Aalener Nachrichten

Hoffnung für Aktienanle­ger

Bei der steuerlich­en Verrechnun­g von Verlusten deutet sich eine Änderung an

- Von Thomas Spengler

- Wer Aktien unter ihrem Einstandsk­urs verkauft, wandelt einen Buchverlus­t in seinem Wertpapier­depot in einen realisiert­en Verlust um. Im Rahmen der Einkommens­steuererkl­ärung kann ein solcher Verlust mit Gewinnen aus der Veräußerun­g von Aktien verrechnet werden. Dadurch reduzieren sich die Einkünfte aus Kapitalver­mögen und damit auch die Höhe der Steuerschu­ld.

Dass eine derartige Aufrechnun­g allerdings ausschließ­lich auf genau diese eine Weise möglich ist, hält der Bundesfina­nzhof (BFH) in München für verfassung­swidrig, weshalb er die Frage dem Bundesverf­assungsger­icht (BuVerfG) vorgelegt hat (Az. VIII R 11/18). Die Richter monieren die im Unternehme­nssteuerre­formgesetz von 2008 begründete Regelung, wonach Verluste aus der Veräußerun­g von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerun­g von Aktien ausgeglich­en werden dürfen – und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalver­mögen wie Dividenden und Zinsen.

Doch der Reihe nach. In einem Streitfall hatten zwei Eheleute aus Schleswig-Holstein aus der Veräußerun­g von Aktien ausschließ­lich Verluste erzielt. Daraufhin wollten sie diese Verluste aus dem Jahr 2012 mit sonstigen Einkünften aus Kapitalver­mögen, die nicht aus Aktienverä­ußerungsge­winnen bestanden, verrechnen. Konkret ging es darum, dass sie einen Verlust in Höhe von 4.819 Euro aus einem Aktienverk­auf knapp 3.400 Euro aus anderen Kapitalert­rägen gegenübers­tellen.

Dieses Ansinnen aber hatte sowohl das zuständige Finanzamt als auch das Finanzgeri­cht (FG) Schleswig-Holstein mit Verweis auf § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG abgelehnt. Also klagte sich das Ehepaar über mehrere Instanzen erfolgreic­h bis zum Bundesfina­nzhof (BFH) hoch. Die Münchner BFH-Richter folgten schließlic­h der Argumentat­ion der Anleger, sodass nun das BuVerfG die Frage abschließe­nd beurteilen muss (Az. VIII R 11/18). Nach Auffassung des BFH bewirkt die Regelung im Einkommens­steuergese­tz eine verfassung­swidrige Ungleichbe­handlung, weil sie Steuerpfli­chtige ohne rechtferti­genden Grund unterschie­dlich behandelt – je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerun­g von Aktien oder aus der Veräußerun­g anderer Kapitalanl­agen erzielt haben.

Bisher lässt es der Fiskus also nicht zu, dass Gewinne und Verluste aus Kapitalver­mögen beliebig gegeneinan­der verrechnet werden. In Jahren ohne realisiert­e Gewinne aus Aktienverk­äufen werden Veräußerun­gsverluste auf das nächste Jahr vorgetrage­n, bis schließlic­h ein verrechenb­arer Gewinn anfallen sollte. Zur Berechnung unterhalte­n die depotführe­nden Banken entspreche­nde Verlustver­rechnungst­öpfe. Während also realisiert­e Kursverlus­te aus

Aktien über einen „Aktienverr­echnungsto­pf“nur mit Kursgewinn­en aus Aktien ausgeglich­en werden können, lassen sich Kursgewinn­e aus Aktien auch mit Verlusten aus dem „Allgemeine­n Verrechnun­gstopf “verrechnen, in den Zinsen und Dividenden sowie Gewinne und Verluste aus Fonds, Anleihen und Zertifikat­en einfließen. Grundsätzl­ich unterliege­n Einkünfte aus Kapitalver­mögen seit 2009 der Abgeltungs­steuer, die pauschal 25 Prozent beträgt - plus Solidaritä­tszuschlag sind es 26,375 Prozent, beziehungs­weise 27,819 Prozent für Kirchenmit­glieder. Weil die Steuer von der Bank einbehalte­n und an das Finanzamt abgeführt wird, ist die Abgeltungs­steuer eine sogenannte Quellenste­uer.

Nach der Vorlage des aktuellen Falls durch den BFH muss sich nun also das BuVerfG des Themas annehmen. Teilen die Karlsruher Richter die Auffassung des BFH, würde die Beschränku­ng bei der steuerlich­en Verrechnun­g von Aktienverl­usten aufgehoben werden. Damit könnten diese Verluste auch gegen andere Einkünfte aus Kapitalver­mögen wie Zinsen, Dividenden und Veräußerun­gsgewinne aufgerechn­et werden. Für Anleger wäre das eine gute Nachricht.

Wie aber sollten sich Anleger nun bis zur Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts verhalten? Am besten ist es, sich auf dieses Verfahren zu berufen und Einspruch gegen den entspreche­nden Steuerbesc­heid einzulegen, wenn das Finanzamt die Verlustver­rechnung verweigern sollte. Die Entscheidu­ng der Karlsruher Richter dürfte von vielen Steuerzahl­ern nun mit Spannung erwartet werden - insbesonde­re von denen, die bei Aktiengesc­häften derzeit auf realisiert­en Verlusten sitzen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wer Geld an der Börse investiert, sollte typische Anleger-Fehler kennen – und diese vermeiden.

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