Standhaft auch in schweren Zeiten
Aalens Ehrenbürger Weihbischof Franz Joseph Fischer wurde vor 150 Jahren geboren
- Er ist Aalener Ehrenbürger und hat im Nationalsozialismus große Verantwortung für die katholische Diözese Rottenburg getragen, als das Regime seinen erklärten Gegner, Bischof Joannes Baptista Sproll, in die Verbannung zwang: Weihbischof Franz Joseph Fischer. Am 7. August vor 150 Jahren hat er in der Stadt am Kocher das Licht der Welt erblickt. Primiz feierte er 1895 in der eben erst erbauten Marienkirche. Es war die erste in Aalen seit der Reformation. Eine Straße in Aalen ist nach dem Ehrenbürger benannt.
Sein Vater war Briefträger, in dessen Haus „eine katholische Atmosphäre herrschte“. So hat es der frühere Generalvikar der Diözese, August Hagen, in dem Band „Gestalten aus dem schwäbischen Katholizismus“beschrieben, der 1963 im Schwabenverlag erschienen ist. 1821 hatte es in der Freien Reichsstadt Aalen, die sich in der Reformation dem „neuen Glauben“zugewandt hatte, 21 Katholiken gegeben, 1864 waren es 500, die zur Pfarrei Unterkochen gehörten und dort den Gottesdienst besuchten.
Hagen attestierte der Stadt denn auch ein „stark protestantisches Aussehen.“Und weiter: „Auch in der Lateinschule, welche Fischer nach drei Jahren Volksschule besuchte, wehte ein unverfälschter protestantischer Geist. Die katholischen Schüler mussten manches Unliebsame über sich ergehen lassen. Fischer war das Vorbild eines eifrigen, gewissenhaften und bescheidenen Schülers.“
Nur drei Schüler der Lateinschule waren katholisch: Außer Fischer der spätere Tübinger Universitätsprofessor Paul Linser, Sohn eines Oberamtsarzts, und Josef Ladenburger von der Heimatsmühle. Er lebte später im Kloster Beuron als Pater Maurus. Sie verband eine lebenslange Freundschaft, die zwei Weltkriege und den Nationalsozialismus überstand.
Fischer, berichtet Hagen, machte oft mit seinen Eltern oder allein eine Wallfahrt auf den Schönenberg bei Ellwangen. „Nicht aus bloßer Neugierde und Wanderlust“, weiß der Biograf, „sondern vor allem dem Drang seines frommen Herzens folgend. Diese besondere Vorliebe zur Muttergottes auf dem Schönenberg hielt sein Leben lang an. Als Regens des Priesterseminars empfahl er jeden Abend die Alumnen der Muttergottes vom Schönenberg.“
Nach dem Abitur in Rottweil studierte Fischer katholische Theologie in Tübingen. Nach der Priesterweihe 1895 und seinen Vikarsjahren wurde er Stadtpfarrer in Geislingen und 1909 Dekan in Deggingen. Drei Jahre später berief ihn Bischof Paul Wilhelm Keppler zum Regens des Priesterseminars in Rottenburg. Fischer war somit zwölf Jahre lang für die Ausbildung der Priester in der Diözese verantwortlich. Zwei Jahre nach seiner Berufung, 1914, begann der Erste Weltkrieg und das Seminar stand fast ganz leer, denn die angehenden Geistlichen wurden einberufen und es gab viele Todesmeldungen.
1924 wurde Fischer ins Rottenburger Domkapitel berufen, während er selbst sich eigentlich um eine Pfarrstelle hatte bewerben wollen. Als Bischof Keppler 1926 starb, war auch Fischer auf der Dreier-Liste seiner potenziellen Nachfolger. Neuer Bischof wurde jedoch sein Kursgenosse und persönlicher Freund, Weihbischof Sproll. Auf dessen Wunsch wurde Fischer am 19. Dezember 1929 vom Papst zum Weihbischof ernannt und am 24. Februar im Rottenburger Dom geweiht. Hagen schreibt: „Nun trat Fischer wieder mehr mit dem Volk in Fühlung, das voll größter Hochachtung zu dem stattlichen und imponierenden Mann aufschaute und ihn voll Freude empfing.“
Fischer beschäftigte sich wenig mit Politik, aber seine Haltung gegen den Nationalsozialismus war klar. Das kam in Ellwangen deutlich zum Ausdruck, wo er am 3. Mai 1934 junge Christinnen und Christen firmen sollte. Hagen berichtet: „Stiftskirche und Stadtpfarrhaus waren mit der päpstlichen Flagge, mit Tannenbäumchen, Girlanden und Blumen geschmückt. In der Nacht wurde die päpstliche Flagge samt Fahnenstange abgerissen und der Schmuck von Kirche und Stadtpfarrhaus in vandalischer Weise zerstört. Obgleich die Leute in der Stadt Namen nannten, wurden die Täter, wie auch sonst, nicht ermittelt.“Fischer aber habe in seiner Begrüßungsansprache deutlich den Kampf der Nazis gegen das Christentum angesprochen. Bei anderen Gelegenheiten, beispielsweise in Flochberg und in Aalen, habe er den Bischof gegen Angriffe nationalsozialistischer Blätter verteidigt.
Als der Bischof von den Machthabern in die Verbannung außerhalb seiner Diözese geschickt wurde – zuletzt hielt er sich in Krumbach auf – übernahm Fischer in seinem Auftrag die Weihehandlungen. Als das Benzin rationiert wurde, bekam er kein Auto und keinen Sprit für seine Firmreisen zugeteilt. Nahm ihn ein Fuhrwerkoder Autobesitzer mit, musste dieser fürchten, angezeigt zu werden. Fischer firmte dennoch unentwegt weiter. Als der Bischof nach dem Krieg zurückkehren durfte, war Fischer unter den Geistlichen, die ihn abholten.
1951 wurde er an seinem 80. Geburtstag zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Aalen ernannt. Hagen: „Das Bild seiner Heimat verlor er nie aus seinem Herzen.“1952 erhielt er das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. 1955, zu seinem 60-jährigen Weihejubiläum als Priester, erhielt er ein persönliches Schreiben des Papstes, in dem ihm Pius XII. dafür dankte, dass er besonders während des Kriegs sein Amt geführt und versucht habe, die Wunden des Krieges zu heilen.
Fischer starb am 24. Juli 1958. Seine letzte Ruhestätte fand er in Rottenmünster bei Rottweil.