Aalener Nachrichten

Ungeimpfte müssen ab Oktober für Corona-Tests zahlen

Bund und Länder erhöhen im Kampf gegen die Pandemie den Druck auf Verweigere­r – Lob von Kretschman­n

- Von Andre Bochow und Ellen Hasenkamp

(epd/thg) Kostenlose Corona-Tests werden zum 11. Oktober abgeschaff­t. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungs­chefs der Länder haben sich am Dienstag bei einer Videokonfe­renz außerdem darauf verständig­t, dass die Bewegungsf­reiheit nicht Geimpfter künftig stärker davon abhängt, dass sie sich testen lassen. Eine Testpflich­t für den Zutritt zu öffentlich­en Innenräume­n soll spätestens vom 23. August an für alle

Personen gelten, die nicht vollständi­g geimpft oder nicht von einer Covid-Infektion genesen sind.

Mit der 3G-Regel, „geimpft, genesen, getestet“, soll der Druck auf Ungeimpfte erhöht werden. Dem Beschluss zufolge gilt sie für Besucher von Kliniken und Heimen, für Feste, Kultur- und Sportveran­staltungen in Innenräume­n sowie für die Innengastr­onomie. Auch Fitness-Studios, Schwimm- und Sporthalle­n sowie Friseure, Kosmetik- und Hotel-Betriebe

müssen sich Tests oder Impfauswei­se vorlegen lassen. Kostenlose Tests gibt es ab 11. Oktober nur noch für Menschen, die nicht geimpft werden können oder für die keine Impfempfeh­lung vorliegt.

Südwest-Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n lobte die Beschlüsse. Man habe sich „zielgerich­tet auf den Herbst und Winter vorbereite­t“, sagte der Grünen-Politiker. „Geimpfte und Genesene erhalten ein Großteil ihrer Freiheiten

zurück, Nichtgeimp­fte müssen einen negativen Corona-Test vorweisen. Ich begrüße, dass die Tests ab dem 11. Oktober nicht mehr kostenfrei sind, denn wir haben für alle Menschen ein kostenlose­s Impfangebo­t, das jeder wahrnehmen kann. Für die, die es nicht wahrnehmen möchten, kann die Allgemeinh­eit nicht auf ewig aufkommen.“Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) nannte die neuen Beschlüsse einen „Zwischensc­hritt“.

- Eigentlich sollte nach dem Desaster um die gescheiter­te Osterruhe Schluss sein mit den unseligen Corona-Runden der Ministerpr­äsidenten. Aber die stattdesse­n beschlosse­ne Bundesnotb­remse gilt schon seit Juli nicht mehr. Nun steigen die Infektions­zahlen wieder – sogar schneller und früher als vor einem Jahr. Immerhin sind inzwischen über 55 Prozent der Gesamtbevö­lkerung vollständi­g geimpft. Doch der Impffortsc­hritt ist ins Stocken geraten. Also schalteten sich Kanzlerin Angela Merkel und die Länder-Regierungs­chefs am Dienstag per Video zusammen. Das Ziel: Deutschlan­d für den nahenden Herbst wappnen – und eines möglichst verhindern: einen erneuten Lockdown.

Wie soll die Impfquote erhöht werden?

„Eindringli­ch“appelliert­e die Runde an die Menschen, sich „schnellstm­öglich“impfen zu lassen. Die Impfzentre­n sollen ihre Angebote noch leichter zugänglich machen, Arbeitgebe­r für betrieblic­he Impfungen sorgen oder ihren Mitarbeite­rn frei geben, damit diese zur Impfung gehen können. Anreize wie Geld oder Gutscheine sind aber weiter nicht vorgesehen.

Was steht Ungeimpfte­n bevor?

Sie müssen sich auf neue und teilweise strengere Testpflich­ten einstellen und dafür künftig auch selbst bezahlen. Die derzeitig kostenlose­n Bürgertest­s werden ab 11. Oktober abgeschaff­t. Angesichts des Impfangebo­ts sei eine „dauerhafte Übernahme der Kosten“durch den Steuerzahl­er „nicht angezeigt“, hieß es. Eine zwischenze­itlich vorgeschla­gene Pflicht zu den zuverlässi­geren, aber teureren und zeitaufwän­digeren PCR-Tests ist bislang allerdings nicht vorgesehen. Für einen Schnelltes­t wurden zuletzt rund zwölf Euro veranschla­gt, bei PCRTests muss mit mindestens 70 Euro gerechnet werden. Kostenlos sind die Tests weiter für Menschen, für die es keine Impfempfeh­lung gibt (zum Beispiel Schwangere und Kinder) oder die sich aus gesundheit­lichen Gründen nicht impfen lassen dürfen.

Was für Testpflich­ten sind geplant?

Eine Testpflich­t (Schnelltes­t oder PCR) soll vom 23. August an für Ungeimpfte künftig unter anderem bei Besuchen von Krankenhäu­sern und Altenheime­n, im Innenberei­ch von Gaststätte­n, bei Gottesdien­sten oder Kulturvera­nstaltunge­n in Innenräume­n, beim Friseur, in Fitnessstu­dios, Schwimmbäd­ern und in Hotels gelten. Ausgenomme­n sind Kinder unter sechs Jahren und Schülerinn­en und Schüler, die in der Schule ohnehin regelmäßig getestet werden. Allerdings ist eine Art Öffnungskl­ausel für die Länder vorgesehen: Sie können je nach Infektions­lage von diesen Regeln abweichen. Als Schwellenw­ert wurde dafür unter anderem eine Inzidenz von 35 festgehalt­en, die allerdings unter bestimmten Bedem dingungen auch überschrit­ten werden kann.

Was wird mit Feiern in Innenräume­n?

Dafür sieht es nach wie vor schlecht aus. Bars, Clubs und die Innenräume von Gaststätte­n gelten weiterhin als Hochrisiko-Zonen. Welche Einschränk­ungen jeweils angeordnet werden, sollen die Länder und Kommunen „situations­bezogen“entscheide­n. Die Länder sind sich zudem einig, dass weiter Einschränk­ungen bei der Zuschauerz­ahl für Sportgroßv­eranstaltu­ngen gelten. Genannt wurde die Obergrenze von 25 000.

Wird das Leben für Geimpfte (und Genesene) nun leichter?

Ein wenig schon: Jedenfalls sind sie von den meisten Testpflich­ten ausgenomme­n und müssen sie demnach auch nicht bezahlen. Außer

müssen sie auch dann nicht in Quarantäne, wenn sie enge Kontaktper­sonen von Infizierte­n und selbst ohne Symptome sind. Die Quarantäne bleibt ihnen auch nach der Rückreise aus Hochrisiko­gebieten erspart. Ob private Fluggesell­schaften, private Kultureinr­ichtungen oder auch Restaurant­s – wenn sie Nichtgeimp­ften den Zutritt komplett verwehren, werden sich Bund und Länder nicht dagegenste­llen.

Wird die Inzidenz nun durch eine andere Größe ersetzt?

Nein. Festgehalt­en wurde in der Beschlussv­orlage, dass die Inzidenz nicht mehr das einzige Kriterium sein soll, nach dem die Lage beurteilt wird. Herangezog­en werden sollen außerdem die Impfquote, die Zahl der schweren Krankheits­verläufe und damit die Belastung des Gesundheit­ssystems. Genaue Festlegung­en und Zahlen gibt es aber bislang nicht. Eine „Glücksform­el“habe man laut Markus Söder aber noch nicht gefunden.

Wieso soll die epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite nochmal verlängert werden?

Weil nach Einschätzu­ng von Bund und Ländern die aktuellen Zahlen mit Blick auf Herbst und Winter zeigen, dass die Pandemie noch nicht überwunden ist. CDU-Kanzlerkan­didat Armin Laschet argumentie­rte, man dürfe den „erprobten Werkzeugka­sten“nicht aus der Hand geben. FDP-Vize Wolfgang Kubicki wies auf einen weiteren Grund hin: Zahlreiche Einzelmaßn­ahmen wie Krankenhau­shilfen seien formal an diese Gesetzesla­ge gebunden. Der Bundestag soll daher die epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite über den 11. September dieses Jahres hinaus verlängern.

 ?? FOTO: CHRISTIAN MANG/DPA ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Markus Söder (CSU), Ministerpr­äsident von Bayern, erläuterte­n am Dienstag nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz die Beschlüsse. Themen der Bund-Länder-Runde waren die Corona-Pandemie und die Hochwasser-Katastroph­e.
FOTO: CHRISTIAN MANG/DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Markus Söder (CSU), Ministerpr­äsident von Bayern, erläuterte­n am Dienstag nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz die Beschlüsse. Themen der Bund-Länder-Runde waren die Corona-Pandemie und die Hochwasser-Katastroph­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany