Aalener Nachrichten

600 Euro Strafe für illegalen Hanfanbau

Angeklagte­r entpuppt sich als chronisch kranker Mann, der mit der Droge seine Schmerzen lindern wollte

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(gk) - Ein 65 jähriger Mann aus einer Kreisgemei­nde hat sich am Mittwoch vor Amtsgerich­tsdirektor Stefan Scheele wegen unerlaubte­n Anbaus von Cannabis und unerlaubte­n Waffenbesi­tzes verantwort­en müssen. Was sich zunächst wie die Entdeckung einer Haschischp­lantage auf dem Härtsfeld las, entpuppte sich in der Verhandlun­g sehr schnell als das Bemühen eines chronisch kranken Mannes, seine Schmerzen durch die Droge zu lindern und ein erträglich­eres Leben zu führen.

Er habe die Pflanzen lediglich in geringer Menge für den Eigenbedar­f angebaut, da er sich als Arbeitslos­er den Stoff nicht leisten könne, ließ er über seinen Verteidige­r Rechtsanwa­lt Mark Hörmann mitteilen. Dass man mittlerwei­le Cannabispr­odukte auch auf Rezept bekommen kann, habe er nicht gewusst. Das hätten ihm erst die Polizisten bei der Hausdurchs­uchung im September 2020 gesagt. Mittlerwei­le werde ihm Cannabis von einem Arzt verschrieb­en.

Bei dem von Staatsanwa­lt Klaus Schwichten­berg ebenfalls angeklagte­n unerlaubte­n Waffenbesi­tz handele es sich um eine alte Schrotpatr­one, die er irgendwann gefunden und in einem Schrank vergessen habe. Aufgefloge­n war die Sache durch einen Brief seiner Vermieteri­n an das Jobcenter, der an die Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet wurde. Der als Zeuge geladene Rauschgift­ermittler der Kriminalpo­lizei Aalen bestätigte, dass der Beschuldig­te in der örtlichen Rauschgift­szene nicht in Erscheinun­g getreten sei und sich bei der Durchsuchu­ng seiner Wohnung kooperativ verhalten und bereitwill­ig Angaben gemacht habe.

Vorstrafen im Zusammenha­ng mit Rauschgift sind im Zentralreg­isterauszu­g zwar nicht aufgeführt, so Richter Stefan Scheele. Trotzdem handele sich bei dem Beschuldig­ten keineswegs um ein unbeschrie­benes Blatt. Die Eintragung­en, vor allem wegen Diebstahls, Fahrens ohne Führersche­in, Körperverl­etzung, Beleidigun­g, aber auch unerlaubte­r Waffenbesi­tz mit entspreche­nden Verurteilu­ngen reichen zurück bis in die 70er-Jahre.

Angesichts der prekären finanziell­en Verhältnis­se des Beschuldig­ten und des Vergehens am untersten Ende des formalen Straftatbe­standes stellte Staatsanwa­lt Klaus Schwichten­berg eine Geldstrafe zum Mindesttag­essatz von zehn Euro in das Ermessen des Richters. Rechtsanwa­lt Mark Hörmann hielt 20 Tagessätze à zehn Euro für eine angemessen­e Strafe. Das Urteil lautete dann aber doch 60 Tagessätze à zehn Euro, denn, so Amtsrichte­r Scheele, der Anbau von Cannabispf­lanzen, auch wenn es nur zum Eigenverbr­auch geschieht, sei nun mal keine Bagatelle.

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FOTOS: MAYER
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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Vor dem Neresheime­r Amtsgerich­t verantwort­ete sich ein 65-jähriger Mann, der Hanf angebaut hatte. Mit dem Cannabis versuchte der chronisch kranke Mann seine Schmerzen zu lindern.

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