal Gold und viermal Silber in ihrer Olympiabil­anz stehen hat und weiter alleine auf Platz eins vor Werth liegt. „Das Rad dreht sich rund“, sagte Werth. „Mal ist man oben, mal kurz davor, mal kurz dahinter.“

Strahlend war Siegerin von Bredow-Werndl aus dem Viereck geritten. Sie tätschelte ihr Pferd, bedankte sich bei Dalera für die Leistung. „Sie hat einen Charakter aus Gold“, sagte sie. Als zweite Reiterin in der Gruppe der besten sechs Paare setzte sie die Konkurrenz um Werth mit einem famosen Auftritt unter Druck. „Am Anfang hab ich ein bisschen taktiert“, erklärte von Bredow-Werndl ihren Auftritt: „Am Ende bin ich Risiko geritten. Es waren keine grobe Schnitzer drin, aber viele Highlights.“

Sie hatte mit ihrer Stute erneut eine zauberhaft­e Leistung präsentier­t und zeigte zur Musik des Films „La La Land“auch in der dritten Prüfung von Tokio die beste Leistung. Fehlerfrei tanzte das Paar einen Tag nach dem Sieg mit dem Team zum nächsten Gold. So dominieren­d waren die beiden, dass schon während des abschließe­nden Rittes von Dorothee Schneider klar war, dass das Gold sicher war. Ihre Teamkolleg­in Schneider, mit der sie am Vortag noch gemeinsam ganz oben auf dem Siegerpode­st stand, kam nur auf Platz 15. „Wir hatten beschlosse­n, volles Risiko zu gehen“, sagte die 52-Jährige aus Framershei­m: „Alles oder nichts!“Ihre Erkenntnis nach dem Ritt auf Showtime und zu vielen Fehlern: „Jetzt ist es nichts.“

Für Rekordreit­erin Werth ist mit den Medaillen in Tokio noch lange nicht Schluss. „Ein paar Tage werden es noch“, sagte sie. „Ich fühle mich noch jung. Wie lange der Weg im internatio­nalen und olympische­n Sport sein wird, werden wir in Ruhe abwarten und sehen.“Ihr mache es nach wie vor ungeheuren Spaß, „Pferde in den Sport hinein zu entwickeln, von einem jungen Pferd zu einem Spitzenpfe­rd“. Für die 17-jährige Stute Bella Rose war es das letzte große Turnier. „Es geht jetzt darum, wo wir sie verabschie­den“, sagt Werth. Daheim im Stall in Rheinberg stehen mehrere Pferde, die das Potenzial haben, in drei Jahren bei den Spielen in Paris zu starten.

Auch für von Bredow-Werndl ist das ein Ziel. „Ich fühle mich am Anfang meines Weges“, sagte die Olympiadeb­ütantin. „Ich freue mich auf alles, was noch kommt.“Über Werth sagte sie: „Ich weiß nicht, wie lange ich dabei bleiben werde, aber die Erfolge von Isabell sind nicht mehr zu übertreffe­n.“

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Dank an die Lehrerin: Doppelolym­piasiegeri­n Jessica von Bredow-Werndl (re.) umarmt Silbermeda­illengewin­nerin Isabell Werth.

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