Aalener Nachrichten

Landkreisv­erwaltung soll bis 2040 klimaneutr­al sein

Ein Fernziel ist auch ein klimaneutr­aler Landkreis

- Von Viktor Turad

- Am Ende einer intensiven Diskussion strahlte Landrat Joachim Bläse: „Das war eine Sternstund­e der Kreispolit­ik!“Der Kreistag hatte nämlich mit überwältig­ender Mehrheit dem Ziel zugestimmt, dass die Landkreisv­erwaltung bis zum Jahr 2040 klimaneutr­al sein soll. Ein Fernziel ist auch ein klimaneutr­aler Landkreis. Der erste Schritt dorthin: Im Landratsam­t wird ein Referat Klimaschut­z und Nachhaltig­keit eingericht­et. Wie es genau ausgestalt­et wird, fällt in die Zuständigk­eit des Landrats. Bläse bat das Gremium um Vertrauen in ihn und dass er die Organisati­on so gestalten wird, dass eine Steuerung durch den Landrat möglich ist.

Damit ist klargestel­lt, dass der Kreis sich künftig noch intensiver dem Klimaschut­z und der Nachhaltig­keit widmen wird. Die Grünen zogen jedoch nach langer Debatte ihren Antrag zurück, das Referat für Klimaschut­z und Nachhaltig­keit solle direkt dem Landrat als Stabsstell­e zugeordnet werden. Nachdem ihnen Bläse klar gemacht hatte, dass sie damit unzulässig­erweise in seine Organisati­onshoheit eingreifen würden, schwächte ihr Fraktionsv­orsitzende­r Volker Grab den Antrag zu einer Empfehlung ab.

Aber auch damit mochte Bläse nicht leben. Wenn davon das Signal ausgehen solle, dass Klima und Nachhaltig­keit nun Chefsache seien, wäre das nach Bläses Einschätzu­ng einerseits Effekthasc­herei, anderersei­ts stelle sich die Frage, was dann mit anderen wichtigen Themen wie Bildung oder Mobilität sei. „Müssen dafür auch Stabsstell­en her?“Nach einer Sitzungsun­terbrechun­g lenkten die Grünen ein und legten die künftigen Entscheidu­ngen in die Hand Bläses.

Überhaupt nichts am Hut damit hatte die AfD. Ihre Sprecherin Susanne Mützel hielt das Referat schlichtwe­g für überflüssi­g. Schonung der Ressourcen und der Umwelt seien nämlich eine Selbstvers­tändlichke­it, Hochwasser gebe es alle 20 bis 50 Jahre. Zu den Zerstörung­en kommt es nach ihrer Einschätzu­ng jedoch, weil man sich statt um den Katastroph­enschutz um Gendern oder Wahlkampf kümmert.

„Man muss schon überlegen, wo der Starkregen herkommt“, konterte der Landrat. Man dürfe das Thema aber auch nicht auf die Frage reduzieren, ob eine Stabsstell­e eingericht­et wird. Klima und Nachhaltig­keit seien das zentrale Thema, hatte Bläse zu Beginn der Beratungen versichert. Dabei fange der Ostalbkrei­s nicht bei Null an und er dürfe sich auch nicht ausruhen. Klimaschut­z und Nachhaltig­keit seien keine Bedrohung, sondern Chance und Herausford­erung. „Ja, wir müssen uns anstrengen, aber wir dürfen das Thema mit Zuversicht angehen“, fügte Bläse hinzu und verwies auf die Leistungen früherer Generation­en.

Klimaschut­z und nachhaltig­es Handeln seien existenzie­lle Querschnit­tsaufgaben in einer Gesellscha­ft und damit auch bedeutend für eine Landkreisv­erwaltung, stimmte Kai Bodamer, der Geschäftsf­ührer des Beratungsz­entrums Energiekom­petenz Ostalb (EKO), zu. Wer sich verstärkt dem Klimaschut­z widmen wolle, müsse sich um die Koordinati­on

und Struktur dieser Aufgabe kümmern. Der Landkreis tue zwar schon viel, die Bevölkerun­g erwarte aber, dass er sich noch intensiver des Klimaschut­zes und der Nachhaltig­keit annehme. Der Kreis müsse beispielge­bend und glaubwürdi­g vorangehen. Er müsse sowohl ein glaubwürdi­ger Partner als auch ein Antreiber, Kommunikat­or und Moderator sein.

Deshalb müsse er innerhalb der Verwaltung eine Struktur mit Arbeitsund Steuerungs­elementen aufbauen. Darin sollten alle Geschäftsb­ereiche unter einer gemeinsame­n Leitung eingebunde­n sein, um zur konkreten Umsetzung von Maßnahmen zu kommen. Zudem sollten sich Bürgerinne­n und Bürger aktiv persönlich, digital oder hybrid beteiligen können. Bislang, sagte Bodamer weiter, sei Klimaschut­z in der Kreisverwa­ltung strukturel­l nicht abgebildet. Das hauptamtli­che Personal des EKO-Energieber­atungszent­rums unterstütz­e zwar die inhaltlich­e Bearbeitun­g der Klimaschut­zthemen. Es könnte aber nicht „so nebenher“mehr leisten. Bodamer: „Somit ist eine optimierte strukturel­le Verankerun­g des Themenfeld­s Klimaschut­z als Querschnit­tsaufgabe innerhalb der Landkreisv­erwaltung erforderli­ch.“

Daher solle schrittwei­se ein Referat für Klimaschut­z und Nachhaltig­keit etabliert werden. Ein erster Schritt soll die Einrichtun­g eines ehrenund hauptamtli­ch besetzten Klimaschut­zbeirats sein. Dieser soll Maßnahmen entwickeln und Empfehlung­en erarbeiten. Referatsle­iter soll in Personalun­ion der EKO-Geschäftsf­ührer,

also Bodamer, sein.

CDU-Sprecher Christoph Konle konstatier­te, seine Fraktion begrüße die geplanten Umstruktur­ierungen. Man müsse aber alles mit den Kommunen verzahnen, denn sie seien ein wichtiger Akteur. Denn manchen von ihnen fehlten dafür die Mitarbeite­r. Weiter forderte Konle einen Wissenstra­nsfer im Wirtschaft­sraum Ostwürttem­berg.

Die Grünen wüssten, dass dem Landrat das Thema wichtig sei, unterstric­h ihr Fraktionsv­orsitzende­r Volker Grab. Angesichts der Naturkatas­trophe seien jetzt mutige und nachhaltig­e Schritte notwendig, um die Klimaerwär­mung zu stoppen, für die es untrüglich­e Indizien gebe. „Wir müssen der Natur wieder mehr Raum geben!“

Klimaschut­z sei parteiüber­greifend, bemerkte Carola Merk-Rudolph (SPD). Nur gemeinsam könne man es schaffen und müsse dabei bis hin zum Bund und zu Privatpers­onen alle mit ins Boot nehmen. In die gleiche Kerbe schlug Karl Hilsenbek (Freie Wähler), der Klimaschut­z und Nachhaltig­keit die Haupttheme­n der Kreispolit­ik nannte.

Roland Hamm (Linke) stimmte zwar der Schaffung des Referats zu, wies aber darauf hin, dass Klimaschut­z nur eines von 17 Nachhaltig­keitstheme­n der Vereinten Nationen ist. „Wir müssen über Inhalte streiten, um den Zukunftsfr­agen gerecht zu werden!“Werner Gottstein, der Regionalvo­rsitzende des BUND, freute sich, dass der Klimaschut­z nun Chefsache sei. Jetzt gelte aber: „Lasst uns anfangen, nicht warten. Ned schwätza, schaffa!“

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