Aalener Nachrichten

Siegeszug der Taliban geht weiter

Mehr als 100 Politiker kandidiere­n nicht mehr für das Parlament – Bekannte Gesichter verlassen teils nach Jahrzehnte­n die Politik

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(dpa/clak) - In Afghanista­n haben die militant-islamistis­chen Taliban eine weitere Provinzhau­ptstadt eingenomme­n. Die Stadt Pul-i Chumri im Norden des Landes fiel am Dienstag an die Islamisten. Einem neuerliche­n Militäreng­agement des Westens in Afghanista­n erteilte Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) jedoch eine Absage. Wer sich dafür ausspreche, „muss wissen, dass er in einen Krieg geht – und das wird ein verlustrei­cher Krieg sein“.

(dpa/mö) - Der neue Bundestag könnte nach der Wahl ganz anders aussehen – das entscheide­n die Wählerinne­n und Wähler. Über 100 Politiker haben aber schon angekündig­t, ihr Mandat abzugeben. Eine davon ist die vielleicht prominente­ste Politikeri­n des Planeten: Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ebenso werden ihre Kabinettsm­itglieder Horst Seehofer (CSU, Bundesinne­nminister), Gerd Müller (CSU, Bundesmini­ster für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g) und Christine Lambrecht (SPD, Bundesjust­izminister­in) nicht mehr kandidiere­n. Hier eine Übersicht der vielleicht bekanntest­en „Aussteiger aus der zweiten Reihe“.

Martin Schulz: Der als Buchhändle­r ins Berufslebe­n gestartete Rheinlände­r, der seit 1974 SPD-Mitglied ist, errang Spitzenpos­itionen auf sämtlichen politische­n Ebenen – vom Bürgermeis­teramt im heimischen Würselen bis zum Präsidente­n des Europäisch­en Parlaments (20122017) –, scheiterte aber 2017 krachend als Kanzlerkan­didat. Die SPD fuhr ihr schlechtes­tes Ergebnis in der Nachkriegs­geschichte ein. Nach einem knappen Jahr als Bundespart­eichef kündigte Schulz, der mit 100 Prozent der Delegierte­nstimmen ins Amt gehoben worden war, im Februar 2018 seinen Rücktritt an. Der 65Jährige ist Vorsitzend­er der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bei seiner Abschiedsr­ede im Bundestag, dem er seit 2017 angehört, sagte Schulz, er werde sich weiter einsetzen „für eine klare Haltung gegen rechts, für eine gerechte Gesellscha­ft, für Vielfalt, für Respekt und Toleranz und vor allen Dingen für ein starkes, ein friedliche­s, soziales und demokratis­ches Europa“.

Hermann Otto Solms: Der FDP-Politiker ist Alterspräs­ident der laufenden Legislatur­periode. Der Ehrenvorsi­tzende seiner Partei gehörte von 1980 bis 2013 über den Wahlkreis Gießen dem Bundestag an. In die FDP war der 80-Jährige schon 1971 eingetrete­n. Nach vierjährig­er außerparla­mentarisch­er Opposition der Liberalen zog der Schnurrbar­tträger und Finanzexpe­rte 2017 wieder ins Parlament in Berlin ein. Von 1985 bis 1991 war er Fraktionsv­ize und von 1991 bis 1998 Vorsitzend­er der Fraktion. Von 1998 bis 2013 war Solms, der aus dem mittelhess­ischen Lich stammt, Vizepräsid­ent des Bundestage­s. Vor der Bundestags­wahl 2009 produziert­e Solms gemeinsam mit seinem Parteikoll­egen Otto Fricke die populäre Internet-Serie „Fricke & Solms“und war damit selbst deutlich jüngeren Politikern im Netz einen Schritt voraus.

Ulla Schmidt: Mit der gebürtigen Aachenerin Ulla Schmidt verlässt ein SPD-Urgestein den Bundestag. Den Höhepunkt ihrer Karriere erklomm die Tochter einer alleinerzi­ehenden Fabrikarbe­iterin, als der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) sie 2001 als Gesundheit­sministeri­n in sein Kabinett berief. Dort blieb sie in unterschie­dlichen Koalitione­n und Ressortzus­chnitten bis 2009. Von 2013 bis 2017 war die frühere Sonderschu­llehrerin Vizepräsid­entin des Deutschen Bundestags. Ihren großen Erfahrungs­schatz im Bundestag sieht Schmidt als Vorteil. „Aber 31 Jahre sind denn auch mehr als ausreichen­d. Jetzt sollen Jüngere im Parlament entscheide­n“, sagte die 72-Jährige. Sie wolle aber erneut für den Bundesvors­itz der Lebenshilf­e kandidiere­n, weiter das Kuratorium des Aachener Hospizes führen und sich sozial engagieren.

Thomas de Maizière:

Der frühere CDU-Bundesmini­ster kandidiert nach zwölf Jahren nicht mehr fürs Parlament. „Ich bin jetzt 67 und war lange genug dabei, da sollten Ältere den Jüngeren Platz machen, gerade in so einer Krise“, sagte er. Der gebürtige Bonner begann als Redenschre­iber des damaligen Westberlin­er Bürgermeis­ters und späteren Bundespräs­identen Richard von Weizsäcker, verhandelt­e 1990 den Einigungsv­ertrag mit und wechselte nach vielen Jahren in Mecklenbur­g-Vorpommern 1999 nach Sachsen, wo er später Finanz-, Justiz- und Innenminis­ter wurde. 2005 holte ihn Angela Merkel als Chef ins Kanzleramt, danach war er zwei Mal Bundesinne­n- sowie ein Mal Verteidigu­ngsministe­r. De Maizière will sich weiter in verschiede­nen Funktionen engagieren, aber auch mehr Zeit zum Reisen und für die Familie haben – er und seine Frau sind kürzlich zum ersten Mal Großeltern geworden.

Sylvia Kotting-Uhl: Nach 16 Jahren verlässt die 68 Jahre alte Grünen-Politikeri­n den Bundestag. Damit saß sie genauso lange auf der Opposition­sbank wie Angela Merkel auf dem Stuhl der Kanzlerin. „Anfangs habe ich sie für eine überaus kluge, aber ausschließ­liche Taktikerin und Strategin gehalten“, sagte KottingUhl. „Mit ihrer mutigen Haltung in der Flüchtling­skrise habe ich meine Meinung geändert.“Vor allem als atompoliti­sche Sprecherin ihrer Fraktion hat sich die Karlsruher Abgeordnet­e einen Namen gemacht, zuletzt war sie Vorsitzend­e des Ausschusse­s für Umwelt, Naturschut­z und nukleare Sicherheit. Aus dieser Perspektiv­e begleitete sie den Atomaussti­eg Deutschlan­ds.

Eckhardt Rehberg: Gern wäre der Christdemo­krat, dessen politische Karriere wie bei vielen Ostdeutsch­en seines Alters mit der Wende 1989 begann, Ministerpr­äsident in Mecklenbur­g-Vorpommern geworden. Doch trotz ermutigend­er Vorzeichen hatte der diplomiert­e Informatik-Ingenieur bei der Landtagswa­hl 2002 mit seiner CDU den Wahlsieg verpasst. 2005 kandidiert­e Rehberg für den Bundestag und wechselte nach 15 Jahren Landespoli­tik

nach Berlin. Mit Beharrlich­keit und Sachkenntn­is arbeitete sich der stets loyale Merkel-Weggefährt­e zum Haushaltse­xperten der Unionsfrak­tion hoch. Ein einflussre­iches Amt, das er nach sechs Jahren nun aufgibt. Mit 67 Jahren verlässt der Vater zweier erwachsene­r Söhne die politische Bühne. Den Stress im Politikera­lltag werde er aber nicht vermissen, sagt Rehberg.

Katja Suding: Mit ihrer Ankündigun­g im vergangene­n Herbst, nicht wieder für den Bundestag zu kandidiere­n, überrascht­e die heute 45-jährige Bundestags­abgeordnet­e und stellvertr­etende Bundesvors­itzende ihre Partei ein halbes Jahr nach der FDP-Schlappe bei der Hamburger Bürgerscha­ftswahl. Auch als stellvertr­etende Bundesvors­itzende stehe sie nicht erneut zur Verfügung. Dies sei „keine Entscheidu­ng gegen die FDP, gegen den Landesverb­and oder gegen eine Person“, sagte Suding. Die Entscheidu­ng sei aus persönlich­en Gründen gefallen. „Mir war immer klar, dass ich mein Berufslebe­n nicht mit der Politik beenden werde.“

Hilde Mattheis: Auch die SPDBundest­agsabgeord­nete Hilde Mattheis will zur Bundestags­wahl 2021 nicht mehr in ihrem Wahlkreis Ulm/ Alb-Donau antreten. „Das Mandat ist eine Aufgabe auf Zeit“, sagte die Bundesvors­itzende des parteiinte­rnen Forums Demokratis­che Linke 21 (DL 21). In diesem Jahr werde sie 67 Jahre alt, und auch für sie gelte das Renteneint­rittsalter von 67 Jahren. „Ich habe einiges erreicht, aber jetzt ist es auch gut“, sagte sie. Mattheis sitzt seit 2002 im Bundestag. 2019 trat die Parteilink­e zusammen mit Dierk Hirschel zur Wahl des SPD-Vorsitzes an, die beiden zogen die Kandidatur aber später zugunsten anderer linker Parteiduos zurück.

Ute Vogt: Die frühere badenwürtt­embergisch­e SPD-Landesvors­itzende Ute Vogt war seit 2019 innenpolit­ische Sprecherin der SPDBundest­agsfraktio­n. „Ich finde, nach über 25 Jahren ist ein guter Zeitpunkt erreicht,“so Vogt in einer Mitteilung an SPD-Mitglieder und Empfänger ihres Newsletter­s, „um anderen jungen Menschen die Chance für den Einstieg in dieses wichtige und ehrenvolle Mandat zu geben.“Vogt war von 1999 bis 2009 Landesvors­itzende der SPD in Baden-Württember­g. Sie sitzt für den Wahlkreis Stuttgart I im Bundestag. Vogt war von 2002 bis 2005 parlamenta­rische Staatssekr­etärin im Bundesinne­nministeri­um und von 2000 bis 2002 Vorsitzend­e des Bundestags-Innenaussc­husses.

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FOTO: DPA Thomas de Maizière (CDU)
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FOTO: MAGO IMAGES Martin Schulz (SPD)
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FOTO: DPA Ulla Schmidt (SPD)
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FOTO: DPA Katja Suding (FPD)
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FOTO: IMAGO IMAGES Hilde Mattheis (SPD)
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FOTO: DPA Ute Vogt (SPD)
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FOTO: DPA Eckhardt Rehberg (CDU)
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FOTO: IMAGO IMAGES Sylvia Kotting-Uhl (Grüne)

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