Märchen, Pferde, Abenteuer – Kinderherz, was willst du mehr?
Auf der Schwäbischen Alb gibt es für Mädchen und Jungen jede Menge zu entdecken
Was machen die Preußen auf der Schwäbischen Alb? Das ist eine verflixt komplizierte Geschichte um die Hohenzollern und die Hechinger Preußen. Albert Maute lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und schaut zufrieden auf die grünen Koppeln und dunklen Wälder ringsum. Wir sind „auf der Küche“, wie sich der Weiler bei Burladingen nennt. „Die Preußen waren hier zur Hirschjagd“, erzählt Maute, und sie bauten im 18. Jahrhundert ein Jagdhaus samt „Kuchel“und Pferdestall.
Die alten Gebäude stehen nicht mehr, aber der Name „Küche“blieb, zwischendurch von einem der Bewohner zu „Hofgut Küche“veredelt. Es ist ein kleiner Weiler mitten im Nirgendwo, Grün ringsum, Pferde auf den Koppeln und sogar ein paar Alpakas. Die Wirtschaftsprüferin Birgit Maute hat es nach turbulenten Münchner Jahren hierher verschlagen – der Liebe wegen. Ihr Mann Albert hatte das Haus von einem alten Berliner Ehepaar übernommen. Gemeinsam bauten die beiden ihren Wohnsitz Stück für Stück um.
Seit ein paar Jahren können auch Gäste im „Älbler Nest“die Abgeschiedenheit und Ruhe genießen. Sie kamen aus aller Welt, aus Mexiko und den Niederlanden, aus Frankreich und Australien, derzeit natürlich vor allem aus Deutschland. Während Albert Maute sich inzwischen vorwiegend der Pferdezucht widmet, freut sich Birgit Maute darüber, dass „die Welt zu mir auf die Alb kommt“. Unsere Enkelin Leana kann sich gar nicht sattsehen an den anmutigen dunkelbraunen Pferden. Zaghaft streichelt sie einer Stute im Stall die Nüstern. Wir scheinen in einer Art Pferdehimmel angekommen zu sein. Die Sträßchen oder Schotterwege führen durch Koppeln, auf denen jetzt im Sommer Stuten mit ihren Fohlen grasen.
In der Gegend entstanden einst mächtig viele Burgen. Auch die Hohenzollern bauten hier ihre Burg, Stammsitz der preußisch-brandenburgischen wie der fürstlich-katholischen Linie. Ein wahrlich imposantes Bauwerk, das hoch über Hechingen thront.
Die Burgendichte auf der Alb ist enorm. Alle können wir nicht anschauen. So entscheiden wir uns für Schloss Lichtenstein, das „Märchenschloss“, das bei der Verfilmung von Dornröschen als Kulisse diente. Romantisch ist das Schloss mit dem hohen weißen Turm auf jeden Fall. Schließlich hat sich Bauherr Graf Wilhelm von Württemberg von Wilhelm Hauffs Roman „Lichtenstein“inspirieren lassen, der von der Liebe zwischen dem Junker Georg von Sturmfeder und der Jungfer Marie von Lichtenstein erzählt. Das Schloss mit dem auffälligen weißen Turm thront auf einem Felssporn mit großartigem Blick ins Tal. Leana hat ihre Kamera vergessen, und so muss die Oma die romantische Burg auf Fotos festhalten. Auch den Dichterkopf und die Ruine der alten Burg, die wir kletternd erobern. Wir brauchen keinen Klettergarten, das alte Gemäuer ist viel abenteuerlicher. Aber eine Erfrischung in der Klosterschenke muss schon sein.
Birgit Maute hatte ihren Gästen am Morgen so manchen Ausflugstipp mit auf den Weg gegeben. Zumindest
die Bärenhöhle wollen wir noch sehen. Und die lohnt sich! Leana kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus angesichts der glänzenden Stalagmiten und Stalagtiten. Zwerge und Feen entdeckt sie, Schlösser und Wolkenkratzer. Es ist eine wahre Wunderwelt. Dabei wurde diese Höhle durch puren Zufall entdeckt: Einem Lehrer aus Erpfingen fiel 1834 bei der Kräutersuche die Tabakdose in einen Felsspalt, hinter dem er eine größere Höhle vermutete. Auf der Suche nach der Dose drang er am nächsten Tag mithilfe von Freunden in diese Höhle ein.
Was sie fanden, waren Menschenskelette und Tierknochen – auch von Höhlenbären. Nur die Tabakdose blieb unauffindbar.
Die heutigen Besucher können sich am Eingang in die Geschichte der Höhle einlesen, die wohl vor 8000 Jahren die Heimat von Höhlenmenschen war – und von Bären. Ziemlich furchterregend wirkt das Skelett eines solchen Bären mitten in einem Stalagmiten-Tal. Stehend und mit ausgestreckten Tatzen konnten männliche Tiere, die bis zu eineinhalb Tonnen wogen, imposante dreieinhalb Meter hoch aufragen. Wir sind fast allein in dieser grandiosen Ur- und Unterwelt. Auf 271 Metern ist die Bärenhöhle begehbar. Normalerweise nur mit Führung. Doch der Andrang hält sich in Grenzen, und so dürfen wir diese Zeitreise auf eigene Faust machen.
War es in der Höhle fast menschenleer, steppt im nahen „Traumland“der Bär. Abstand halten würde hier schwer fallen. Doch wozu in künstliche Welten eintauchen, wenn es hier in der freien Natur so viel zu sehen gibt? Eine Rotte Wildschweine zum Beispiel mit gestreiften Frischlingen im Wildgehege beim Waldhaus, Hängebauchschweine und Zicklein, Pferde, Ponys und Hasen rund um die Fohlenweide. Und natürlich die Pferde auf der Küche ...
Leana kommt mit einer Sammlung von Tierfotos nach Hause. „Schade, dass wir nicht länger bleiben können“, sagt sie am Abend vor der Abfahrt und streichelt die schwarze Katze, die schmusend um ihre Beine streicht.