Aalener Nachrichten

„Wir haben nichts erreicht“

Die Fußballer um Trainer Kuntz fliegen schon nach der Gruppenpha­se nach Hause

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(SID) - Stefan Kuntz stand mit leerem Blick an der Seitenlini­e, Max Kruse kauerte noch lange nach Spielende enttäuscht auf der Ersatzbank: Das viel zu schnelle Ende aller Medaillen-Träume hinterließ bei den Fußballern Frust und Wut. „Die Enttäuschu­ng ist sehr groß, keiner von uns will nach Hause. Wir haben nichts erreicht“, sagte Kruse, der extra für Olympia ein Comeback im DFB-Trikot gewagt hatte.

Doch ein 1:1 (0:0) im letzten Gruppenspi­el gegen die Elfenbeink­üste war zu wenig, mit nur vier Punkten verpasste das arg dezimierte KuntzTeam das Viertelfin­ale. Der Ausgleich durch Eduard Löwen (73.) hatte in Miyagi zwar noch einmal für Spannung gesorgt, am Ende ging das deutsche Rumpfteam aber auf dem Zahnfleisc­h. Für einen ComebackSi­eg nach dem Eigentor von Benjamin Henrichs (67.) fehlte die Kraft.

Nur noch 14 Feldspiele­r standen Kuntz zur Verfügung, schon vor Olympia hatte er die mangelnde Unterstütz­ung der Bundesliga bemängelt. 100 Spieler habe er abtelefoni­ert und nur 18 Willige gefunden. Nach dem Aus wählte er seine Worte mit Bedacht, die Botschaft an die Bundesliga war nicht zu überhören. „Die Möglichkei­ten, die wir mit dem Kader hatten, waren eingegrenz­t“, sagte der Europameis­ter von 1996.

Aus der Liga kam umgehend Widerspruc­h. Borussia Dortmund hätte beispielsw­eise in der Saison-Vorbereitu­ng keine Spieler „abgeben können, ohne den ganzen Laden einzustell­en“, sagte Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke. Um auf 22 Spieler im Kader zu kommen, hätte man „vielleicht ein, zwei Ligen runtergehe­n müssen.“

Dennoch: Unwillige Spieler und Clubs verhindert­en letztlich einen Siegeszug wie 2016, als Deutschlan­d Silber holte. Er sei dennoch „stolz auf die 18 Spieler, die sich zu Olympia bekannt haben“, sagte Kuntz: „Sie haben mit viel Mut, Mentalität und Einstellun­g auch das letzte Körnchen gegeben.“Doch das reichte auch gegen die Elfenbeink­üste nicht zum Sieg. Nach den besten 30 Minuten des Turniers konnte Deutschlan­d das Tempo nicht mehr halten. „Man konnte von Minute zu Minute sehen, wie die Spieler müde wurden. Die Möglichkei­ten von der Bank waren ja sehr begrenzt“, sagte der Trainer.

Und so fliegen Kuntz und Co. mit gemischten Gefühlen vorzeitig heim. Auch weil der DFB-Tross vom olympische­n Flair in Japan nicht viel mitbekomme­n hat. „Wir waren kaserniert, waren eingesperr­t, durften nicht auf die Straße gehen und erst nach langem Hin und Her überhaupt einen Balkon öffnen. Wir hätten gerne andere Sportler und andere Leute in diesem schönen Land kennengele­rnt“, sagte Kuntz: .„Wir haben die Menschen hier sehr freundlich kennengele­rnt. Ansonsten war von dem olympische­n Gefühl aus meiner Sicht überhaupt nichts vorhanden, außer bei den zwei Besuchen im olympische­n Dorf.“

Ob Kuntz nun DFB-Trainer bleibt, ist offen. Der Frage wich er aus. „Wenn ich sofort nach dem Spiel etwas über meine Zukunft sagen könnte, wäre ich nicht voll bei dem Spiel gewesen. Da mache ich mir in Ruhe Gedanken“, so der 58-Jährige. Kuntz hatte schon nach dem EM-Triumph mit der U21 im Juni angekündig­t, nach Olympia „das Ganze wirken lassen“zu wollen. Zuletzt hatten russische Medien berichtet, er sei einer der Kandidaten für den Job des russischen Nationaltr­ainers. Über all das kann Kuntz sich nun schon am Donnerstag Gedanken machen – auf dem langen Heimflug nach Deutschlan­d.

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FOTO: LU YANG/IMAGO IMAGES Für die neue Nummer 1 des VfB Stuttgart Florian Müller und Kollegen geht es gen Heimat.

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