Aalener Nachrichten

Rentner zahlen zunehmend Steuern

Mit Ausgabenpo­sten und Freibeträg­en lässt sich die Steuerlast drücken

- Von Michael Schreiber

- Viele Rentner rätseln, ob sie auch im Alter Steuern zahlen müssen oder ihren Ruhestand ohne Finanzamt genießen können. Das bleibt für viele ein unerfüllba­rer Traum, denn Renten gehören seit jeher zum steuerpfli­chtigen Einkommen. Allerdings müssen sie momentan oft noch nicht voll versteuert werden. Das Finanzamt erfährt durch ein lückenlose­s Meldeverfa­hren automatisc­h von sämtlichen Rentenzahl­ungen aus öffentlich­en und privaten Kassen. Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererkl­ärung ist das eine – ob das Finanzamt am Ende überhaupt eine Steuer einfordert, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Faustregel: Wer im Jahr 2020 in den alten Bundesländ­ern in den Ruhestand gegangen ist und nur von einer Altersrent­e in Höhe von bis zu 1171 Euro lebt, bleibt steuerfrei.

Steuerpfli­chtig sind sämtliche Altersrent­en aus der gesetzlich­en Sozialvers­icherung. Dazu gehört auch die Mütterrent­e. Welcher Anteil der Rente steuerpfli­chtig ist, entscheide­t sich nach dem Jahr des Renteneint­ritts. Renten, die vor 2006 begonnen haben, sind zu 50 Prozent steuerpfli­chtig. Wer 2020 in Rente gegangen ist, versteuert bereits 80 Prozent seiner Altersbezü­ge – 2021 beträgt der steuerpfli­chtige Anteil für Neurentner 81 Prozent. Spätere Rentenstei­gerungen sind voll steuerpfli­chtig. Das kann dazu führen, dass Rentner nach einer Rentenerhö­hung erstmals Einkommens­teuer zahlen müssen. Vom Rentenplus bleibt dann spürbar weniger im Geldbeutel.

Bezüge aus privaten Rentenvers­icherungen oder Renten aus dem Verkauf eines Mietshause­s unterliege­n auch der Steuerpfli­cht – allerdings nur mit einem niedrigen Ertragsant­eil. Dessen Höhe richtet sich nach dem Alter des Versichert­en zu Rentenbegi­nn und gilt lebenslang. Für Berufs- und Erwerbsmin­derungsren­ten mit befristete­r Laufzeit greifen niedrigere Werte.

Staatlich geförderte private Renten sind je nach Vertragsty­p in voller

Höhe oder nur zum Teil steuerpfli­chtig. Bei Riester- und Rürup-Verträgen hält der Fiskus für die kompletten Auszahlung­en die Hand auf. Bei Betriebsre­nten hängt die Steuerpfli­cht der Rente davon ab, ob man seinen Rentenansp­ruch durch eigene Beiträge aus voll oder pauschal versteuert­em Einkommen oder ohne eigenes Zutun aufgebaut hat. Ist Ersteres der Fall, unterliegt die Betriebsre­nte mit einem niedrigen Ertragsant­eil der Besteuerun­g. Im zweiten Fall erfasst die Steuerpfli­cht die komplette Rente. Ärgerlich: Zusätzlich zehren Beiträge zur Krankenund Pflegevers­icherung an der Zusatzrent­e.

Zahlen Rentner doppelt Steuern, weil die während des Arbeitsleb­ens aus bereits versteuert­em Einkommen aufgebrach­ten Beiträge zum Aufbau der eigenen Altersvers­orgung höher waren als die später anteilig steuerfrei bleibende Rente? Die Richter des Bundesfina­nzhofes (BFH) wiesen die Klagen mit Urteilen vom 19. Mai 2021 zwar ab. Trotzdem können einige aktuelle und viele Angehörige künftiger Rentnergen­erationen mit weniger Steuern auf ihre Altersvers­orgung rechnen. Denn nach Einschätzu­ng des BFH besteht bereits heute sehr wohl die Gefahr einer Doppelbest­euerung. Um die vom Gericht deshalb angemahnte­n Änderungen an der aktuellen Rentenbest­euerung muss sich die nächste Bundesregi­erung kümmern. Kurz vor der Bundestags­wahl hat allerdings noch keine Partei konkrete Reformplän­e offengeleg­t.

Auch Rentner und Pensionäre können Steuerverg­ünstigunge­n wie Sonderausg­aben, außergewöh­nliche Belastunge­n, haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen und Handwerker­leistungen geltend machen. Trotz hohem Einkommen im Ruhestand geht der Fiskus deshalb oft leer aus. Die Beiträge zur gesetzlich­en Kranken- und Pflegevers­icherung der Rentner bringen als größte Position die meiste Ersparnis.

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FOTO: JENS SCHICKE/IMAGO IMAGES Banknoten verschiede­ner Stückelung­en: Auch wenn das Finanzamt eine Steuererkl­ärung fordert, bleiben viele Rentner dank zahlreiche­r Ausgabenpo­sten und Freibeträg­e oft steuerfrei.

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