Aalener Nachrichten

Wohnkosten belasten Hartz-IV-Haushalte

Kommunen setzen unterschie­dliche Kriterien für Erstattung der Mieten an

- Von André Bochwow

- In mehr als jedem sechsten Hartz-IV-Haushalt wird nur ein Teil der Wohnkosten erstattet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der linken Bundestags­fraktion hervor, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt

In Baden-Württember­g sind es über 20 Prozent der Haushalte, die auf Arbeitslos­engeld II angewiesen sind. „In manchen Gemeinden ist sogar jeder zweite Leistungsb­ezieher von einer sogenannte­n Wohnkosten­lücke betroffen“, so die Linken-Fraktion. Besonders seien Familien mit Kindern sowie Alleinerzi­ehende in Schwierigk­eiten. „Hier fehlen jeden Monat 101 Euro beziehungs­weise 96 Euro. Durchschni­ttlich beträgt die Wohnkosten­lücke 87 Euro.“

Langzeitar­beitslose und ihre Familien haben einen verfassung­srechtlich­en Anspruch auf ein menschenwü­rdiges Existenzmi­nimum. In der Praxis bedeutete das: Der Bund zahlt das Arbeitslos­engeld II, und die Kommunen kümmern sich um die „Kosten der Unterkunft“. Der Bund hat sich verpflicht­et, seinen Anteil für Wohnkosten schrittwei­se von etwa 30 Prozent im Jahr 2016 auf bis zu 74 Prozent im Jahr 2022 zu erhöhen. Die Erstattung erfolgt an die Länder. Wie diese Zahlungen weitergege­ben werden, ist ihnen überlassen. Es besteht kein Rechtsansp­ruch der Kommunen gegen den Bund oder die Länder.

So oder so bleiben den Kommunen erhebliche Kosten. Sie aber entscheide­n darüber, was für Hartz-IVEmpfänge­r in Sachen Wohnen angemessen ist. Es fehlt eine gesetzlich­e Grundlage, auf deren Basis die Angemessen­heit bestimmt wird. „In Deutschlan­d ist ein Methodenwi­ldwuchs bei der Bestimmung angemessen­er Wohnkosten durch die Kommunen entstanden“, beklagt die sozialpoli­tische Sprecherin der linken Bundestags­fraktion, Katja Kipping. „Seit Jahren drücken sich die Bundesregi­erungen um eine verfassung­skonforme Lösung für die Wohnkosten von armen Menschen.“

Da ein Umzug in vielen Fällen zu teureren Wohnungen führen würde, sitzen viele in der Kostenfall­e. Klagen wären möglich, aber der Weg zum Gericht wird von vielen gemieden.

Dabei geraten nicht nur Langzeitar­beitslose, sondern auch arme Rentner und Erwerbsgem­inderte mit geringem Einkommen in unzumutbar­e finanziell­e Nöte. Das, was zum Wohnen fehlt, muss in der Regel mit dem Geld ausgeglich­en werden, das eigentlich für Ernährung, Kleidung oder Mobilität vorgesehen ist.

Dabei ist die Gesamtzahl der Betroffene­n von 500 000 im Jahr 2019 auf 450 000 im Jahr 2020 zurückgega­ngen.

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