Landkreisverwaltung soll bis 2040 klimaneutral sein
Ein Fernziel ist auch ein klimaneutraler Landkreis
- Am Ende einer intensiven Diskussion strahlte Landrat Joachim Bläse: „Das war eine Sternstunde der Kreispolitik!“Der Kreistag hatte nämlich mit überwältigender Mehrheit dem Ziel zugestimmt, dass die Landkreisverwaltung bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein soll. Ein Fernziel ist auch ein klimaneutraler Landkreis. Der erste Schritt dorthin: Im Landratsamt wird ein Referat Klimaschutz und Nachhaltigkeit eingerichtet. Wie es genau ausgestaltet wird, fällt in die Zuständigkeit des Landrats. Bläse bat das Gremium um Vertrauen in ihn und dass er die Organisation so gestalten wird, dass eine Steuerung durch den Landrat möglich ist.
Damit ist klargestellt, dass der Kreis sich künftig noch intensiver dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit widmen wird. Die Grünen zogen jedoch nach langer Debatte ihren Antrag zurück, das Referat für Klimaschutz und Nachhaltigkeit solle direkt dem Landrat als Stabsstelle zugeordnet werden. Nachdem ihnen Bläse klar gemacht hatte, dass sie damit unzulässigerweise in seine Organisationshoheit eingreifen würden, schwächte ihr Fraktionsvorsitzender Volker Grab den Antrag zu einer Empfehlung ab.
Aber auch damit mochte Bläse nicht leben. Wenn davon das Signal ausgehen solle, dass Klima und Nachhaltigkeit nun Chefsache seien, wäre das nach Bläses Einschätzung einerseits Effekthascherei, andererseits stelle sich die Frage, was dann mit anderen wichtigen Themen wie Bildung oder Mobilität sei. „Müssen dafür auch Stabsstellen her?“Nach einer Sitzungsunterbrechung lenkten die Grünen ein und legten die künftigen Entscheidungen in die Hand Bläses.
Überhaupt nichts am Hut damit hatte die AfD. Ihre Sprecherin Susanne Mützel hielt das Referat schlichtweg für überflüssig. Schonung der Ressourcen und der Umwelt seien nämlich eine Selbstverständlichkeit, Hochwasser gebe es alle 20 bis 50 Jahre. Zu den Zerstörungen kommt es nach ihrer Einschätzung jedoch, weil man sich statt um den Katastrophenschutz um Gendern oder Wahlkampf kümmert.
„Man muss schon überlegen, wo der Starkregen herkommt“, konterte der Landrat. Man dürfe das Thema aber auch nicht auf die Frage reduzieren, ob eine Stabsstelle eingerichtet wird. Klima und Nachhaltigkeit seien das zentrale Thema, hatte Bläse zu Beginn der Beratungen versichert. Dabei fange der Ostalbkreis nicht bei Null an und er dürfe sich auch nicht ausruhen. Klimaschutz und Nachhaltigkeit seien keine Bedrohung, sondern Chance und Herausforderung. „Ja, wir müssen uns anstrengen, aber wir dürfen das Thema mit Zuversicht angehen“, fügte Bläse hinzu und verwies auf die Leistungen früherer Generationen.
Klimaschutz und nachhaltiges Handeln seien existenzielle Querschnittsaufgaben in einer Gesellschaft und damit auch bedeutend für eine Landkreisverwaltung, stimmte Kai Bodamer, der Geschäftsführer des Beratungszentrums Energiekompetenz Ostalb (EKO), zu. Wer sich verstärkt dem Klimaschutz widmen wolle, müsse sich um die Koordination
und Struktur dieser Aufgabe kümmern. Der Landkreis tue zwar schon viel, die Bevölkerung erwarte aber, dass er sich noch intensiver des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit annehme. Der Kreis müsse beispielgebend und glaubwürdig vorangehen. Er müsse sowohl ein glaubwürdiger Partner als auch ein Antreiber, Kommunikator und Moderator sein.
Deshalb müsse er innerhalb der Verwaltung eine Struktur mit Arbeitsund Steuerungselementen aufbauen. Darin sollten alle Geschäftsbereiche unter einer gemeinsamen Leitung eingebunden sein, um zur konkreten Umsetzung von Maßnahmen zu kommen. Zudem sollten sich Bürgerinnen und Bürger aktiv persönlich, digital oder hybrid beteiligen können. Bislang, sagte Bodamer weiter, sei Klimaschutz in der Kreisverwaltung strukturell nicht abgebildet. Das hauptamtliche Personal des EKO-Energieberatungszentrums unterstütze zwar die inhaltliche Bearbeitung der Klimaschutzthemen. Es könnte aber nicht „so nebenher“mehr leisten. Bodamer: „Somit ist eine optimierte strukturelle Verankerung des Themenfelds Klimaschutz als Querschnittsaufgabe innerhalb der Landkreisverwaltung erforderlich.“
Daher solle schrittweise ein Referat für Klimaschutz und Nachhaltigkeit etabliert werden. Ein erster Schritt soll die Einrichtung eines ehrenund hauptamtlich besetzten Klimaschutzbeirats sein. Dieser soll Maßnahmen entwickeln und Empfehlungen erarbeiten. Referatsleiter soll in Personalunion der EKO-Geschäftsführer,
also Bodamer, sein.
CDU-Sprecher Christoph Konle konstatierte, seine Fraktion begrüße die geplanten Umstrukturierungen. Man müsse aber alles mit den Kommunen verzahnen, denn sie seien ein wichtiger Akteur. Denn manchen von ihnen fehlten dafür die Mitarbeiter. Weiter forderte Konle einen Wissenstransfer im Wirtschaftsraum Ostwürttemberg.
Die Grünen wüssten, dass dem Landrat das Thema wichtig sei, unterstrich ihr Fraktionsvorsitzender Volker Grab. Angesichts der Naturkatastrophe seien jetzt mutige und nachhaltige Schritte notwendig, um die Klimaerwärmung zu stoppen, für die es untrügliche Indizien gebe. „Wir müssen der Natur wieder mehr Raum geben!“
Klimaschutz sei parteiübergreifend, bemerkte Carola Merk-Rudolph (SPD). Nur gemeinsam könne man es schaffen und müsse dabei bis hin zum Bund und zu Privatpersonen alle mit ins Boot nehmen. In die gleiche Kerbe schlug Karl Hilsenbek (Freie Wähler), der Klimaschutz und Nachhaltigkeit die Hauptthemen der Kreispolitik nannte.
Roland Hamm (Linke) stimmte zwar der Schaffung des Referats zu, wies aber darauf hin, dass Klimaschutz nur eines von 17 Nachhaltigkeitsthemen der Vereinten Nationen ist. „Wir müssen über Inhalte streiten, um den Zukunftsfragen gerecht zu werden!“Werner Gottstein, der Regionalvorsitzende des BUND, freute sich, dass der Klimaschutz nun Chefsache sei. Jetzt gelte aber: „Lasst uns anfangen, nicht warten. Ned schwätza, schaffa!“