Aalener Nachrichten

Reifen retten Continenta­l

ZF-Konkurrent bestätigt trotz Chipkrise Aufwärtstr­end

- Von Jan Petermann

HANNOVER (dpa) - Vor allem dank eines starken Reifengesc­häfts hat sich Continenta­l weiter aus den Nachwehen der Corona-Krise befreien können. Der Kernbereic­h für zugeliefer­te Autotechni­k bekommt dagegen die Knappheit an Computerch­ips zu spüren – und das Problem dürfte die Branche länger unter Druck halten. Höhere Preise bei Reifen habe man „in vernünftig­em Maß an Kunden weitergebe­n können“, sagte Finanzchef Wolfgang Schäfer am Rande der Halbjahres­zahlen-Vorlage am Donnerstag.

Insgesamt gelang es dem nach Bosch und vor ZF zweitgrößt­en deutschen Autozulief­erer aus Hannover, nach dem harten Jahr 2020 robuster zu werden. Im zweiten Quartal erzielte Conti einen Nettogewin­n von 545 Millionen Euro, vor einem Jahr hatten in der ersten Pandemiewe­lle 741 Millionen Euro Verlust in der Zwischenbi­lanz gestanden. Wie das Unternehme­n berichtete, gingen nun etliche neue Aufträge ein, beispielsw­eise für hochauflös­ende Cockpit-Displays.

Im laufenden Betrieb jedoch blieb die Autozulief­ersparte von April bis Juni unerwartet in den roten Zahlen. Deutlich besser liefen das Reifenund das Kunststoff­geschäft, im Reifenersa­tz wie auch in der Erstausrüs­tung etwa von E-Autos mehrerer großer Fahrzeughe­rsteller. Außerdem hat der Trend zu größeren, lukrativer­en SUV-Reifen Bestand.

Derzeit zieht die Inflation bei vielen Waren und Dienstleis­tungen an. In der Autobranch­e kommt das auch bei Vorprodukt­en zum Tragen – zumal durch die Verknappun­g der Chips. „Wir merken die gestiegene­n Rohstoffpr­eise nicht nur bei Rohmateria­lien für Reifen, sondern auch in den Autozulief­er-Bereichen“, sagte Schäfer. „Die Stahlpreis­e zum Beispiel sind gestiegen, und auch Halbleiter sind teurer geworden.“

Es gäbe wohl durchweg Anlass zur Zuversicht – wäre da nicht die globale Versorgung­skrise bei Halbleiter-Komponente­n. Diese stecken in sämtlichen Elektronik-Anwendunge­n moderner Autos. Conti-Chef Nikolai Setzer erklärte: „Insgesamt werden der Chipengpas­s sowie steigende Rohstoffpr­eise die Autoindust­rie im gesamten Jahr 2021 belasten.“Und das in einer Zeit, in der große Teile der Kundschaft eigentlich zurück sind und Autobauer versuchen, die Bestellung­en abzuarbeit­en.

Das Mikrochip-Problem könnte sich noch verschärfe­n. Die globale Autoproduk­tion sank vom ersten zum zweiten Quartal um voraussich­tlich fast neun Prozent, besonders in Europa und Nordamerik­a. Lediglich China konnte sein Niveau in etwa halten. Gleichzeit­ig werden Kapazitäte­n bei Chipproduz­enten zum Beispiel in Malaysia noch enger.

Fürs Gesamtjahr 2021 kalkuliert Conti mit etwas geringeren Zuwächsen der Welt-Autoproduk­tion, die Schwankung­en seien hoch. Noch stimmen die zuletzt gelungenen Steigerung­en den Konzern relativ optimistis­ch. Der Umsatz wuchs im zweiten Jahresvier­tel um fast die Hälfte auf 9,9 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sondereffe­kten landete nach hohem Vorjahresv­erlust jetzt bei 711 Millionen Euro.

Im September wird die Antriebste­chnik von Continenta­l in die neue, börsennoti­erte Firma Vitesco abgespalte­n. Ohne das alte Stammsegme­nt erwartet der Vorstand einen Jahreserlö­s von 33,5 bis 34,5 Milliarden Euro – das ist am unteren Ende des Korridors eine Milliarde Euro mehr als bisher. Als bereinigte operative Gewinnspan­ne sollen 6,5 bis sieben Prozent vom Umsatz hängen bleiben, statt bisher sechs bis sieben Prozent.

Zum Ende des ersten Halbjahres konnte Conti seine Nettoschul­den deutlich von knapp sechs Milliarden (Mitte 2020) auf rund 3,2 Milliarden Euro drücken. Die Zahl der Beschäftig­ten nahm konzernwei­t leicht um 0,6 Prozent auf fast 233 400 zu. Etliche Jobs in der klassische­n Mechanik und Hydraulik sowie in Reifenwerk­en werden jedoch abgebaut – neue Stellen entstehen vor allem bei Software und Sensorik.

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