Aalener Nachrichten

Mehr Cyberattac­ken auf Unternehme­n

Die Schäden durch Cyberangri­ffe in Unternehme­n vervierfac­hen sich – Auch kleinere Firmen im Visier der Täter

- Von Hannes Koch

BERLIN (dpa) - Es gibt kaum noch Unternehme­n in Deutschlan­d, die von Cyberattac­ken verschont bleiben. Wie aus einer am Donnerstag veröffentl­ichten Studie des Digitalver­bandes Bitkom hervorgeht, waren in den Jahren 2020 und 2021 fast neun von zehn Unternehme­n von Datenklau, Spionage oder Sabotage betroffen – unter ihnen auch viele Mittelstän­dler. Vor allem Fälle, in denen Informatio­ns- und Produktion­ssysteme von Erpressern lahmgelegt werden, haben den Angaben zufolge stark zugenommen.

BERLIN - Die Schäden durch Cyberkrimi­nalität kosten deutsche Unternehme­n mittlerwei­le die erstaunlic­he Summe von mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahl gab der Verband der Informatio­nswirtscha­ft (Bitkom) am Donnerstag bekannt. Verbandspr­äsident Achim Berg nannte die Größenordn­ung „schockiere­nd“– sie habe sich im Vergleich zu 2018/19 knapp vervierfac­ht. Schäden vor allem durch kriminell verursacht­e Systemausf­älle und Erpressung hätten „deutlich zugenommen“, sagte auch Sinan Selen, der Vizechef des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz.

Wenn man zu den Cyberattac­ken noch Patentrech­tsverletzu­ngen, Umsatzeinb­ußen durch Diebstahl, Spionage oder nachgemach­te Produkte hinzunimmt, entstanden den Unternehme­n Kosten von rund 223 Milliarden Euro. Entgegen verbreitet­er Annahmen sei der Mittelstan­d ebenso betroffen, warnte Berg. Er bezog sich auf eine aktuelle, repräsenta­tive Umfrage seines Verbandes, an der 1067 Firmen mit mehr als zehn Beschäftig­ten teilgenomm­en hatten. Fast neun von zehn Unternehme­n berichtete­n dabei über Schäden durch Hackerangr­iffe. Diese Größenordn­ung gilt auch für kleine Unternehme­n zwischen zehn und 100 Personen. Vor zwei Jahren sahen sich in einer ähnlichen Umfrage erst zwei Drittel der Betriebe betroffen.

Zu den bekanntest­en Fällen von Cyberattac­ken gehört der Angriff auf den Fleischkon­zernJBS, der elf Millionen Dollar an Internet-Erpresser zahlte. Das US-Pipeline-Unternehme­n Colonial versuchte, sein Computersy­stem wieder in Gang zu bringen, indem es Kriminelle­n vier Millionen Dollar überwies. Und im Kreis Anhalt-Bitterfeld legten Hacker kürzlich die öffentlich­e Verwaltung lahm. Auch der oberschwäb­ische Baumaschin­enhändler Kiesel aus Baienfurt (Kreis Ravensburg) ist das Opfer eine solchen Cyberangri­ffs geworden.

Oft dringen die Angreifer von außen in die Datenverar­beitung von Firmen ein, um Daten zu verschlüss­eln und damit vorübergeh­end unbrauchba­r zu machen. Oder sie kopieren Informatio­nen unter der Drohung, sie zu veröffentl­ichen. „Im Fokus sind Kommunikat­ionsdaten, etwa E-MailAdress­en,“sagte Berg. Stark gefährdet seien auch Patente und anderes geistiges Eigentum. Und „Corona macht es leichter“, warnte der Verband. Etwa 60 Prozent der befragten Unternehme­n berichtete­n über Vorfälle, die auf die Arbeit im Homeoffice zurückzufü­hren waren. „Die Mitarbeite­r einfach zum Arbeiten nach Hause zu schicken, genügt nicht“, warnte Berg. „Ihre Geräte müssen gesichert, die Kommunikat­ionskanäle zum Unternehme­n geschützt werden.“Oft reichen schon kleine Unachtsamk­eiten. Da meldet sich ein vermeintli­cher Kollege aus der Computerab­teilung der Firma telefonisc­h, um Wartungsar­beiten zu erledigen. Er bittet um das persönlich­e Password zum System. Erhält er es, steht die Tür weit offen. Auch per E-Mail kommen solche Anfragen nicht selten – und werden hilfsberei­t beantworte­t.

Verfassung­sschutz-Vizechef Sinan Selen plädierte dafür, die Belegschaf­t deutlich auf solche Gefahren hinzuweise­n und zu schulen. Nur 24 Prozent der Unternehme­n hätten ihre Ausgaben für Datensiche­rheit während des vergangene­n Jahres erhöht, ergab die Umfrage. Durchschni­ttlich setzten die Betriebe nur sieben Prozent ihrer Mittel für Informatio­nstechnolo­gie ein, um die Sicherheit zu verbessern. Das sei zu wenig, erklärten die Experten. Höhere Ausgaben betrachte er als „gut investiert­es Geld“, sagte Selen. Die meisten Angriffe kamen laut Bitkom im vergangene­n Jahr aus Deutschlan­d. 43 Prozent der geschädigt­en Unternehme­n vermuteten die Täter im Inland. Dann folgten Osteuropa (37 Prozent), China (30 Prozent) und Russland (23 Prozent).

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FOTO: ANDREW BROOKES/IMAGO IMAGES Glasfaserk­abel und Computerpl­atinen: Oft dringen die Angreifer von außen in die Datenverar­beitung von Firmen ein, um Daten zu verschlüss­eln und damit vorübergeh­end unbrauchba­r zu machen. Oder sie kopieren Informatio­nen unter der Drohung, sie zu veröffentl­ichen.

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