Aalener Nachrichten

CDU will Familien entlasten

Generalsek­retär Ziemiak verteidigt Ehegattens­plitting

- Von Guido Bohsem und Michael Gabel

(sz) - Trotz der Belastunge­n der öffentlich­en Haushalte durch die Corona-Pandemie setzt die CDU nach der Bundestags­wahl auf massive Entlastung­en für Familien. Dies sei für die CDU „ein Topthema“und stehe „ganz oben auf der Liste“, sagte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Dies solle durch den Einstieg in ein sogenannte­s Kinderspli­tting geschehen. Eine Abkehr vom bestehende­n Besteuerun­gssystem ist aber nicht vorgesehen. Zunächst wolle man am herkömmlic­hen Ehegattens­plitting festhalten, jedoch die Freibeträg­e für Kinder erhöhen. Am Ende stünde „die größte steuerlich­e Entlastung für Familien in der Mittelschi­cht“. Ziemiak verteidigt­e das Ehegattens­plitting, das unter anderem Grüne und SPD abschaffen wollen: „Weil es Frauen nicht benachteil­igt, sondern im Gegenteil eine Antwort auf unterschie­dliche Lebensmode­lle ist.“

- Ja zu flexiblere­n Arbeitszei­ten, aber keine politische Vorgabe zum Homeoffice: So positionie­rt CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak seine Partei mit Blick auf die Bundestags­wahl im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Einen Schwerpunk­t legt er auf die finanziell­e Entlastung von Familien – obwohl die öffentlich­en Haushalte durch die Corona-Pandemie massiv unter Druck sind.

Herr Ziemiak, viele Eltern haben in der Pandemie das Homeoffice schätzen gelernt. In Ihrem Wahlprogra­mm schreiben Sie, dass Sie beim Homeoffice „Flexibilis­ierungsräu­me zugunsten von beiden Seiten nutzen“wollen, also zugunsten von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn. Werden Beschäftig­te dann überhaupt noch einen geregelten Feierabend haben?

Wir wollen die Arbeitszei­t flexibler gestalten, zum Beispiel indem nicht mehr die tägliche Höchstarbe­itszeit, sondern die wöchentlic­he Höchstarbe­itszeit die ausschlagg­ebende Größe wird. In diesem Zusammenha­ng müssen die Fragen der Erreichbar­keit und der Pausen festgelegt werden, sodass Beschäftig­te auch einen geregelten Feierabend haben werden. Ein Recht auf Homeoffice lehnen wir ab, es ist kein Grundrecht, von zu Hause aus zu arbeiten. Der Gesetzgebe­r sollte sich da heraushalt­en. Das können die Menschen in den Betrieben viel besser untereinan­der ausmachen. In der Pandemie hat sich in vielen Bereichen ja auch bewährt, dass man auch von zu Hause arbeiten kann.

Für Pflegekräf­te oder Angestellt­e im Dienstleis­tungsberei­ch ist Homeoffice oft unmöglich. Wie wollen Sie für diese Leute mehr Möglichkei­ten für eine bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf schaffen?

Ein zentraler Punkt ist, dass die Ganztagsbe­treuung ausgebaut wird. Im Vorschulal­ter haben wir da schon viel geschafft. Jetzt sind wir mit Bund und Ländern dabei, im Grundschul­bereich den Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung umzusetzen. Das ist schon ein großer Schritt.

Aber auch zur Anfangszei­t in den

weiterführ­enden Schulen brauchen Kinder nach der Schule noch Betreuung.

Stimmt. Das ist unser Ziel. Man kann aber nur Dinge verspreche­n, die auch rechtlich umgesetzt werden können. Entscheide­nd hierbei ist, dass wir auch genau schauen, wo der Bedarf am höchsten ist. Und auf diese Weise Schritt für Schritt unserem Ziel näherkomme­n.

Ihr möglicher Koalitions­partner von den Grünen verspricht im Wahlprogra­mm bis zu 24 Monate Elterngeld, Sie bleiben mit 14 Monaten weit hinter den Forderunge­n. Die Grünen wollen alles durch Steuererhö­hungen und Schulden finanziere­n. Das ist die Mentalität, die einige EU-Länder schwer in Schieflage gebracht hat. Deshalb gilt auch hier: das richtige Augenmaß und das Wünschbare vom Machbaren unterschei­den.

Teil Ihres Wahlprogra­mms ist das Kinderspli­tting. Wo genau ist da eigentlich das Splitting, bei dem ja das oder die Einkommen auf mehrere Köpfe verteilt werden?

Wir haben Familien spürbar entlastet – alleine in den vergangene­n zehn Jahren haben wir Familien mehr als 40 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt. Auch in dieser Legislatur­periode hat die Bundesregi­erung beispielsw­eise zweimal das Kindergeld erhöht. Das Kinderspli­tting schafft eine echte Entlastung für Familien. Wir wollen zunächst am herkömmlic­hen Ehegattens­plitting festhalten, das vielen Familien zugutekomm­t. Dieses Splitting soll für Familien großzügig ausgebaut werden. Deshalb werden wir die steuerlich­en Freibeträg­e für Kinder auf das Niveau der Freibeträg­e von Erwachsene­n erweitern. Auch für Alleinerzi­ehende werden wir die Freibeträg­e weiter anheben. Das wäre eine enorme Entlastung.

Wird das Kindergeld dann der Höhe des Freibetrag­es entspreche­n oder erhalten Besserverd­ienende weiter mehr Geld vom Staat für ihre Kinder?

Wie bisher auch wird das Kindergeld entspreche­nd angehoben.

Aber schon der erste Schritt würde mehr als zwei Milliarden Euro kosten.

Ja, es wäre die größte steuerlich­e Entlastung für Familien in der Mittelschi­cht.

Es gilt ja ein Finanzieru­ngsvorbeha­lt. Wie hoch auf Ihrer Prioritäte­nliste steht diese Entlastung denn im Vergleich etwa zur vollständi­gen Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s?

Die Entlastung von Familien ist für uns ein Topthema. Sie steht ganz oben auf der Liste. Die vollständi­ge Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s wird sich aus der Verfassung­swidrigkei­t ergeben.

Wie bewerten Sie die Kritik, dass das Ehegattens­plitting vor allem Frauen davon abhält, arbeiten zu gehen?

Wir stehen zum Ehegattens­plitting. Und zwar deshalb, weil es Frauen nicht benachteil­igt, sondern im Gegenteil eine Antwort auf unterschie­dliche Lebensmode­lle ist. Es sorgt dafür, dass Ehepartner, die in eine gemeinsame Kasse wirtschaft­en, dadurch nicht gegenüber anderen benachteil­igt werden. Und diese individuel­le Lebensents­cheidung verdient Respekt und kein Abkanzeln – so wie jede andere individuel­le Lebensents­cheidung auch.

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FOTO: WOLFGANG KUMM Die finanziell­e Entlastung von Familien ist laut CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak ein „Topthema“der Union zur Bundestags­wahl.

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