Hans-Roman Kitterer zieht Scharen von Zuhörern an
Der Organist ist mittlerweile eine Institution der Orgelmusik zur Marktzeit in der Aalener Stadtkirche
- Auch an der 548. Ausgabe der Orgelmusik zur Marktzeit ist das Interesse von Marktbesuchern und Musikfreunden am Samstagvormittag in der Stadtkirche wieder sehr groß gewesen. Hans-Roman Kitterer, der einen großen Teil dieser 548 Orgelkonzerte gespielt hat – Pfarrer Bernhard Richter ordnete ihn in seiner Begrüßung gar schon dem Inventar der Stadtkirche zu – präsentierte ein Programm unter dem Motto „Die verdrehte Orgel“.
Auch hier konnte Bernhard Richter die Zuhörer beruhigen – nach wie vor steht die Orgel der Stadtkirche unverdreht an ihrem angestammten Platz auf der Empore. Hans-Roman Kitterer hat vielmehr zwei Werke für diese Orgelmusik ausgewählt, zu denen jeweils auch eine umgekehrte, „verdrehte“Version des Themas existiert.
Im Fall des „Contrapunktus I“aus „Die Kunst der Fuge“BWV 1080 ist dies die vierte Variation, in der Bach selbst, der Meister des Kontrapunkts, das Thema umgekehrt hat. In der d–moll Toccata BWV 565 hat dies der bekannte deutsche Filmmusikkomponist Enjott Schneider unter dem Titel „ATACCOT“getan, Toccata von hinten gelesen. Enjott Schneider (eigentlich Norbert Jürgen Schneider) aus Weil am Rhein hat die Musik für zahlreiche Fernsehserien und Kinofilme vor allem von Joseph Vilsmaier wie etwa „Herbstmilch“oder „Schlafes Bruder“
geschrieben. Die Toccata aus „Schlafes Bruder“war auch am Schluss der Orgelmusik zu hören.
Zu Beginn erklang jedoch die Toccata d-moll von Johann Sebastian Bach, eines seiner populärsten und musikalisch spektakulärsten, eindrucksvollsten Werke. Hans-Roman Kitterer, der bekanntlich nicht die Musik, sondern die Medizin zu seinem Beruf gewählt hat – umgekehrt wäre es wahrscheinlich kompliziert gewesen – braucht den Vergleich mit professionellen Organisten in keinster Weise zu scheuen. Hochvirtuos meisterte er in spektakulärem Tempo die Läufe und Arpeggien in der Toccata und ebenso danach in der Version von Enjott Schneider. Zuweilen konnte man dabei Themenfragmente aus dem Bach’schen Original durchaus heraushören. Die beiden Auszüge aus BWV 1080 kamen dagegen wesentlich ruhiger daher. Gelassen ließ Hans-Roman Kitterer das Motiv und seine Umkehrung fließen, belebte erst zum Schluss die Interpretation mit ein wenig Crescendo. Ganz andere musikalische Emotionen waren dagegen am Schluss in der Toccata aus dem Film
„Schlafes Bruder“angesagt. Nach den geheimnisvollen Bassakkorden beherrschten musikalische Eruptionen das Werk, wobei der Organist im wahrsten Sinn des Wortes alle Register zog. Mit dem Segen von Pfarrer Bernhard Richter strömten die Besucher nach langem Beifall für den Organisten wieder hinaus ins Marktgeschehen.