Wohnkosten belasten Hartz-IV-Haushalte
Kommunen setzen unterschiedliche Kriterien für Erstattung der Mieten an
- In mehr als jedem sechsten Hartz-IV-Haushalt wird nur ein Teil der Wohnkosten erstattet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der linken Bundestagsfraktion hervor, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt
In Baden-Württemberg sind es über 20 Prozent der Haushalte, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. „In manchen Gemeinden ist sogar jeder zweite Leistungsbezieher von einer sogenannten Wohnkostenlücke betroffen“, so die Linken-Fraktion. Besonders seien Familien mit Kindern sowie Alleinerziehende in Schwierigkeiten. „Hier fehlen jeden Monat 101 Euro beziehungsweise 96 Euro. Durchschnittlich beträgt die Wohnkostenlücke 87 Euro.“
Langzeitarbeitslose und ihre Familien haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. In der Praxis bedeutete das: Der Bund zahlt das Arbeitslosengeld II, und die Kommunen kümmern sich um die „Kosten der Unterkunft“. Der Bund hat sich verpflichtet, seinen Anteil für Wohnkosten schrittweise von etwa 30 Prozent im Jahr 2016 auf bis zu 74 Prozent im Jahr 2022 zu erhöhen. Die Erstattung erfolgt an die Länder. Wie diese Zahlungen weitergegeben werden, ist ihnen überlassen. Es besteht kein Rechtsanspruch der Kommunen gegen den Bund oder die Länder.
So oder so bleiben den Kommunen erhebliche Kosten. Sie aber entscheiden darüber, was für Hartz-IVEmpfänger in Sachen Wohnen angemessen ist. Es fehlt eine gesetzliche Grundlage, auf deren Basis die Angemessenheit bestimmt wird. „In Deutschland ist ein Methodenwildwuchs bei der Bestimmung angemessener Wohnkosten durch die Kommunen entstanden“, beklagt die sozialpolitische Sprecherin der linken Bundestagsfraktion, Katja Kipping. „Seit Jahren drücken sich die Bundesregierungen um eine verfassungskonforme Lösung für die Wohnkosten von armen Menschen.“
Da ein Umzug in vielen Fällen zu teureren Wohnungen führen würde, sitzen viele in der Kostenfalle. Klagen wären möglich, aber der Weg zum Gericht wird von vielen gemieden.
Dabei geraten nicht nur Langzeitarbeitslose, sondern auch arme Rentner und Erwerbsgeminderte mit geringem Einkommen in unzumutbare finanzielle Nöte. Das, was zum Wohnen fehlt, muss in der Regel mit dem Geld ausgeglichen werden, das eigentlich für Ernährung, Kleidung oder Mobilität vorgesehen ist.
Dabei ist die Gesamtzahl der Betroffenen von 500 000 im Jahr 2019 auf 450 000 im Jahr 2020 zurückgegangen.