Entscheidende Wochen
Kultusministerin Schopper will den Schülern nach den Ferien mehr erlauben
- Wenn das neue Schuljahr in sechs Wochen startet, will Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) erneute Schulschließungen „mit aller Macht“verhindern. Im neuen Schuljahr soll mehr erlaubt sein, Wandertage etwa oder auch Klassenfahrten im Inland. Gleichzeitig droht der Einbau von Luftfiltern zu stocken. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Ferienbeginn.
Wie werden die Ferien genutzt?
Die Lernlücken der Pandemie sollen durch Förderprogramme geschlossen werden. Schüler können deshalb wie im vergangenen Jahr „Lernbrücken“für die Fächer Mathematik, Deutsch und die Fremdsprachen nutzen. Vier Unterrichtsstunden sind am Tag dafür vorgesehen. In diesem Jahr soll der sozial-emotionale Bereich besonders gefördert werden, heißt es aus Stuttgart. Das Kultusministerium geht laut davon aus, dass ähnlich viele Schüler das Angebot nutzen werden wie in den Sommerferien 2020. Damals hatten rund 6500 Lehrkräfte an etwa 1900 Standorten 61 000 Schüler unterstützt.
Wie geht es nach den Ferien weiter?
Ein Schuljahr ganz im Zeichen der Pandemie will Ministerin Schopper vermeiden. „Im neuen Schuljahr ist mir besonders wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler auch eine Phase des Ankommens haben, in der auch außerunterrichtliche Angebote wie zum Beispiel Ausflüge oder Wandertage stattfinden“, sagt sie. Die Pandemie habe das soziale Miteinander in den Schulen unterbunden. Zusatzangebote wie Chöre und Theater-AG sollen deshalb grundsätzlich wieder zugelassen werden. Auch Angebote über Klassen, Jahrgänge und Schulen hinweg sind demnach wieder möglich – sowohl im regulären Unterricht als auch außerhalb. Klassenfahrten im Inland sind wieder möglich, Reisen und Schüleraustausch ins Ausland bleiben untersagt.
In den ersten Schulwochen soll auch der individuelle Lernstand der Schüler erhoben werden, um den Förderbedarf zu identifizieren. Außerdem startet das auf zwei Jahre angelegte Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“. Dafür suche man laut Kultusministerin noch Personal, etwa pensionierte Lehrer oder Lehrkräfte ohne Vertrag.
Welche Regeln gelten im neuen Schuljahr?
Unabhängig von der Inzidenz wird es in den ersten beiden Wochen nach den Schulferien eine Maskenpflicht geben, um Infektionen durch Reiserückkehrer zu verhindern. Regelmäßige Tests bleiben Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht. In vielen Bereichen, etwa bei den Abschlussprüfungen, ist eine Rückkehr zu den Vorgaben vorgesehen, die vor der Pandemie galten. Für alle schriftlichen Abschlussprüfungen steht aber bereits jetzt fest, dass es wie im vergangenen Schuljahr zusätzliche Prüfungsaufgaben zur Vorauswahl für die Lehrkräfte gibt. So können die Lehrer die Aufgaben auswählen, deren Themen auch ausführlich im Unterricht behandelt wurden. „Die zusätzlichen Aufgaben zur Vorauswahl sind Teil unseres Versprechens, dass es faire Bedingungen für die Abschlussprüfungen gibt. Dieses Versprechen gilt auch für das kommende Schuljahr“, sagt Kultusministerin Schopper.
Wird es Luftfilter in Klassenräumen geben?
70 000 Klassenzimmer gibt es in Baden-Württemberg. Elternvertreter und Lehrerverbände wollen möglichst viele mobile Raumluftreiniger noch während der Sommerferien installiert wissen. Nur so könne zum Schulstart in sechs Wochen der maximale Schutz für den wichtigen Präsenzunterricht gewährt sein, betont etwa der Philologenverband.
Aus Sicht des Verbandes Bildung und Erziehung ist die Pandemie noch nicht vorüber. „Es geht darum, die Schulen langfristig krisenfest zu machen und alles daran zu setzen, in einer möglichen vierten Welle die Schulen offen zu halten“, sagt der Sprecher des Lehrerverbandes, Jens
Linek. Doch für die technische Ausstattung aller Räume fehle das Geld.
Das geplante Landesprogramm sieht eine Förderung von 60 Millionen Euro für Luftreinigung für Schulen und 10 Millionen Euro für Kitas vor. Vorrangig sollen Geräte in schlecht belüftbaren Räumen und Klassenzimmern der Stufe eins bis sechs angebracht werden. Für diese jüngsten Schüler gibt es keine Impfung. Hinzu kommen 20 Millionen Euro vom Bund. Nach Berechnung des Philologenverbandes müssten für eine umfassende Ausstattung 280 Millionen Euro bereitgestellt werden.
Dazu kommt: Hersteller befürchten Engpässe. „Es wird nicht funktionieren, dass alle Klassenräume schnell versorgt werden“, sagte JanEric Raschke, Direktor für LuftfilterSysteme bei Mann+Hummel. „Ein Vorlauf ist nötig.“Der Filterspezialist aus Ludwigsburg hat „einige Tausend“Geräte für Schulen auf Lager. Aufgrund des seit einigen Wochen sprunghaft gestiegenen Interesses werde die weltweite Geräteproduktion hochgezogen.
Wie viele Schulen starten nach den Ferien ohne Schulleiter?
206 Schulleiterstellen waren bei der letzten Erhebung des Kultusministeriums im Mai 2021 unbesetzt. Besonders groß ist der Mangel im Regierungsbezirk Stuttgart (92 unbesetzte Stellen), am besten versorgt ist der Regierungsbezirk Tübingen (21). Die absolute Zahl an Bewerbungen auf vakante Schulleitungsstellen sei in den vergangenen Jahren nicht zurückgegangen, sagt eine Sprecherin des Kultusministeriums. Durch die Pensionierungswelle würden allerdings mehr Leitungsstellen frei, als noch vor wenigen Jahren. Gleichzeitig gebe es weniger Lehrer in der Alterskohorte von 45 bis 55 Jahren, aus der sich in der Regel angehende Führungspersonen speisen. „Dies bedeutet im Ergebnis, dass sich die Gewinnung geeigneter Nachfolgerinnen und Nachfolger etwas aufwändiger gestaltet als vor einigen Jahren“, sagt die Sprecherin.
Was wird gegen den Schulleitermangel unternommen?
Rektoren, vor allem solche an Grund-, Haupt- und Werkrealschulen, bekommen mehr Geld als bisher. Auch kommissarische Schulleiter erhalten jetzt eine Zulage. Außerdem wurden weitere schulische Funktionsstellen wie etwa Konrektoren für kleine Schulen geschaffen. Künftig sollen Schulleiter zudem mehr Zeit für ihre Kernaufgabe, die Leitung der Schule, haben. „Der erste Schritt unseres Konzepts zur Stärkung der Schulleitungen ist mit der Anhebung der Besoldung erfolgt – diese ist ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung für die Schulleitungen im Land“, sagt Kultusministerin Schopper. „Wir sind uns aber bewusst, dass die weiteren Schritte, die auch eine zeitliche Entlastung der Schulleitungen mit sich bringen, folgen müssen. Ich möchte diese so früh wie möglich umsetzen, damit der Beruf der Schulleitung weiterhin ein attraktiver bleibt.“